"Wurden dazu gezwungen" Putin hält Stadion-Rede offenbar vor halb leeren Rängen
Es sollte eine große Propagandashow werden: Doch noch bevor Putin das Wort ergreift, leeren sich die Ränge im Stadion teilweise. Das berichtet ein russisches Portal.
Kremlchef Wladimir Putin ist am Mittwoch bei einer groß inszenierten Propagandashow aufgetreten. Im Moskauer Luschniki-Stadion waren Zehntausende Menschen zu einer Musikshow unter dem Motto "Ruhm den Verteidigern des Vaterlandes" gekommen.
Die Veranstalter sprachen von 200.000 Menschen, das Stadion selbst fasst allerdings lediglich 81.000 Menschen. Nach etwa zwei Stunden, mit Auftritten verschiedener Propagandakünstler, trat Kremlchef Putin auf die Bühne.
Fünf Minuten lang wiederholte er sein inzwischen gängiges Propagandanarrativ, wonach das russische Volk "das Teuerste" verteidige, was Russland habe, die Familie und die Heimat. Er rief "Hurra", dankte einigen Militärs und verschwand.
Zweifel an der offiziellen Darstellung
Doch nun kommen Zweifel an den offiziellen Zuschauerzahlen auf: Das unabhängige russische Portal "Wir können es erklären" berichtet auf Telegram von halb leeren Stadionrängen und Zuschauern, die noch vor Putins Rede das Gelände verließen. Manche seien gegangen, weil ihnen kalt war und das Stadion unbeheizt, andere sagten, sie seien nur wegen des Essens und Geld gekommen.
So habe es vorher Gerüchte über angeblich kostenlose Mahlzeiten gegeben, berichtet der Korrespondent von "Wir können es erklären". Anderen sei einen Lohnzuschuss versprochen worden. Wiederum andere berichteten, dass sie nicht freiwillig ins Stadion kamen: "Wir wurden gezwungen", zitiert das Portal einen Mitarbeiter des Bezirksrats der Stadt Nischni Nowgorod. Obwohl Ordner dafür gesorgt haben sollen, dass niemand das Stadion verlässt, konnten sie nicht alle Zuschauer daran hindern, so das Portal.
Pussy Riot stürmte bei Weltmeisterschaft den Platz
In seiner Rede blieb sich Kremlchef Putin treu: Wie schon in vorherigen Ansprachen drehte der Kremlchef regelmäßig Täter und Opfer im Ukraine-Krieg um und betonte, Russland verteidige sich angeblich gegen Bedrohungen von außen. Tatsächlich war Russland am 24. Februar 2022 erneut gewaltsam in die Ukraine einmarschiert und hat einen mittlerweile ein Jahr dauernden Krieg in dem Land losgetreten. Schon 2014 hatte Russland Gebiete in der Ostukraine militärisch besetzt und die Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert.
Bereits vor gut einem Jahr, am 18. März 2022, hatte sich Putin im Luschniki-Stadion feiern lassen. Damals war der Anlass der achte Jahrestag seit der Krim-"Eingliederung" – so wird in Russland die völkerrechtswidrige Annexion der Krim im Jahr 2014 genannt.
Das Luschniki-Stadion erlangte auch außerhalb Russland Bekanntheit bei der Fußballweltmeisterschaft 2018. Damals rannten Mitglieder der Putin-kritischen Performancegruppe Pussy Riot in Polizeiuniformen über das Spielfeld.
- Rede von Wladimir Putin im Luschniki-Stadion am 22. Februar 2023
- t.me: Beitrag von @mozobbot