Schädlich für Ihr Gemüse Plastik im Kompost aus dem Baumarkt
Ob Altpapier, Glas, Verpackungsmaterial oder Gartenabfälle – das System der Mülltrennung hat sich in Deutschland durchgesetzt. Doch vor dem Wegwerfen steht die Frage: Was kommt wo rein? Aus Bequemlichkeit landen viele Abfälle in der falschen Tonne. Und das wirkt sich sogar auf unser Gemüse aus.
Komposterde aus dem Baumarkt stammt häufig aus Kompostieranlagen. Sie sollte eigentlich nur aus Lebensmittelabfällen und Pflanzenresten bestehen. Forscher der Universität Bayreuth fanden jedoch Plastikteilchen und Mikroplastik im kommerziellen Kompost. War das ein Zufall? Und welche Auswirkungen hätte Plastik in der Erde auf das Gemüse aus unserem Garten?
Warum ist Plastik im Kompost?
Bei Komposterde, die aus Haushaltsabfällen hergestellt wurde, fand das Forscherteam um Bioprozesstechnikerin Prof. Dr. Ruth Freitag und Tierökologe Prof. Dr. Christian Laforsch Kunststoffpartikel. "Die meisten dieser Teilchen bestehen aus Polystyrol oder aus Polyethylen", erklären die Forscher. Diese Materialien stammen häufig von Lebensmittelverpackungen, Beuteln und Tüten für Konsumartikel. Durch sogenannte Fehlwürfe (siehe Infokasten) geraten die Kunststoffe in die Biotonne und folglich im Dünger. Zwar können größere Teile nach dem Vergären in der Biogasanlage ausgesiebt werden, kleinere Kunststoffpartikel werden hierdurch aber nicht entfernt. Sie sind dann im Dünger enthalten.
Fehlwürfe verunreinigen Kompost
Landet die Verpackung mit leicht verschimmeltem Quark oder Gartenabfall mitsamt Plastiksack in der Biotonne, spricht die Branche von einem "regulären Fehlwurf". Im vergangenen Jahr lag die Quote sogenannter Fehlwürfe allein beim Verpackungsmüll nach Schätzung von Branchenexperten zwischen 30 und 40 Prozent. Die Quote hat sich seit 2017 somit deutlich verbessert – vorher gab es bis zu 60 Prozent Fehlwürfe. Darauf weist der Bundesverband Sekundärrohstoffe (BVSE) hin.
Warum sind die Kunststoffpartikel in der Komposterde schädlich?
Untersuchungen der Freien Universität Berlin ergaben, dass Regenwürmer und Gliederfüßler kleinste Kunststoffpartikel weiter in der Erde verteilen. Zudem zeigen andere Beobachtungen, dass sie nicht mehr ausreichend wachsen oder verfrüht sterben.
Doch nicht nur auf Würmer und Mikroarthropoden haben die Kunststoffrückstände in der Erde Einfluss. Auch Pflanzen, und vor allem Gemüse, könnten unter Umständen die schädlichen Partikel über ihre Wurzeln auf. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Mikroplastik weiter zu Nanoplastik verfallen würde und klein genug wäre, um in den pflanzlichen Organismus zu gelangen. "Damit würde Plastik nicht nur über Fisch und Meeresfrüchte in unsere Nahrungskette gelangen, sondern auch durch Agrarprodukte," sagt Prof. Dr. Matthias C. Rillig vom Institut für Biologie und Pflanzenökologie an der Freien Universität Berlin. Dabei spiele es laut Rillig keine Rolle, ob die Produkte "bio" sind, oder nicht. "Als feiner Staub könnte Nanoplastik auch eingeatmet werden – wie Asbest oder Blütenpollen." Allerdings konnte Nanoplastik bisher noch nicht im Boden nachgewiesen werden – es gibt noch keine entsprechende Methode dafür.
Gibt es plastikfreie Komposterde?
Verbraucher, die keinen eigenen Kompost haben, aber bei der Gartenarbeit nicht auf diesen verzichten möchten, sollten auf Produkte zurückgreifen, die aus Anlagen stammen, "die sich bei der Erzeugung von Biogas allein auf nachwachsende Rohstoffe stützen", raten die Forscher der Universität Bayreuth. Hier konnten sie keine oder nur sehr wenige Kunststoffpartikel in den Resten nach der Gärung erkennen. Auch Produkte aus Anlagen, die Gas aus der in landwirtschaftlichen Betrieben anfallenden Gülle gewinnen, enthalten nur wenige oder keine Kunststoffpartikel.
Können Sie plastikfreie Komposterde erkennen?
Tim Hermann, zuständig für "Abfalltechnik, Abfalltechniktransfer" beim Umweltbundesamt, erklärt, dass es Grenzwerte für Plastik in Blumenerde und Düngstoffen gibt, die eingehalten werden müssen. Sie sind in der Düngemittelverordnung geregelt. Die Höhe der tolerierten Verunreinigung durch Plastik wird als Flächenwert angegeben. Demnach darf bei Dünger und Blumenerde die Grenzwerte 0,1 Gewichtsprozent verformbare Kunststoffe (Folien) und 0,4 Gewichtsprozent für alle sonstigen Fremdstoffe (Hartkunststoff, Metall Glas etc.) nicht überschritten werden.
"Darüber hinaus gibt es auch freiwillige Gütesiegel, die dem Verbraucher zeigen, dass die Kompostieranlagen besonderen Wert auf einen sauberen und qualitativen Dünger beziehungsweise Blumenerde legen." Ein Beispiel ist das RAL Gütezeichen. Dünger mit diesem Siegel besteht laut der Bundesgütegemeinschaft Kompost aus "Pflanzennährstoffen, beispielsweise Holzaschen und Ausgangsstoffe für die Herstellung von Dünge- und Bodenverbesserungsmitteln." Für Kompost, der mit dem RAL-Gütesiegel versehen wird, gelten strengere Grenzwerte. Ausgezeichnete Kompostanlagen dürfen dabei für die Flächensumme den Grenzwerte von 25 Quadratzentimetern pro Liter nicht überschreiten. Der Grenzwert wird demnächst auf 15 Quadratzentimeter pro Liter verschärft, so Hermann im Gespräch mit t-online.de.
Mikroplastik, das durch die Zerkleinerung von Tüten oder Verpackungen im Bioabfall entsteht, ist trotz der strengen Regelungen und Verordnungen allerdings noch immer ein schwieriges Thema, so Hermann. "Es gibt derzeitig noch keine ausreichenden Möglichkeiten, um derartige Fremdstoffe in Dünger für die Landwirtschaft rechtzeitig zu erkennen und sie herauszufiltern. Bei Düngemitteln für die Landwirtschaft besteht Nachbesserungsbedarf, kleine Fremdstoffpartikel abzutrennen oder auch nur analytisch zu erfassen." Es sei notwendig, so Hermann, den Anteil an Fremdstoffen möglichst bereits bei der Sammlung, spätestens jedoch vor dem Kompostierungs- oder Vergärungsprozess zu reduzieren, damit Mikroplatikpartikel gar nicht erst entstehen.
Für Privathaushalte sieht es laut Umweltbundesamt besser aus. "Für Blumenerde kann ich Entwarnung geben, da diese in der Regel nur Grünabfallkomposte enthalten, in denen naturgemäß kaum Verunreinigungen vorhanden sind", sagt Hermann.
Wo kann unbedenkliche Komposterde gekauft werden?
Es gibt die Möglichkeit, Komposterde direkt von den entsprechenden Anlagen zu erwerben. Fragen Sie am besten bei Ihrer Gemeinde oder Ihrer Stadt an, welche Biogasanlage in Ihrer Umgebung ausschließlich nachwachsende Rohstoffe oder Gülle aus landwirtschaftlichen Betrieben verarbeitet. Einige der Anlagen bieten Verbrauchern an, Komposterde direkt vor Ort käuflich zu erwerben.
Wem das zu aufwendig ist, kann bei einem Biobauernhof in seiner Region nach Komposterde fragen. Bei ökologisch arbeitenden, landwirtschaftlichen Betriebe gehört die Kompostierung zum Arbeitsablauf. Die pflanzlichen oder tierischen Reststoffe fallen bei der Arbeit an, werden kompostiert und können dann als Nährstofflieferant für den Acker genutzt werden.
Können Sie die Komposterde verbessern?
Auch wenn eine negative Auswirkung von Mikro- oder Nanoplastik auf unsere Agrarprodukte noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen sind, sollte bereits jetzt gehandelt werden, um Schlimmeres zu verhindern.
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Sie können dazu beitragen, dass Komposterde weniger Mikroplastik enthält. Achten Sie darauf, nur Abfälle in der Biotonne zu entsorgen, die tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind. Auch Pflanzenabfälle aus dem Garten dürfen eingeschränkt in der Biotonne entsorgt werden.
- eigene Recherche
- Nachrichtenagentur dpa
- Umweltbundesamt
- Universität Bayreuth – Science Advances
- Freie Universität Berlin
- RAL Gütezeichen
- NDR
- Sortieranlagen- und Fehlwurfanalyse
- BUND Positionspapier
- Statistiken zur Abfallwirtschaft beim Statistischen Bundesamt