Fahren wie der Kaiser Wie viel Luxus in Toyotas Century steckt
Tokyo (dpa-infocom) - Wer die Fabrik in Higashi betritt, steht plötzlich in einer eigenen Welt: Während die Japaner sonst im hektischen Takt tausende Autos pro Tag produzieren, stellen die Meister ihres Faches hier wie in Zeitlupe ein neues Auto auf die Räder.
Allein für die Lackierung gönnen sie sich fünf Tage, und das Logo auf dem Kühlergrill wird binnen mehrerer Stunden von Hand ziseliert. Aber in Higashi bauen sie auch nicht irgendeinen Toyota. Sondern hier entsteht der Century, der seit mehr als 50 Jahren ihre Palette krönt: Als traditionelle Repräsentations- und Luxuslimousine für den Kaiser lässt er selbst die vornehmen Limousinen der luxuriösen Toyota-Schwester Lexus irgendwie gewöhnlich aussehen. Dabei ist der Century mit umgerechnet 160.000 Euro viel günstiger als entsprechende Konkurrenten von Mercedes, Bentley oder Rolls-Royce.
Zeitreise auf Häkeldecken
Auch wenn im letzten Herbst nach 20 Jahren eine neue Generation an den Start gegangen ist, wirkt der Luxusliner in den Straßen von Tokio so klassisch und traditionell wie eine Tee-Zeremonie in der Lobby eines Design-Hotels. Das liegt nicht nur am beinahe barocken Aussehen der ausnahmslos schwarz lackierten Luxuslimousine mit einem strengen Stufenschnitt und einem aufrechten, stolzen Grill. Sondern vor allem am Interieur, das mit weißen Häkeldeckchen, grauem Flockvelours und Bildschirmen klein wie zu Zeiten des ersten Gameboys ziemlich nostalgisch anmutet. Und was bitte könnte spießiger sein als ein eigener Schuhlöffel für die Hinterbänkler? Dagegen wirkt selbst der Hut auf der Ablage mancher Mercedes-Modelle noch progressiv. Und daran können auch der WLAN-Router nichts ändern oder die Touchscreens, die geschickt in der Mittelkonsole versteckt sind.
Weil in Limousinen vom Schlag des Century die Hauptperson immer hinten sitzt, haben die Japaner ihr Augenmerk vor allem auf den Fond gerichtet und bei 5,34 Metern Länge und 3,09 Metern Radstand reichlich Raum geschaffen. Spätestens wenn sich der Beifahrersitz auf Knopfdruck wie ein Origami-Kunstwerk fast ins Handschuhfach faltet und sich stattdessen ein Ottomane entblättert, macht einem auch der dickste Stau keinen Stress mehr und Wartezeit wird zum Wellness-Erlebnis.
In Zeitlupe durch die Hektik der Hauptstadt
Das fußt nicht zuletzt auf einem nahezu geisterhaften Fahrgefühl. Von der Luftfederung wie auf Wolken gebettet, von einem flüsterleisen Hybrid sanft aber mächtig bewegt und in einem stählernen Kokon von der hektischen Welt da draußen gut abgeschirmt, schwebt man wie im Stummfilm durch Tokio. So kann die typische Großstadthektik, die an den Fenstern vorbeizuziehen scheint, den Fahrzeuginsassen wenig anhaben.
Was für den Passagier pure Entspannung sein mag, ist für den Fahrer allerdings ein schwerer Job. Auch wenn der ausschließlich für das Flaggschiff gebaute Zwölfzylinder mit dem Generationswechsel eingestellt wurde, ist der fünf Liter große V8-Hybrid aus dem Lexus LS mit seinen 317 kW/431 PS zwar ein souveränes Triebwerk. Doch erweist sich der Luxusliner in den engen Häuserschluchten der Hauptstadt als wenig handlich, und auch auf den kurvigen Straßen im Umland kann er seine 2,4 Tonnen kaum verhehlen. Und wer tatsächlich mal überholen will, braucht Geduld, so träge entfaltet sich die Kraft und so gediegen schaltet die Automatik.
Stören wird das den Chauffeur allerdings kaum: Nicht in der Stadt, weil dort dem Century jeder Respekt zollt und den gebührenden Abstand hält. Und nicht draußen, weil man ohnehin nirgendwo schneller als 120 km/h fahren darf in Japan. Und wer es einmal in den Fond dieser Limousine geschafft hat, muss sich ohnehin von nichts und niemandem mehr hetzen lassen.
Fazit: Ein in jeder Hinsicht exklusives Vergnügen
Fürstliches Design, museales Ambiente, feinste Technik und allseits neugierige Passanten, die sich einen Blick auf den Kaiser oder eine bürgerliche Berühmtheit erhoffen - eine Fahrt im Toyota Century ist tatsächlich ein exklusives Erlebnis. Und eines, das sich so leicht nicht wiederholen lässt. Denn erstens ist die Produktion angesichts der langen Taktzeiten auf 50 Autos im Monat begrenzt. Und zweitens gibt es den Century ausschließlich in Japan.