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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Technik & Service Das Ohr fährt mit
Ein BMW muss wie ein typischer BMW klingen und ein Porsche eben wie Porsche. Damit das gewährleistet ist, basteln Sounddesigner am individuellen Motorensound. Denn Downsizing und immer effizientere Motoren verfälschen den ursprünglichen Motorenton. Daher geht der Trend zum Elektrobeat: Der Motorsound kommt immer öfter aus dem Rechner.
Was man in den 1960er-Jahren noch dem Zufall überlassen hat, wird heute schon längst designt. Und zwar in allen Fahrzeugklassen. Der Klang moderner Motoren muss komponiert werden – und sei es nur, indem störende Schallquellen beseitigt werden. Autofahren hat nun mal viel mit Emotionen zu tun. Deshalb fließen Schätzungen zufolge etwa zwei bis fünf Prozent des Entwicklungsbudgets eines Autos in den Klang. Schalter, Blinker, Türen – all das soll dem Fahrer ein bestimmtes Gefühl vermitteln, Solidität verströmen, oder Luxus und Hochwertigkeit signalisieren. Und der Motor soll mal kaum hörbar sein, etwa in einer Luxuslimousine, oder - wie in einem Sportwagen - Dynamik transportieren.
Leichtbau ist schlecht für den Klang
Insbesondere Letzteres wird für die Autohersteller jedoch zunehmend schwerer. Man kann das Dilemma auf die vereinfachte Formel bringen, dass Effizienz und Leichtbau schlecht für den Klang sind. Denn leichtere Motorkomponenten erzeugen mehr unerwünschten Schall als schwere. Daraus folgt wiederum, dass eine aufwendige Dämmung nötig wäre, die wiederum das Gewicht erhöht. Deshalb geht man bei BMW etwa den Weg, Bauteile wie das Kurbelgehäuse mit speziellen Verrippungen zu versehen, die dessen akustische Eigenschaften verbessern.
Noch problematischer ist das Downsizing. Denn wenn Achtzylinder-Motoren durch Sechszylinder mit Turboaufladung ersetzt werden und Sechszylinder durch Turbo-Vierzylinder, dann wird eben auch ganz charakteristischer Motorensound ersetzt durch ununterscheidbare Geräusche.
Motor-Sound auf Knopfdruck wählbar
Verschiedene Hersteller gehen mittlerweile schon den Weg, das Klangspektrum zu synthetisieren. Der Dreiliter-Biturbo-Diesel im Audi A6 etwa soll eben nicht klingen wie ein Diesel, sondern eher wie ein V8-Benziner. Deshalb sitzt in der Abgasanlage ein so genannter Aktor, der bestimmte Frequenzen erhöht und andere ausschaltet. Per Knopfdruck kann der Fahrer so je nach Lust zwischen verschiedenen Klangkulissen wählen.
Sounddesign setzt sich bei Herstellern durch
Auch BMW setzt in Teilen auf Aktives Sounddesign. Der neue BMW Z4 mit Vierzylinder-Turbo-Benziner etwa verfügt über ein elektrisches Zusatzsystem, das den Klang des Motors beleben soll. Auch im neuen BMW M5, der jetzt von einem V8-Bi-Turbo angetrieben wird und nicht wie bisher von einem V10-Saugmotor, kommt diese Technik zum Einsatz. Ebenso im großen 6er-Coupé mit Diesel-Motor.
Wohlklang dank Resonanzrohr
Dabei lässt sich der Klang eines Autos durchaus auch mechanisch noch sehr stark beeinflussen. Im Porsche Panamera Diesel zum Beispiel sorgen in erster Linie eine starke Dämmung des Motors und eine besonders konstruierte Abgasanlage dafür, dass er nicht klingt wie ein Diesel. Peugeot platziert im Sportwagen RCZ ein Resonanzrohr im Motorraum, das die Ansauggeräusche des 200-PS-Benziners in den Innenraum leitet und so für einen sportlich-kernigen Klang sorgt. Von außen bekommt man davon freilich nichts mit. Ähnlich macht es auch Mercedes im SLK mit einem Sound-Generator im Motorraum – allerdings nur in den Varianten mit Vierzylinder-Motoren. Der Sechszylinder im SLK 350 hat das nicht nötig.
Sound auch für Markenimage wichtig
Ein sportlich-kerniger Klang ist jedoch nur der eine Teil des aktiven Sounddesigns. Der andere ist das Markenimage. Ein BMW soll klingen wie ein BMW und nicht wie ein Audi oder ein Mercedes. Jeder BMW-Fan wird bestätigen, dass die klassischen Reihensechszylinder aus München schon immer einen ganz speziellen Klang hatten. Doch was, wenn sich aus der Konstruktionsweise eines Motors gar kein charakteristischer Klang mehr ergibt? Beim Elektromotor ist beispielsweise der Fall.
Suche nach den virtuellen Motorsound von morgen
Hier hat die Herausforderung für die Entwickler gerade erst begonnen. Alles ist im Prinzip möglich, weil alles synthetisiert werden kann und kein Eigengeräusch eine Richtung vorgibt. Also forschen die Hersteller derzeit in ihren Schalllaboren nach dem Elektro-Sound von morgen. Einen halbwegs natürlichen Klang zu finden, der sich als markentypisch bezeichnen lässt, wird schwerfallen. Doch irgendetwas werden die Hersteller sich einfallen lassen müssen. Den Charme eines blubbernden V8, eines bellenden V10 oder eines knatternden Boxers, deren Sound sich einzig aus der Summe ihrer schwingenden Teile ergibt, werden diese Kompositionen aber wohl nie haben.