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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neuvorstellungen & Fahrberichte Auf Tuchfühlung mit den rasenden Geckos
Sie mögen keine Geckos? Dann haben Sie noch nie die unbändige Kraft eines Wiesmann gespürt. Wir besuchten die exklusive Sportwagenschmiede und fuhren das Topmodell mit 555 PS. Schauen Sie sich dieses flinke Reptil, den Wiesmann MF5 sowie weitere Wiesmann-Highlights in unserer Foto-Show an.
Wie sind die Brüder Martin und Friedhelm Wiesmann wohl auf diese Idee gekommen, ihrem Sportwagen Marke Eigenbau einen Gecko als Wappentier auf die Motorhaube zu setzen?
Wir wissen es nicht, aber auf jeden Fall war es eine selbstbewusste Entscheidung – wo andere Hersteller sich mit wilden Raubkatzen, springenden Pferden oder vor Kraft trotzenden Kampfstieren brüsten, nahmen sich die beiden Jungunternehmer aus dem Münsterland die kleinen aber flinken Kriechtiere als Vorbild für ihr ehrgeiziges Projekt.
Vom Händler zum Hersteller
Sie wollten ein eigenes Auto bauen – einen sportlichen Roadster – der klassische Designelemente mit moderner Technik verbinden sollte. Hilfreich war dabei, dass bereits ihre Eltern und der dritte Bruder der Familie ein Autohaus besaßen. Als BMW-Vertragshändler hatte er wohl sehr gute Verbindungen nach München und ebnete seinen Brüdern den Einstieg in die Automobilwelt. >>
In den ersten Jahren bauten sie Cabrio-Hardtops und sammelten dadurch nicht nur wertvolle Erfahrung im modernen Karosseriebau, sondern auch das notwendige Kapital zur Entwicklung ihres Sportwagens. Das war vor über dreißig Jahren. Vieles hat sich seither verändert - manches aber auch nicht.
Gecko-Alarm in Dülmen
Geblieben ist die Passion für „ihre Geckos“ und dies fällt jedem Besucher sofort auf, wenn er am Firmensitz im nordrhein-westfälischen Dülmen angekommen ist. Aus der Bastelwerkstatt in der Garage ist inzwischen eine hochmoderne Manufaktur mit rund 110 Mitarbeitern geworden.
Im Zeichen des Wappentieres ist das Gebäude in Form eines übergroßen Geckos gestaltet und gilt inzwischen als inoffizielles Wahrzeichen der 50.000-Einwohner-Stadt. >>
Gleich im Eingangsbereich empfängt uns der Wiesmann mit der Baunummer 001 von 1987 mit 137 PS. Die Form erinnerte damals bereits an das erste Serienmodell der Firma, dass einige Jahre später mit dem MF3 folgen sollte.
Moderner Klassiker geht in Rente
Inzwischen wurde das Einstiegmodell mit Grundpreis 102.900 Euro fast 900 mal gebaut. Der lediglich 3,86 m kurze, 1.180kg leichte und 343 PS starke Roadster mit BMW-Reihensechszylinder ist dank Gitterrohrrahmen und dem Verzicht auf Komfort(extras) ein Leichtgewicht und echter Kurvenkünstler. Als ältestes Mitglied der Wiesmann-Flotte hat der puristische Roadster nichts an seiner Faszination verloren, dennoch läuft die Produktion des MF3 demnächst mit der farbenfrohen Final Edition by SIEGER aus.
Die großen Brüder
Zum Glück wird das aber nicht das Ende von Wiesmann sein, denn da gibt es ja noch die anderen Modelle, wie den MF4 und MF4-S als Roadster oder geschlossenen GT mit 407 bis 420 PS aus dem BMW M3 zu Preisen ab 129.900 Euro. Mit unter 1.400 kg Leergewicht und vernietetem Alu-Monocoque präsentiert sich die Baureihe als reinrassiger Sportwagen. Doch es geht noch besser: Der ultimative Wiesmann trägt eine „5“ hinter dem Kürzel „MF“, dass für die Vornamen der Wiesmann Brüder Martin und Friedhelm steht.
Der MF5, der zur IAA 2007 zuerst als Coupé und zwei Jahre später auch als Roadster präsentiert wurde, bildete bis vor kurzem eine schier perfekte Symbiose mit dem hochdrehenden V10-Saugmotor aus dem BMW M5/M6. Die 507 PS und das sequentielle SMG-Getriebe machten ihn offen wie geschlossen zum Rennwagen für die Straße. Doch als die Zeit bayrischer Zehnzylinder endete, schien damit auch das Ende des MF5 besiegelt zu sein. >>
Gott sei Dank bestanden über den Weißwurst-Äquator hinweg immer noch gute Beziehungen und so bescherte das Downsizing in München dem MF5 ein zweites Leben mit acht Zylindern. Die leisten wie im X5 M und X6 M 555 PS. Schon in den Power-SUVs beeindruckte das Drehmoment von 680 NM, das konstant zwischen 1.500 und 5.650 Umdrehungen anliegt. Das moderne Triebwerk mit Direkteinspritzung und TwinScroll-Twin-Turbo garantiert nicht nur die Euro-5-Einstufung und verbraucht deutlich weniger als der alte V10, er beschleunigt den 1,95 m breiten und nur 1,18 flachen Tiefflieger auch in 3,9 s aus dem Stand auf Einhundert und weiter bis zur Höchstgeschwindigkeit von 311 km/h. Die Kraftübertragung auf die Hinterachse übernimmt eine 6-Gang-Automatik mit Schaltwippen hinter dem handlichen Lenkrad. Das ist wie das gesamte Cockpit jedes Wiesmanns aufwendig in Handarbeit in feinstem Leder gefertigt.
Erstklassig sind auch der entfesselte Sound und das brettharte Fahrwerk, das dem MF5 ein messerscharfes und ultradirektes Handling verleiht. Zusammen mit dem Gewicht von unter 1,5 t bietet das Wiesmann-Topmodell ein Fahrerlebnis der Extraklasse. Also genau die richtige Wahl für erfahrende Sportwagen-Fans, die mindestens 183.900 € für den geschlossenen GT und 193.500 € für den Roadster investieren müssen.
"Made in Germany"
Wer sich dann für eine der unzähligen Farbkombinationen bei Lackierung und Innenausstattung entschieden hat, muss nur noch die nötige Geduld bis zur Fertigstellung aufbringen und später auf nahezu jegliche Alltagstauglichkeit verzichten können. Das werden automobile Enthusiasten aber verschmerzen, schließlich bekommen sie mit dem MF5 eins der exklusivsten Fahrzeuge der Welt – Made in Germany – Handmade in Dülmen.
Bestaunen Sie die flinken Reptilien, den Wiesmann MF3, den MF4 und den MF5, in unserer Foto-Show.