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Gender-Verbot in Bayern: Lehrer kritisiert Sprach-Regelung scharf


Meinung
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Lehrer zu Genderverbot an Schulen
Eine gefährliche und peinliche Entscheidung

MeinungEine Kolumne von Bob Blume

20.03.2024Lesedauer: 3 Min.
imago images 0440951824Vergrößern des Bildes
Markus Söder: Der bayerische Ministerpräsident will klare Sprache an den Schulen. (Quelle: IMAGO/Rolf Poss/imago)

Bayern verbietet in Amtsstuben und Klassenzimmern das Gendern, will eine verständliche Sprache. Lehrer Bob Blume hält die Entscheidung für grotesk.

In Bayern wird ab April das Gendern verboten. Dies soll für offizielle Schreiben, Elternbriefe, Internetseiten von Behörden und Schulbücher gelten. Mit dieser populistischen Maßnahme mag man konservative Wähler beglücken. Gesamtgesellschaftlich bedeutet sie jedoch einen Rückschritt, der Minderheiten gerade dort trifft, wo sie sicher sein sollten: in den Schulen.

(Quelle: privat)

Zur Person

Bob Blume ist Lehrer, Blogger und Podcaster. Er schreibt Bücher zur Bildung im 21. Jahrhundert und macht in den sozialen Medien auf Bildungsthemen aufmerksam. In seiner Kolumne für t-online kommentiert er aktuelle Bildungsthemen mit spitzer Feder. Man findet Blume auch auf Twitter und auf Instagram, wo ihm mehr als 100.000 Menschen folgen. Sein Buch "10 Dinge, die ich an der Schule hasse" ist im Handel erhältlich.
Hier geht's zu Blumes Instagram-Auftritt.

Wenn es nicht alles so schlimm wäre, könnte man mit Humor beginnen. Florian Hermann (CSU), Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, erklärt zum Genderverbot: "Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein." Das sagt jemand aus Bayern! Aus Bayern!

Nichts gegen Dialekte, sie sind Teil der deutschen Kultur. Die Stiftung Wertebündnis Bayern hatte erst 2019 das vom Kultusministerium mitgetragene Projekt "MundArt Wertvoll" präsentiert, in dem es darum ging, Dialekte in Schulen zu fördern. Aber verstehen alle den Dialekt?

Damit fällt das Verständnisargument auseinander. Aber das weiß auch die bayrische Landesregierung. Es geht nicht um Verständnis. Ansonsten müssten wir sämtliche Steuererklärungen, Gesetzesänderungen und Verwaltungsvorschriften verbieten. Übrigens gerade jene, die für die Schule gelten. Und von einigen Wörtern müssen wir uns ganz trennen. Umfahren zum Beispiel kann sehr verschiedene Bedeutungen haben: an jemandem vorbei- oder über jemanden drüberfahren. Ist alles schwierig. Aber das ist die gute Nachricht: Das lernt man in der Schule.

Es geht um billige Mehrheitsbeschaffung

Jene Schule, die einen Erziehungs- und Bildungsauftrag hat, der kritisches Denken und demokratische Teilhabe einschließt. All das also, was gerade durch eine solch populistische Politik nun abgebaut wird.

Denn in Wirklichkeit geht es gar nicht um ein besseres Verständnis. Es geht auch nicht um Argumente, die zur Genüge ausgetauscht worden sind. Es geht um billige Mehrheitsbeschaffung auf Kosten von Minderheiten. Das hat in Deutschland eine gute Tradition. Anstatt zu überlegen, wie Schulen – jene Orte, die Sicherheit für alle und jeden bieten sollten – alle einbeziehen könnten, folgt nun das schärfste Schwert der Politik: das Verbot. Für die Freude der Mehrheitsgesellschaft am Stammtisch wird auf die sprachliche Inklusion nichts gegeben.

Das ist haarsträubend, peinlich und ja, auch gefährlich. Es ist auch deshalb peinlich, weil scheinbar auf etwas reagiert wird, das gar nicht da ist. Schattenboxen im CSU-Stil. Denn das, was der Vorsitzende der Bundesschülerkonferenz, Fabian Fabricius sagt, ist ja richtig: "Wir sind gegen Bevormundung (…) Gendern sollte für Schüler weder positive noch negative Auswirkungen haben." In dem Zitat gendert er nicht. Und das ist okay.

Es gab nie einen Genderzwang

Aber wehe, er hätte es getan. Dann würden wieder jene Menschen auf die Barrikaden gehen, die im bloßen Gendern oder der Empfehlung schon jene Bevormundung sehen, die sie nun selbst gutheißen. Denn die Realität ist: Es gab nie einen Genderzwang. In Schulen konnte man gendern oder nicht. Oder eben das Gendern oder Nicht-Gendern zum Thema machen, denn um diese Aushandlung geht es in der Demokratie. Oder besser gesagt, sollte es gehen. Denn das, was die CSU macht, ist ja das Gegenteil: Sie macht sich zu jener Verbotspartei, als die sie die Grünen immer wieder darstellt.

Gefährlich ist das Ganze, weil es reale Auswirkungen hat. Wenn der Staat verbietet, Menschen sprachlich einzuschließen, dann drängt man sie weiter an den Rand. Und dabei ist es völlig egal, ob jemand der Meinung ist, Sprache habe nichts mit Inklusion zu tun. Denn meist bestimmen jene über die Minderheit, die nie erlebt haben, wie es sich anfühlt, für seine eigenen Belange zu kämpfen, gehört und eingebunden zu werden.

Viel Spaß bei der Lehrersuche

Aber für ein bisschen Kulturkampf auf dem Nacken der Kinder, die nicht ins Raster passen, kann man das schon machen. Laut Bayerischem Innenministerium drohen Beamtinnen und Beamten, die sich über das Verbot hinwegsetzen, Konsequenzen. Das ist spannend, denn bei dem Lehrkräftemangel, den wir haben, sind da die Möglichkeiten begrenzt. Oder Ministerpräsident Söder muss das Startgeld erhöhen, mit dem er Lehrerinnen und Lehrer nach Bayern locken wollte. Wäre ich in Bayern Lehrer, würde ich es darauf ankommen lassen. Das sagt sich leicht, ich weiß. Aber da wären mir die Schülerinnen und Schüler wichtiger.

Eine Frage am Ende: Zuerst habe ich nicht gegendert, dann schon. Sind Sie mitgekommen? Oder war es arg schlimm?

Studien haben übrigens ergeben, dass das Gendern den Lesefluss nicht so beeinflusst, wie es immer heißt. Ob nun mit der Nennung beider Formen, mit Sternchen oder Unterstrich. Aber wer braucht schon Studien, wenn man auch einfach aus dem Bauch heraus entscheiden kann. Endli is da Gschicht a End und ma vasteht wieder ois. Das ist bayrisch und heißt: Endlich ist der Spuk am Ende und man versteht wieder alles. Herzlichen Glückwunsch!

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
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