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"Herzenswunsch"-Ehrenamtliche: "Der Job macht mich demütig und dankbar"


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Ehrenamtliche
"Der Job macht mich demütig und dankbar"


Aktualisiert am 24.11.2019Lesedauer: 5 Min.
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Letzte Reise im Video: Die Malteser Anne Cossmann und Henrick Langner erfüllen einer unheilbar kranken Frau ihren letzten Wunsch. (Quelle: t-online)
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Anne Cossmann und Henrick Langner engagieren sich ehrenamtlich bei den Maltesern in Hannover. Ein besonderes Projekt dabei ist der "Herzenswunsch"-Krankenwagen. Die Ehrenamtlichen erfüllen Schwerkranken ihren letzten Wunsch.

Noch einmal ans Meer reisen, ein Konzert besuchen oder das Lieblingsessen essen: Die Malteser erfüllen die letzten Wünsche sterbenskranker Menschen. Zwei junge Ehrenamtliche erzählen im t-online.de-Interview, warum das gar nicht so traurig ist, wie sie es sich anfangs vorgestellt haben.

Anne Cossmann ist 25 Jahre alt und studiert Medizin in Jena. Eigentlich kommt sie aber aus Hannover, wo sie seit Jahren im Rettungsdienst aktiv ist. Ihre Freizeit verbringt sie deshalb immer noch gern in Niedersachsen, im Katastrophenschutz bei den Maltesern oder im Ehrenamt beim "Herzenswunsch"-Projekt. Henrick Langner, 23, ist Beamter in Hannover und gleichzeitig ebenfalls im Rettungsdienst bei den Maltesern tätig. Er koordiniert die "Herzenswunsch"-Fahrten in Hannover.

Der Malteser Hilfsdienst ist eine katholische Hilfsorganisation, die bundesweit mit mehr als einer Million Mitgliedern und an mehr als 700 Orten vertreten ist.

Sie wurde 1953 durch den Malteserorden und den Deutschen Caritasverband gegründet und setzt sich seither für die Hilfe für Bedürftige ein.

Malteser engagieren sich im Katastrophenschutz, im Sanitätsdienst, bei Erste-Hilfe-Ausbildungen und ehrenamtlichen Sozialdiensten sowie der Hospizarbeit.

t-online.de: Wie sind Sie beide zum Rettungsdienst und zum "Herzenswunsch"-Projekt gekommen?

Henrick Langner: Ich war in meiner Schulzeit schon im Schulsanitätsdienst bei den Maltesern, später dann im Rettungsdienst und heute bin ich Koordinator für die Fahrten in Hannover. Als ich dann zum ersten Mal von diesem Projekt hörte, wurde ich sofort neugierig. Je mehr ich darüber und den Gedanken, der sich dahinter verbirgt, erfahren habe, desto mehr Lust hatte ich, mich daran zu beteiligen. Das hat sich dann einfach so entwickelt, ich bin von Anfang an dabei gewesen und habe bisher etwa zehn Fahrten mitgemacht.

Anne Cossmann: Ich war bei einigen Fahrten dabei und habe Freude daran entwickelt. Ich finde, der "Herzenswunsch"-Krankenwagen ist eine schöne Abwechslung zum Rettungsdienst: Sich Zeit nehmen zu können für Patienten, sich ehrenamtlich zu engagieren und die Freude und Dankbarkeit zu sehen. Wir bei den Maltesern sind alle aus unterschiedlichen Bereichen und eigentlich Ingenieure, Verwaltungsangestellte oder hauptberufliche Rettungsdienstler.

Was reizt Sie an den Aufgaben für den "Herzenswunsch"-Krankenwagen?

Henrick Langner: Jeder Mensch hat es verdient, zufrieden und mit einer schönen Erinnerung aus dem Leben zu scheiden. Gerade, wenn man selber aufgrund seiner Krankheit nicht mehr dazu in der Lage ist, sich seinen letzten Herzenswunsch zu erfüllen, sollte es jemanden geben, der genau das ermöglicht.

"Herzenswunsch"-Projekt der Malteser

Den "Herzenswunsch"-Krankenwagen in der Diözese Hildesheim gibt es bereits seit 2016. Seitdem haben die Ehrenamtlichen rund 200 Wunschanfragen bekommen – allein im ersten Halbjahr 2019 haben sie 30 Fahrten über mehr als 8.000 Kilometer durchgeführt.

Zu den beliebtesten Wünschen zählen: noch einmal das Zuhause sehen, bei einer Familienfeier dabei sein, ein Konzert besuchen oder eine Theateraufführung sehen. Der älteste Herzenswunsch-Gast war 89 Jahre alt, der jüngste 45 Jahre.

Die Wunscherfüllung ist kostenlos, daher freuen sich die Malteser über Spenden. Anfragen in der Diözese Hildesheim können an den Projektleiter Dr. Christoph Mock gerichtet werden, er ist unter der Telefonnummer 0511 959 86 32 oder der E-Mail christoph.mock@malteser.org zu erreichen. Wunschanfragen nimmt zusätzlich auch Antje Doß unter der Telefonnummer 0160 47 58 292 entgegen. Allgemeine Informationen zu Herzenswunsch-Krankenwagen in ganz Deutschland gibt es auf der Homepage der Malteser.

Welche Situationen sind für Sie besonders schwer?

Anne Cossmann: Ich habe zum Beispiel ein paar Fälle erlebt, bei denen schon alles geplant war und der Patient dann doch vor der Erfüllung seines letzten Wunsches gestorben ist. Und das, obwohl es schon sehr kurzfristig war. Daran kann man sehr gut sehen, wie schnell es gehen kann und in welcher Situation die Patienten sind. Und da ist auch der Unterschied zum Rettungsdienst: Man hat ein völlig anderes Ziel und ein völlig anderes Umfeld. Wir als Helfer müssen dann immer wieder umdenken.

Wie haben Sie selbst sich verändert durch das Ehrenamt?

Anne Cossmann: Die "Herzenswunsch"-Fahrten machen mich demütig. Das war schon im Rettungsdienst so. Ich bin sehr dankbar für meine eigene Gesundheit und die Gesundheit im nahen familiären Umfeld. Und vieles, was mir früher vielleicht dramatisch erschien, wirkt jetzt eher als Kleinigkeit. Ich bin aber auch dankbar, dass ich Menschen helfen kann.

Henrick Langner: Ich denke, dass es wichtig ist, sich mit dem Thema Tod und Sterben zu beschäftigen. Man muss sich bewusst machen, dass sich das Leben für jeden von uns von einem auf den anderen Tag ändern kann.

Welche waren die bewegendsten Momente für Sie?

Anne Cossmann: Die gibt es eigentlich jedes Mal dann, wenn Menschen sehr glücklich und fröhlich sind und Freudentränen fließen. Bewegend finde ich aber auch, dass ich fast jedes Mal erlebt habe, dass ganz neue Lebensenergie mobilisiert wurde, um den Tag des "Herzenswunsches" noch einmal genießen zu können. Das berührt mich jedes Mal sehr – ich empfinde es auch als großes Geschenk für mich, Wünsche erfüllen zu können.

Henrick Langner: Meine erste Fahrt ging nach Damp. Eine 50-jährige Frau wollte noch einen letzten Familienurlaub dort erleben. Das fand ich schon sehr bewegend, vor allem, weil ihren Kindern gar nicht so bewusst war, dass sie stirbt. Für die war es ein ganz normaler Urlaub.

Was war für Sie der außergewöhnlichste Wunsch, der erfüllt wurde?

Anne Cossmann: Für mich war das ein Patient, der den Norddeutschen Rundfunk sehen wollte. Er hat immer NDR 1 Niedersachsen im Radio gehört, hatte aber sonst eigentlich keinen Bezug zum NDR, das fand ich sehr außergewöhnlich. Aber für den Patienten war es das größte, danach mit dem Programmheft nach Hause zu fahren.

Henrick Langner: Ich finde eigentlich, dass man das so gar nicht sagen kann. Jeder Wunsch ist total persönlich für denjenigen und wir können uns da gar nicht hineinversetzen, ob etwas nun ungewöhnlich ist oder für denjenigen ganz normal. Ich denke, auch wenn man sich vorher mit dem Sterben beschäftigt, wird der letzte Wunsch erst dann richtig klar, wenn es wirklich soweit ist – und das kann dann alles Mögliche sein.

Gibt es auch Grenzen bei der Wunscherfüllung?

Anne Cossmann: Limitierender Faktor ist natürlich immer die Gesundheit des Patienten. Aber auch Fahrten an die Ostsee oder an den Bodensee wurden schon erfüllt – am wichtigsten ist immer, dass der Patient in der Lage ist, die Fahrt anzutreten, sonst kann er sie ja auch gar nicht genießen.

Stoßen Sie selbst manchmal psychisch oder emotional an Ihre Grenzen?

Anne Cossmann: In meiner hauptberuflichen Rettungsdienst-Zeit waren junge Menschen immer noch einmal eine völlig andere Situation. Das sind die Einsätze, die einem selbst auch psychisch das meiste abverlangen. Hier beim "Herzenswunsch"-Krankenwagen geht es vor allem darum, die letzte Zeit schwerstkranker Menschen so schmerzfrei wie möglich zu gestalten. In dem Wissen, dass sie sterben werden. Das zu akzeptieren ist schwierig, wir werden ja auch dazu ausgebildet, Menschen zu retten und ihr Leben zu erhalten. Reden hilft ganz viel – besonders im beruflichen Umfeld. Oder im Freundes- oder Kollegenkreis, mit denen, die in ähnlichen Bereichen arbeiten. Wichtig ist, dass man umschalten muss und Beruf oder auch Ehrenamt und Privates trennen muss, damit man in der Lage bleibt, sich dafür einzusetzen. Ich denke, es ist auch wichtig, die eigene psychische Gesundheit zu beobachten – sich selbst kritisch zu reflektieren und zu prüfen, ob irgendwas unverarbeitet geblieben ist.



Henrick Langner: Ich fand die "Herzenswunsch"-Fahrten bisher zum Glück überhaupt nicht bedrückend. Vorher hatte ich schon Angst, dass es so sein könnte, aber es überwiegt eigentlich immer die Freude, dass ein Wunsch erfüllt werden kann. Trotzdem wissen wir nie, was uns erwartet und auch die Rückfahrt ist meistens weniger fröhlich. Man merkt dann, dass allen bewusst wird, dass es das letzte Mal war.

Vielen Dank für das Gespräch!

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