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Tokajer: Der Weißwein der Könige feiert Comeback


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Tokajer: Der Wein der Könige feiert sein Comeback

Christoph Schmidt

Aktualisiert am 03.03.2017Lesedauer: 5 Min.
Der Wein, der lange ins Vergessen geraten ist: der Tokajer.Vergrößern des Bildes
Der Wein, der lange ins Vergessen geraten ist: der Tokajer. (Quelle: royal-tokaji.com)
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Im Barock galt er als König der Weine und war gleichzeitig Wein der Könige. Der Ruf war legendär, sein Preis obszön. Was Kenner heute für Bordeaux zahlen, war damals diesem Wein vergönnt: Die Rede ist vom Tokajer, einem der bedeutendsten und sicher traditionsreichsten Weißweine weltweit. Berühmt sind vor allem die ausdrucksstarken Süßweine, denen eine Edelfäule ihr besonderes Aroma verleiht.

Das ungarische Weinanbaugebiet Tokaj blickt auf eine Jahrhunderte alte Weinbautradition zurück. Angebaut werden ausschließlich weiße Rebsorten: Furmint, Lindenblättrigen (Hárslevelű) und Muskateller (Sárgamuskotály). Dabei stechen insbesondere die Süßweine aus den sogenannten Aszu-Beeren heraus. Mit solch einer langen Tradition wird kaum ein anderer Wein gekeltert. Das Verfahren, nach dem der Tokajer Aszu hergestellt wird, ist einzigartig. Und Basis für einen unverwechselbaren Geschmack.

Die Herstellung des Tojaker Aszu

Schon das Ausgangsmaterial ist besonders. Zu einem halbvergorenen Grundwein mischt der Winzer die Aszu-Beeren. Diese Trauben sind mit dem Schimmelpilz Botrytis befallen. Der auch Grauschimmel genannte Parasit perforiert die Beeren und bildet winzige Löcher, durch die Wasser verdunsten kann. Dadurch schrumpfen die Trauben und erhalten einen deutlich höheren Zuckergehalt. Grundwein und zermahlene Aszu-Beeren vermählt der Winzer zu einer "Marmelade", die viele Tage ziehen muss, damit der Wein die für den Tokajer so charakteristischen Inhaltsstoffe aufnehmen kann. Nach der Extraktion wird der Wein gepresst und kommt zur Reifung für viele Jahre in Holzfässer. Je höher der Zuckergehalt, desto länger kann die Reifezeit betragen und entsprechend hochwertiger und teurer ist der Wein.

Ein Löffel Tokaji Eszencia kostet 100 Dollar

Legendär ist die Tokaji Eszencia: Für eine einzige Flasche (0,375 Liter) benötigt der Kellermeister 100 Kilogramm des besten Leseguts. Daraus kreiert er eine fast magische Flüssigkeit, die in den Sternerestaurants von Paris bis Tokio auf den Weinkarten steht. Im Gespräch mit WANTED.DE verriet Weinmanager Istvan Turoczi vom Weingut Royal Tokaji, dass in einem New Yorker Edelrestaurant ein kleiner Löffel des raren Stoffs für 100 Dollar angeboten wird. Auch Weinpapst Robert Parker empfiehlt Genießern, mit einem Löffel zu probieren.

Dann umschmeichelt der dickflüssige Wein die Zunge fast zärtlich und fackelt ein nicht enden wollendes Aromen-Feuerwerk ab. Dabei wirkt die Eszencia nicht klebrig, da der enorme Säuregehalt den gigantischen Zuckerwert von vielen hundert Gramm gekonnt bändigt. Die Säure sorgt auch dafür, dass die Gärung nur schwer in Gang kommt, oft viele Jahre dauert und nur geringe Alkoholgrade erzeugt – vier bis sechs Prozent sind normal. Dafür kann der Wein Jahrhunderte überdauern - unbedingt probieren!

Erstaunliche Haltbarkeit bei Tokajern

Aber das Tokaj hat mehr zu bieten. Seit den 2000ern setzen mutige Winzer auch auf trockene Weine: Ein gereifter Furmint kann international etablierten Sorten wie Riesling oder Chardonnay durchaus die Stirn bieten. Wahnsinn: Einem 2010er Furmint schaden selbst viele Wochen im Kühlschrank in keiner Weise. Aber die trockenen Furmints von Royal Tokaj sind nicht deren Aushängeschild. Manager Turoczi empfiehlt die Weine von István Szepsy, sie seien die besten trockenen Furmints im Tokaj. Szepsy gilt als einer der weltweit besten Winzer. Tokajer sind für ihre lange Haltbarkeit bekannt - einige Tropfen überstehen locker 30 Jahre.

Eine Slowakin in Ungarn

Nun zu einer Winzerin: Judith Bott vom Weingut Bott Pince ist eine Quereinsteigerin. Eigentlich wollte die studierte Agrarwissenschaftlerin Kühe züchten, doch ein mehrjähriger Aufenthalt in Südtirol entfachte ihr Feuer für den Weinbau. Über die Jahre hat sie gemeinsam mit ihrem Mann ein kleines aber feines Weingut aufbaut – man könnte es auch Garage Winery nennen. Das Duo setzt dabei konsequent auf biologischen Anbau und rigorose Selektion im Weinberg, was hervorragende Weinqualitäten hervorbringt. Während die Botts im ersten Jahr lediglich einen Hektar bewirtschafteten, sind es zehn Jahre später schon acht.

Von der Selektion im Weinberg und der Pflege der Reben, über das Vinifizieren, Abfüllen und Etikettieren der Flaschen: Die Botts übernehmen fast alles selbst. Ihre Abnehmer sind Spitzenrestaurants, vor allem in Ungarn, aber auch weltweit. Daneben verschickt sie einen Newsletter zu den neuesten Abfüllungen, die meist in kurzer Zeit vergriffen sind. Respekt für so viel Einsatz und noch mehr Respekt für die tollen Weine.

Trockene Weißweine vom Gut der Botts

Die Weine der Botts sind alle spontan vergoren und weisen eine klare und saubere Frucht auf. Der 2015 Hárslevelű Teleki stammt aus einem alten Weinberg mit 70 Jahre alten Reben. Der Wein hat eine wunderbare Nase und ist auf der Zunge sehr fruchtig, im Abgang leicht salzig. Die alten Reben verleihen dem Wein eine tolle Mineralität. Der 2015 Furmint Kulcsar ist ein wunderbarer Wein. Modern gekeltert, trocken, zupackend und dennoch mit genügend Schmelz ausgestattet, der dem Wein eine angenehme Cremigkeit verleiht. Der für deutsche Weißweine hohe Alkoholgehalt von über 13 Prozent ist gut eingebunden und wird durch eine zitrusgetragene Spritzigkeit eingefangen.

Der Edelsüße Tokaj Aszu 2013 hat über 200 Gramm Restzucker und umschmeichelt die Zunge mit einer frischen Süße aus Aprikose, Quitte und Kräutern. Ungemein dicht und packend.

Das Weinhaus Royal Tokaji

Der Gegenentwurf zu der familiengeführten Garage Winery ist das bereits erwähnte Weingut Royal Tokaji. Der Betrieb aus Mad bewirtschaftet 900 Hektar der besten Lagen im Tokajer Weinanbaugebiet und war Anfang der 90er Jahre ein Qualitäts-Pionier der Region. Das vielfach ausgezeichnete Unternehmen wurde von der Weinlegende Hugh Johnson gemeinsam mit internationalen Investoren gegründet. Anfangs setzte man auf edelsüße Spezialitäten, die regelmäßig internationale Preise abräumen. Aber seit rund zehn Jahren werden auch immer mehr trockene Weine angebaut, die sich nicht verstecken müssen.

Der Betrieb setzt konsequent auf moderne Technologien und verwendet sogar eine extra für Royal Tokaji entwickelte Hefe für die Gärung. Das brandneue Kelterhaus bedient sich modernster Technik. So fließt der frisch gepresst Wein nur durch die Schwerkraft aus dem höher gelegenen Teil der Halle in die Stahlfässer. Die besten Qualitäten kommen dann für viele Jahre in Holzfässer, die in einem Jahrhunderte alten Stollensystem gelagert werden.

So schmecken die ungarischen Spezialitäten aus dem Hause Royal Tokaji

Die trockenen Weine von Royal Tokaji waren noch verschlossen. Sie lassen zum Teil die Zunge wie bei Rotwein leicht zusammenziehen. In der Frucht sehr klar, allerdings noch sehr primärfruchtig mit Aromen von Aprikose und Quitte. Empfehlenswert ist auch der 2015 Szent Tamas Furmint, ein sehr schöner Wein aus bester Lage, der ein langes Lagerungspotential aufweist. Er schmeckt ungemein mineralisch, hat eine herrliche Cremigkeit und enthält den für Furmint typischen Quittengeschmack. Für rund 20 Euro ist dieser Wein fair bepreist.

Tokajer-Geheimtipps

Ein kleiner Geheimtipp ist der Royal Tokaji Late Harvest, der perfekt zu Foie gras passt und mit rund 15 Euro als Preiskracher gelten kann. Fragen Sie nach älteren Jahrgängen, es lohnt sich. Der süße Wein mit Aromen von gekochter Aprikose und einer feinen Mineralik hat genügend Frische für eine gehaltvolle Vorspeise.

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Ein weiteres Highlight ist der 2008er Betsek 6 puttonyos Tokaji Aszu. Die Weinreben in der Lage Betsek wachsen auf schwarzem Vulkangestein, das Zeolit enthält. Das Supermineral fungiert als eine Art natürlicher Dünger und verhilft den Weintrauben zu ihrem hervorragenden Aroma. Er schmeckt überaus rassig, eine prickelnde Säure gleicht den hohen Zuckergehalt aus. Das würzige, fast scharfe Aroma wird ergänzt durch eine an Rosinen erinnernde Süße und verpasst dem Wein eine wunderbare Komplexität.

Nachhaltig beeindruckend ist aber vor allem die bereits oben beschriebene Eszencia. In den vergangenen Jahren hat dieser Ausnahmewein wiederholt 100 Punkte von Weinpapst Robert Parker verliehen bekommen. Er spricht von einem "wahrlich magischen Wein". Da gibt es nichts hinzuzufügen – Egészségedre (Zum Wohl)!

Weitere Informationen:

  • Kaufen: Verzichten Sie besser auf Tokajer aus dem Edeka – Gute ungarische Weine gibt es bei www.weinkomplott.de und http://ungaricum.de
  • Beilage: Zu Süßweinen passen Blauschimmelkäse dank des salzigen Geschmacks perfekt – zum Beispiel Roquefort, Gorgonzola oder Stilton. Alternative passt auch Apfelkuchen hervorragend.
  • Trinktemperatur: Den Süßwein am besten zwischen 10 und 12 Grad genießen.
  • Übernachten: Das Tokaji ist von Budapest mit dem Auto in knapp drei Stunden erreichbar. Übernachten können Genießer stilecht in einem Schloss. Grof Degenfeld ist ganz nebenbei gesagt ein empfehlenswertes Weingut. Das Hotel steht unter deutscher Leitung. http://hotelgrofdegenfeld.hu/de/, http://grofdegenfeld.com/en/
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