Abstände, Zäune und Co. Vorschriften-Chaos an der Grundstücksgrenze zum Nachbar
Wie dicht dürfen Baum und Hecke an der Grenze zum Nachbarn stehen? Was tun bei überhängenden Ästen oder Laub? Das sagt das Nachbarschaftsrecht.
Inhaltsverzeichnis
- Unterschiedliche Regelungen für Pflanzen am Gartenzaun
- Grenzabstand je nach Pflanzengröße anders
- Was tun, wenn die Hecke zu dicht steht?
- Wann die Hecke an der Grundstücksgrenze geduldet werden muss
- Überhängende Zweige und Wurzeln
- Mangelnder Baumbeschnitt kann teuer werden
- Kontrolle des Zustands der Bäume
- Laub in seinem Garten muss der Nachbar hinnehmen
Es ist der klassische Streit zwischen Nachbarn: Die Birke ragt aufs Nachbargrundstück, das Laub verstopft die fremde Regenrinne und nimmt den gepflegten Rosen des Nachbarn das Sonnenlicht. Solche kleinen Ärgernisse am Gartenzaun können leicht eskalieren.
Unterschiedliche Regelungen für Pflanzen am Gartenzaun
Im schlimmsten Fall stehen sich die Nachbarn irgendwann vor Gericht gegenüber. Wer dort Recht bekommt, hängt vor allem davon ab, in welchem Bundesland gestritten wird. Denn die Regeln für Pflanzen an Grundstücksgrenzen sind nicht ganz einfach und von Region zu Region verschieden.
Jedes Bundesland habe ein eigenes Nachbarschaftsrecht, das sich in Bezug auf die Grundstücksbepflanzung grob in zwei Linien einteilen lasse, erklärt der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Die einen hätten festgelegt, welche Strauch- und Baumarten wie nah am Zaun stehen dürften. Die anderen hätten geregelt, wie weit Pflanzen einer bestimmten Höhe von der Grundstücksgrenze weg gepflanzt werden müssen.
Grenzabstand je nach Pflanzengröße anders
In vielen Bundesländern hängt es vom Gewächs ab, welcher Mindestabstand eingehalten werden muss. In Hessen beispielsweise seien Bäume und Sträucher in drei Kategorien eingeteilt – von sehr stark wachsend bis klein –, wie der Verband Wohneigentum Hessen in Oberursel erklärt. Es werden jeweils beispielhaft ein paar Sorten im Gesetz aufgeführt.
Demnach müssen sehr stark wachsende Bäume wie Linden mindestens vier Meter von der Grundstücksgrenze entfernt gepflanzt werden, während Sie mit einer etwas weniger ausladenden Weißbirke nur zwei Meter Abstand zu halten brauchen. Auch für Obstbäume gibt es die dreigeteilten Abstandsregeln. Für die meisten Steinobstarten ist es nach hessischem Nachbarrechtsgesetz allerdings ausreichend, wenn sie 1,5 Meter von der Grenze entfernt gepflanzt werden.
Ziersträucher und Beerenobststräucher dürfen je nach Sorte zwischen einem Meter und 50 Zentimetern nah am Nachbargrundstück stehen. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz regeln die Grenzbepflanzung in ähnlicher Art und Weise.
Je dichter an der Grenze, desto niedriger die Anpflanzung
Einfacher halten es Bayern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt: Hier gilt unabhängig von der Art des Gewächses der Grundsatz: Je näher die Anpflanzung an der Grenze steht, desto niedriger muss sie sein. Für Bayern heißt das beispielsweise, dass in einem Abstand von einem halben Meter zur Grenze keine Pflanze höher als zwei Meter sein darf.
So unterschiedlich die Rechtslage ist, so verschieden sind auch die Ergebnisse, wenn Streitfälle vor Gericht enden. Die Gerichte urteilen stets unterschiedlich. Sie fällen oft Entscheidungen, die nur auf den Einzelfall anwendbar seien.
Großzügiger Grenzabstand vermeidet Streit
Die Hauptstreitpunkte zwischen Nachbarn sind der Grenzabstand von Gehölzen sowie zu dicht stehende Hecken. Stehen Hecken etwa so nah am Zaun, dass der Besitzer sie nicht mehr von seinem Grundstück aus schneiden könne, ist er auf den Nachbarn angewiesen. Schließlich muss der ihn dafür auf sein Grundstück lassen.
Am besten lesen Sie die Paragrafen des jeweiligen Landesrechts und achten auf eventuelle Vorgaben der Kommunen. So lässt sich Streit vermeiden. Darüber hinaus ist es ratsam, den Grenzabstand etwas größer zu wählen. So könnten Themen mit hohem Streitpotenzial umgangen werden.
Was tun, wenn die Hecke zu dicht steht?
Sollte Nachbars Hecke oder ein Baum dichter an der Grenze stehen, als es das Landesrecht erlaubt, können Sie verlangen, dass die Abstände eingehalten werden. Dazu müssen die Anpflanzungen je nach Landesrecht entweder zurückgeschnitten oder auf den passenden Abstand zurückgesetzt werden.
Wichtig dabei ist, dass der Bestandsschutz beachtet wird. Dieser besagt, dass ein Heckenschnitt zwischen dem 1. März und dem 30. September zum Schutze brütender Vögel und Kleintiere verboten ist. Mehr dazu erfahren Sie in diesem Artikel.
Wann die Hecke an der Grundstücksgrenze geduldet werden muss
Allerdings sollten Sie sich mit Ihrer Beschwerde gegen eine Anpflanzung nicht allzu viel Zeit lassen. In den meisten Bundesländern verjährt der Anspruch auf Beseitigung innerhalb von fünf Jahren. Die Fristen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden. Generell variieren die Verjährungsfristen zwischen zwei und sechs Jahren. Dazu kommt, dass der Beginn der Frist nicht einheitlich festgelegt ist: Mal gilt der Zeitpunkt der Pflanzung, mal der Zeitpunkt, zu dem die Maximalhöhe überschritten wurde.
Die Verjährung bleibt auch bei einem Besitzerwechsel bestehen. Wer also ein Haus kauft, hat möglicherweise keine Handhabe gegen die zu dicht stehenden Bäume auf dem Nachbargrundstück.
Nach der Verjährung muss die Hecke oder der Baum also geduldet und nicht mehr zurückgeschnitten werden. Selbst dann nicht, wenn eine Beeinträchtigung anderer vorliegt. Das Zurückschneiden erfolgt dann nur auf freiwilliger Basis und nicht aufgrund von nachbarschaftlichen Regelungen und Gesetzen.
Weitere Sonderregelungen gibt es zudem für Hecken, die als Einfriedung gelten. Schließlich ersetzen Sie einen Zaun oder eine Mauer und können dementsprechend nicht mit einem bestimmten Abstand zum Nachbargrundstück gepflanzt werden. Allerdings wurden sie meist auch in gegenseitigem Einverständnis gepflanzt. Ob eine Hecke, die zugleich ein Sichtschutz, eine Grundstücksgrenze oder ein Zaun sind, entfernt werden muss oder stehen bleiben darf, entscheidet alleine ihr Eigentümer. Die Stämme der Hecke müssen auf dem eigenen Grundstück stehen. Wollen die Eigentümer ihre Hecke entfernen, können ihre Nachbarn dagegen keinen Einspruch einlegen. Sie müssen die Entfernung dulden. – das ist auch dann der Fall, wenn das Gestrüpp über die Grundstücksgrenze ragt. So zumindest urteilte das Pfälzische Oberlandesgerichts (Az.: 8 U 52/21).
Überhängende Zweige und Wurzeln
Blumen und Büsche, die nicht allzu hoch sind, könnten gewöhnlich direkt am Zaun gepflanzt werden, erklärt Haus & Grund Deutschland. Zweige und Blätter sollten aber möglichst nicht auf das Nachbargrundstück hängen. Gleiches gilt für Hecken.
Wenn Zweige oder gar Wurzeln des Nachbarn, die auf das eigene Grundstück ragen, sehr stören, können Sie vom Nachbar verlangen, dass er den Überhang abschneidet. Laut § 910 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) müssen Sie ihm eine angemessene Frist zur Beseitigung einräumen.
Wichtig: Allerdings verjährt dieser Anspruch in drei Jahren, beginnend mit der erstmaligen Störung. Danach haben Betroffene laut Gesetz aber immer noch die Möglichkeit, herüberragende Äste abzuschneiden, wenn der Nachbar dies trotz Aufforderung nicht in angemessener Frist tut. Dieses Recht zur Selbsthilfe unterliegt nicht der Verjährung. Das gilt auch bei Hecken, die zwar auf dem Grundstück des Nachbarn stehen, aber in den eigenen Garten hinüberwachsen.
Hier laufen Sie dabei leicht Gefahr, sich schadenersatzpflichtig zu machen – wenn Sie etwa zu viel abschneiden. Es darf nämlich wirklich nur der Überhang abgeschnitten werden. Auch wer voreilig Wurzeln kappt, muss möglicherweise für den dadurch entstandenen Schaden haften. Sie müssen Ihrem Nachbarn Gelegenheit geben, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Übrigens: Teilweise können Sie die Äste auch selbst entfernen – im Sinne des im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehenen Rechtes zur Selbsthilfe in einem solchen Fall (Az. V ZR 234/19), erklärt der BGH. Der BGH betonte zugleich: Das Selbsthilferecht könne aber durch naturschutzrechtliche Regelungen eingeschränkt sein, etwa durch Baumschutzsatzungen.
Mangelnder Baumbeschnitt kann teuer werden
Einen Grundstückseigentümer kann es teuer zu stehen kommen, wenn er seine Bäume und Hecken nicht korrekt beschneidet. "Er ist verpflichtet, den auf Straßen ragenden Bewuchs zu beseitigen", teilte das Verwaltungsgericht in Mainz sein Urteil mit (Az. 3 K 363/17.MZ). Erledige er dies nicht, könne die Straßenbaubehörde nach Aufforderung und Fristsetzung den Bewuchs selbst beschneiden lassen, die Kosten hierfür müsse der Eigentümer zahlen. In dem aktuellen Fall waren einem Eigentümer über 500 Euro in Rechnung gestellt worden. Die Straßenbaubehörde hatte einen Gartenbaubetrieb mit dem Rückschnitt beauftragt.
Kontrolle des Zustands der Bäume
Immobilienbesitzer müssen Bäume auf ihrem Grundstück regelmäßig kontrollieren. Denn die Eigentümer sind im Prinzip dafür verantwortlich, dass niemand etwa durch herabfallende Äste zu Schaden kommt.
Hierzu reicht es aus, wenn private Immobilienbesitzer eine Sichtprüfung an den Bäumen durchführen. Verantwortlich für Baumschäden sind die Besitzer aber nur, wenn sie Krankheiten des Baumes übersehen, die jeder Laie erkennt – also etwa abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbarer Pilzbefall. In besagtem Fall sei die Instabilität der Rotbuche nur für einen Fachmann, nicht aber für einen Laien erkennbar gewesen. Der Hausverwaltung sei kein Vorwurf zu machen.
Laub in seinem Garten muss der Nachbar hinnehmen
Sollten Sie sich lediglich durch ein wenig Laub oder Schattenwurf gestört fühlen, sei das allerdings kein ausreichender Grund zum Klagen, erläutert der Eigentümerverband. Auch Nadeln, Zapfen oder Blätter, die auf den Gartenteich fallen oder die Regenrinne verstopfen, müssen Sie in der Regel erdulden. Selbst wenn Sie allergisch auf einen Baum des Nachbarn reagieren, müsse der das Gehölz nicht automatisch fällen. Es gilt als Naturereignis.
Was müssen Mieter bei der Gartenbepflanzung beachten?
Bei Mietern komme es darauf an, ob es sich um eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus oder um ein Einfamilienhaus mit eigenem Garten handelt, erläutert der Deutsche Mieterbund. In einem Haus mit mehreren Parteien müsse sich der Hobbygärtner im Zweifel mit seinen Nachbarn und dem Vermieter abstimmen, beim Einfamilienhaus sei es der Vermieter, der gefragt werden will.
"Wenn der Vermieter den Garten als Ziergarten vermietet, kann ich keine Gemüseplantage daraus machen", warnt der Mieterbund. Legt sich der Besitzer bei der Gartengestaltung nicht fest, sei der Mieter weitgehend frei. Bei grundlegenden Änderungen, etwa wenn der Mieter stark wachsende Bäume pflanzen wolle, müsse er den Vermieter aber fragen.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn