Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Energiesparen Das erste energieautarke Haus Europas
Die Energiekosten der meisten Verbraucher entwickeln sich Jahr für Jahr kontinuierlich nach oben. Zwar wird inzwischen viel mehr Wert auf einen sparsamen Umgang mit Strom und Heizung geachtet, doch ständig erhöhte Preise bei den Versorgern wiegen die Einsparungen in der Regel mehr als auf. Die Lösung wäre ein Haus, das vollständig ohne eine externe Energieversorgung mit Öl, Gas oder Netzstrom auskommt. Was lange nur im Modellversuch möglich schien, ist endlich auch für den normalen Verbraucher erschwinglich: Europas erstes komplett energieautarkes Haus.
Entwickelt und umgesetzt haben das Haus, das ohne externe Energieversorgung auskommt, die Helma Eigenheimbau AG in Kooperation mit der Sunstrom GmbH. Das Energiespar-Wunder wurde jüngst mit der Plakette des Deutschen Solarpreises 2011 ausgezeichnet, der alljährlich von der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (EUROSOLAR) verliehen wird.
Das erste bezahlbare energieautarke Haus
Die Idee, ein Haus zu bauen, das ohne Anschluss an die öffentliche Energieversorgung auskommt, ist nicht neu. Zu Demonstrations- und Forschungszwecken wurden immer wieder – sei es vom Fraunhofer Institut oder von diversen Baufirmen – Modellhäuser gebaut, die ohne externe Energiezufuhr auskommen sollten. Meist handelte es sich dabei um Millionenprojekte. "Ein energieautarkes Haus ist für den Otto Normalverbraucher nicht bezahlbar", lautete lange Zeit das Urteil der Fachwelt.
Das Helma-Haus beweist nun das Gegenteil. Schon ab einem Preis von 363.000 Euro ist das Massivhaus zu haben, mit dem man im Prinzip auch auf eine einsame Insel auswandern könnte, ohne größere Einschränkungen beim Wohnkomfort in Kauf zu nehmen. Einzig für die Trinkwasserversorgung müsste man noch einen Brunnen ausheben. Die Energie für Strom, Heizung und Warmwasseraufbereitung liefert das Haus selbst.
Heizen im energieautarken Haus
Erreicht wird die Energieautarkie durch eine geschickte Verknüpfung von Solarthermie und Photovoltaik. Das stark gen Süden geneigte Dach ist auf einer Fläche von 46 Quadratmetern mit Sonnenkollektoren bestückt. Die so gewonnene Wärmeenergie kann mittels eines Langzeitspeichers über Wochen und sogar Monate vorgehalten werden und wird für die Heizung und Warmwasseraufbereitung des Hauses genutzt. Bis zu 70 Prozent seines jährlichen Gesamtwärmebedarfs produziert das Haus auf diese Weise selbst. Für den Rest steht ein Holzvergaser mit 25 Kilowatt Leistung zur Verfügung, der sich mit günstigem Stückholz befeuern lässt.
Ganz autark ist man also doch nicht. Sofern dem Hausbesitzer kein eigener Wald zur Verfügung steht, muss er vom Förster oder bei örtlichen Waldbesitzern das Brennholz für den Ofen hinzu kaufen. Zumindest von den großen Versorgern mit ihren ständig neuen Preisrunden macht man sich mit dem energieautarken Haus aber schon unabhängig. Außerdem sind die Kosten für Stückholz so gering, dass sie im Vergleich mit Öl- und Gaspreisen beinahe vernachlässigt werden können.
Bei gemäßigtem Verbrauch unabhängig von Stromversorgern
Die Stromversorgung des energieautarken Hauses übernimmt eine Photovoltaik-Anlage, die auf einer Fläche von 58 Quadratmetern ebenfalls auf dem Dach installiert ist. Der so erzeugte Solarstrom kann für die komplette Versorgung des Haushalts ausreichen. Der voll funktionstüchtige Prototyp des Hauses, der in der Nähe von Hannover steht, produziert beispielsweise knapp 2000 Kilowattstunden Strom pro Jahr.
Ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt in Deutschland verbraucht allerdings etwa 4500 Kilowattstunden pro Jahr. Mit dem Kauf eines neuen Hauses werden häufig aber auch neue, moderne Haushaltsgeräte angeschafft, so dass ein jährlicher Gesamtverbrauch von nur 2000 Kilowattstunden realistisch ist. Denn moderne Hausgeräte verbrauchen nur einen Bruchteil des Stroms wie ihre Vorgänger.
Für die Speicherung überschüssigen Stroms steht ein leistungsfähiger Akku zur Verfügung. Wenn an heißen Sommertagen mehr Strom produziert als verbraucht wird, kann dieser so gespeichert und später genutzt werden – beispielsweise zum Aufladen des Elektromobils in der Garage. Eine Einspeisung ins öffentliche Stromnetz ist nicht vorgesehen.
Hersteller empfiehlt Anschluss ans öffentliche Stromnetz
Auch wenn das Haus eigentlich ohne externe Stromversorgung auskommen soll, empfiehlt der Hersteller den Anschluss ans öffentliche Stromnetz. Grundlage der Berechnungen sei der Prototyp des energieautarken Hauses, der im Musterhauspark im niedersächsischen Lehrte steht, stellt Cornelia Meyer vom Hausanbieter Helma klar. Je nach Standort könne der Energieertrag mehr oder weniger stark von dem des Lehrter Musterhauses abweichen. Zudem könnten sich auch die eigenen Verbrauchsgewohnheiten in Zukunft ändern, so dass ein Anschluss ans öffentliche Stromnetz unbedingt sinnvoll sei.
Das energieautarke Haus selbst erleben
Wer sich das energieautarke Haus einmal selbst anschauen will, der kann den Musterhauspark im niedersächsischen Lehrte besuchen. Dort steht der voll funktionstüchtige Prototyp des energieautarken Fertighauses und kann von Jedermann besichtigt werden. Einen guten Eindruck von Europas erstem energieautarken Haus bietet aber auch schon unsere Foto-Show.