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Nullenergiehaus: Vorteile, Nachteile und Kosten im Überblick


Das Null-Energiekosten-Haus
Fünf Jahre keine Stromrechnung: Utopie oder Realität?

Von t-online, jb

Aktualisiert am 17.07.2024Lesedauer: 4 Min.
imago images 0302843680Vergrößern des BildesEine Solaranlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses: Die PV-Anlage ist ein wichtiger Faktor beim Null-Energiekosten-Haus. (Quelle: IMAGO/imago)

Ein Haus ohne Energiekosten klingt wie ein unerfüllbarer Traum. Doch ein Stromanbieter verspricht genau das. Was steckt dahinter? Und wo ist der Haken?

Ein Eigenheim, das keine Stromkosten verursacht – das klingt unrealistisch und verlockend zugleich. Der Stromanbieter Octopus Energy will dieses Szenario jetzt in die Realität umsetzen. Mit dem Konzept des Null-Energiekosten-Hauses verspricht das Unternehmen seinen Kunden fünf Jahre Wohnen ohne Stromkosten.

Wie genau funktioniert dieses Konzept? Was müssen Interessenten beachten?

So funktioniert das Null-Energiekosten-Haus

Das Konzept des Null-Energiekosten-Hauses ist nicht neu. Es wird in der Branche bereits seit Längerem diskutiert. Meist ist die Umsetzung jedoch mit hohen Investitionen verbunden. Denn damit die Immobilie keine Energiekosten verursacht, muss sie mit einer leistungsstarken Photovoltaik-Anlage, einer effizienten Wärmepumpe und ausreichend Batteriespeichern ausgestattet sein.

All diese Systeme arbeiten dann zusammen, um den Energiebedarf des Hauses zu decken. Überdies muss die Immobilie mit hoch isolierenden Baumaterialien gedämmt und modernster Haustechnik ausgestattet sein, damit auch keine (Heiz-)Energie verloren geht. Dahinter steckt die Idee, dass ein Haus über das Jahr mehr hinweg genauso viel Energie produziert, wie es verbraucht.

Solarenergie als Schlüsselkomponente

Ein entscheidender Faktor, damit die Rechnung aufgeht, ist die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) auf dem Dach. Sie erzeugt den Solarstrom, der entweder direkt verbraucht oder im Solarstromspeicher zwischengespeichert wird. So soll auch an sonnenarmen Tagen genügend Energie zur Verfügung stehen. Sollte der Solarstromspeicher leer sein, kann die Batterie auch aus dem Netz geladen werden. Der Haken: Die PV-Anlage muss sehr leistungsstark sein, der Stromspeicher zudem sehr groß und langlebig.

Eine Wärmepumpe, betrieben durch die Solarenergie, heizt oder kühlt das Haus zudem effizient. Smarte Steuerungssysteme optimieren den Energieverbrauch und gewährleisten, dass die Ressourcen optimal genutzt werden. Wenn nur eines der Systeme Probleme bereitet, geht die Rechnung nicht auf.

Voraussetzungen für das Null-Energiekosten-Haus

Um von dem Angebot des Unternehmens Octopus Energy zu profitieren, müssen Bauwillige folgende Bedingungen erfüllen:

  • Das Haus muss neu gebaut werden.
  • Die Lage des Hauses muss so gewählt werden, dass eine ausreichende Sonnenstrahlung sichergestellt ist.
  • Bestimmte bauliche Standards müssen eingehalten werden (mindestens KfW 50).
  • Die Planung und der Bau erfolgt in Zusammenarbeit mit akkreditierten Baupartnern.
  • Die intelligente Steuerung der technischen Systeme übernimmt Octopus Energy durch ihre eigene Technologieplattform komplett.
  • Der Strombezug erfolgt ausschließlich über Octopus Energy und der Verbrauch wird per Smart Meter an den Anbieter übermittelt

Wie funktioniert das Angebot von Octopus Energy?

Die Hausbauer wenden sich an ein Bauunternehmen, das mit Octopus Energy zusammenarbeitet. Zusammen entwerfen und bauen sie dann das Haus entsprechend den Vorgaben, das Null-Energiekosten-Ziel zu erreichen. Es müssen also eine Wärmepumpe, eine Photovoltaik-Anlage und ein Batteriespeicher vorhanden sein. Auch eine Wallbox für ein E-Auto ist laut Octopus Energy im Konzept möglich.

Alle Kosten übernimmt der Bauherr. Octopus Energy gibt bei dem Zero-Bill-Haus, wie das Null-Energiekosten-Haus-Projekt bei dem Anbieter in Großbritannien heißt, hingegen die Garantie, dass keine Energiekosten für die Hausbewohner anfallen, sofern sich diese an die oben genannten Vorgaben halten. Das erreicht der Energielieferant, indem er mit den Kunden einen Stromvertrag mit einem dynamischen Stromtarif abschließt und zusätzlich über das firmeninterne Steuerungstool (Kraken-Software) den zusätzlichen Strombezug der Hausbewohner aus dem öffentlichen Netz steuert. Alle Vor- und Nachteile zum dynamischen Stromtarif erfahren Sie hier. Durch einen Arbitrage-Handel am Strommarkt belaufen sich die Energiekosten aufs Jahr gerechnet sodann auf null Euro.

Arbitrage

Arbitrage am Strommarkt bezeichnet das gleichzeitige Kaufen und Verkaufen von Strom auf verschiedenen Strommärkten und/oder zu unterschiedlichen Zeiten. Dadurch versuchen Käufer beziehungsweise Verkäufer den größtmöglichen Profit zu erzielen. Händler kaufen Strom zu einem niedrigeren Preis in einem Markt oder zu einer Zeit ein, in der er günstig ist. Dann verkaufen sie ihn wieder zu einem höheren Preis in einem anderen Markt oder zu einer anderen Zeit.

Aktuell existiert nur ein Null-Energiekosten-Haus in Berlin. Es wird in den kommenden Tagen bei Immoscout24 angeboten. Interessenten können sich dann, wie bei einer Immobilie üblich, hierauf bewerben. Allerdings nur als Mieter.

Ist das Projekt erfolgreich, sollen weitere Zero-Bill-Häuser gebaut werden – hier bestimmen allerdings die Bauherren das Aussehen und die Ausstattung entsprechend den Vorgaben. Kataloghäuser sind hierzulande noch nicht geplant, so Octopus Energy.

Das Musterhaus in Berlin ist mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe (5 kW Heizleistung) von Vaillant, einer Wallbox, einer PV-Anlage (23,05 kWp Leistung), einem Batteriespeicher (20,4 kWh) und einer Lüftungsanlage ausgestattet. Das Haus erfüllt den Baustandard Kfw 40+.

Langfristige Vorteile

Auch nach Ablauf der fünf Jahre können Hausbesitzer von dem Konzept profitieren, heißt es seitens Octopus Energy. Denn die installierten Systeme produzieren weiterhin Strom und reduzieren somit den eigenen Energiebedarf. So bleiben die Stromkosten auch nach Projektende weiterhin niedrig.

Gibt es Nachteile?

Ganz energieautark sind Hausbesitzer mit dieser Immobilie trotz modernster Ausstattung und Technik aber dennoch nicht. Spätestens im Winter wird der gespeicherte Solarstrom nicht ausreichen, um die Wärmepumpe mit ausreichend Energie zu versorgen. Die Bezeichnung "Null-Energiekosten-Haus" bezieht sich bei dem Unternehmen nämlich auf die Energiekostenrechnung eines Jahres – sie ist u. a. durch den Arbitrage-Handel möglich. Das erklärt auch, warum Octopus Energy die Stromversorgung und die Steuerung über das Krake-System als Vertragsbedingung aufführt. Die Jahresabrechnung beträgt somit 0 Euro.

Zudem müssen Interessenten beachten, dass die Realisierung des Konzepts in enger Zusammenarbeit mit dem Anbieter erfolgt. Bauwillige sollten vorab davon ausgehen, den einen oder anderen Kompromiss eingehen zu müssen.

Laut Experten beträgt die Lebensdauer eines Batteriespeichers aktuell etwa zehn bis 15 Jahren, die von Solarmodulen liegt bei bis zu 30 Jahren. Die eingesparten Stromkosten sollten daher zurückgelegt und gewinnbringend investiert werden, damit die Technik nach einigen Jahren erneuert werden kann.

Wer selbst ein Null-Energiekosten-Haus umsetzen möchte, sollte hierfür ausreichend Rücklagen haben. Denn das Konzept ist vergleichsweise teuer: Die Kosten für ein solches Haus liegen laut unabhängigen Experten insgesamt bei 2.900 bis 3.200 Euro pro Quadratmeter. Je nach Ausstattung können sie jedoch auch höher sein.

Im Vergleich: Ein Passivhaus kostet etwa 1.200 Euro pro Quadratmeter. Der Preisunterschied bei den Baukosten ergibt sich nicht zuletzt durch die umfangreiche technische Ausstattung. Von Vorteil ist jedoch, dass Bauwillige staatliche Zuschüsse für ihr Null-Energiekosten-Haus erhalten können.

Verwendete Quellen
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