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Scheidenpilz: Die größten Risiken für den Intimbereich


Pille, Sex und Chlorwasser
Scheidenpilz-Experte verrät die größten Risiken für den Intimbereich

Von t-online
Aktualisiert am 20.08.2021Lesedauer: 5 Min.
Eine Frau in UnterwäscheVergrößern des Bildes
Luftdurchlässige Unterwäsche aus Baumwolle trägt zu einem ausgeglichenen Scheidenmilieu bei. (Quelle: vchal/Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Scheidenpilz (Vaginalkandidose) ist die häufigste Erkrankung der Vagina. Fast jede Frau leidet im Laufe ihres Lebens daran. Vor allem wenn das Mikrobiom im Intimbereich geschwächt ist, hat Scheidenpilz leichtes Spiel. So begünstigen unter anderem die Pille, Sex und Chlorwasser eine Infektion.

Rötungen, Brennen, starker Juckreiz und krümeliger Ausfluss weisen auf eine Scheidenpilz-Erkrankung hin. Fast jede Frau leidet ein Mal im Laufe ihres Lebens unter dieser Infektion. Bei etwa neun Prozent werden die Beschwerden chronisch und der Pilz kommt immer wieder.

"Ich habe Patientinnen, die bis zu acht Mal im Jahr mit Scheidenpilz zu kämpfen haben. Das ist eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität", sagt Professor Werner Mendling, Leiter des Deutschen Zentrums für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.

Antibiotika schwächen die Scheidenflora

Schuld an dem Leiden ist in über 90 Prozent der Fälle der Hefepilz Candida albicans, der im Körper ganz natürlich vorkommt. Ist das Immunsystem geschwächt, kann sich der Pilz leicht vermehren. "Die Scheidenpilz-Infektion tritt durch eine individuelle Abwehrschwäche der Frau auf", erklärt der Facharzt für Frauenheilkunde.

"Ihr Körper schafft es nicht, den Pilz in ausreichendem Maße in Schach zu halten. Verschiedene Einflussfaktoren begünstigen diese Abwehrschwäche zusätzlich. Hier ist noch viel Forschungsarbeit notwendig. Nicht alle Zusammenhänge sind abschließend geklärt. Häufig spielen bei einer Pilzinfektion verschiedene Faktoren zusammen."

Scheidenpilz kommt nicht von der Sauna

Laut Mendling, der seit Jahren zum Thema Scheidenpilz forscht, holen Frauen sich den Pilz nicht wie oft befürchtet in Schwimmbädern, öffentlichen Toiletten und Saunen. Er ist bereits in ihrem Körper vorhanden und nimmt dann Überhand, wenn das Abwehrsystem geschwächt ist. Übertriebene Intimhygiene oder gar die Anwendung von Desinfektionssprays bringt dem Experten zufolge nichts. Im Gegenteil: Sie greifen unnötig das empfindliche Mikrobiom an.

Chlorwasser schwächt das Scheidenmilieu

Aber warum haben viele Frauen gerade nach dem Schwimmbad- und Saunabesuch häufig erneut mit Scheidenpilz zu kämpfen? Schuld ist dem Experten zufolge vor allem das im Wasser eingesetzte Chlor. Es stört das Milieu des empfindlichen Scheideneingangs und der körpereigene Pilz kann sich ausbreiten.

Mendling rät, während des Schwimmbadbesuchs als Schutz einen Tampon einzuführen und eine fettende beziehungsweise wasserabweisende Salbe im Intimbereich aufzutragen. So gelangt das Chlor nicht zu sehr an die empfindlichen Schleimhäute. Welche Präparate geeignet sind, erfragen Betroffene am besten bei ihrem Frauenarzt oder in der Apotheke.

Ohne Östrogen kein Scheidenpilz

Im engen Zusammenhang steht Scheidenpilz zudem mit dem Geschlechtshormon Östrogen. Vor allem Frauen zwischen elf und 55 Jahren leiden unter Infektionen, da bei ihnen die Östrogenproduktion auf Hochtouren läuft. "Ohne Östrogen gibt es keinen Scheidenpilz. Daher haben Kinder und alte Frauen damit nicht zu kämpfen", sagt Mendling. In den hormonstarken Jahren finden sich ihm zufolge bei mehr als der Hälfte der Frauen vermehrt Candida albicans in Mund, Magen-Darm- und Intimbereich.

Absetzen der Pille kann Frauen helfen

Kein Wunder also, dass die Einnahme der Pille das Erkrankungsrisiko erhöhen kann. Zwar ist der Östrogengehalt in den Pillen dem Experten zufolge heute sehr gering und macht in den meisten Fällen keine Probleme. Allerdings gebe es Frauen, deren Körper sehr empfindlich auf die Hormone reagiere und bei denen die Pille Scheidenpilz begünstige. So hat es auch die 37-jährige Kerstin erlebt.

Drei Jahre litt sie immer wieder unter Scheidenpilz und hatte irgendwann eine wahre Odyssee an Arztbesuchen hinter sich. Nichts half langfristig, weder die Medikamente noch die Milchsäurekuren und Sitzbäder.

Ihre Verzweiflung wuchs. "Bei jedem Brennen oder Jucken kam ein Gefühl von Scham auf. Eigentlich habe ich bei jedem Gang zur Toilette daran gedacht, dass ich entweder schon wieder einen Pilz habe oder dass ich aufpassen muss, nichts falsch zu machen. Hübsche Unterwäsche, die ich nicht heiß waschen konnte, habe ich in der Zeit nicht getragen. Schwimmen wollte ich nicht, da ich glaubte, damit den Pilz zusätzlich zu befeuern. Da ich auch gehört hatte, dass Zucker das Wachstum des Pilzes begünstigt, bekam ich bei jedem Happen Schokolade ein schlechtes Gewissen", erinnert sie sich.

Die Lösung des Problems kam zufällig. Nach der Trennung von ihrem Partner setzte Kerstin die Pille ab. "Plötzlich hatte sich das Problem erledigt. Ich konnte kaum glauben, dass die Lösung so einfach war. Von den Frauenärzten, bei denen ich war, hatte mir keiner den Tipp mit der Pille gegeben."

Bei wiederkehrendem Scheidenpilz auch an den Partner denken

Frauen, die häufig unter Scheidenpilz leiden, sollten zudem an den Partner denken. Candida albicans wird auch durch Küsse und Sex weitergetragen. Im Speichel, in den Schleimhäuten des Intimbereichs sowie im Sperma ist der Pilz nachweisbar. Wer nach dem Sex immer wieder Probleme hat, solle in Erwägung ziehen, den Partner in die Pilz-Therapie mit einzubeziehen, rät Mendling. Allerdings ist oftmals nicht ein Pilz des Partners schuld. Laut dem Experten kann Sperma den Pilz nicht nur übertragen. Es wirke zudem immunsupressiv, also abwehrschwächend. Je nach Sperma werde das empfindliche Mikrobiom so sehr geschwächt, dass Scheidenpilz erneut einen Nährboden finde.

Kerstin hatte nach dem Geschlechtsverkehr ebenfalls häufig mit der Infektion zu kämpfen. "Meine Beziehung wurde stark beeinträchtigt. Trotz Pille, die ich damals ja noch nahm, mussten wir meistens ein Kondom benutzen. Insgesamt war unser Sexleben sehr unentspannt für mich, weil ich ständig Angst hatte, dass wieder was passieren könnte", erzählt sie und ergänzt:

"Mein armer Ex-Freund musste sich mehrfach mitbehandeln lassen und äußerst unangenehme Untersuchungen an seinem Penis über sich ergehen lassen. Hinzu kam natürlich meine Verzweiflung und mein Gefühl 'unrein' zu sein, was die Beziehung zusätzlich belastet hat."

Antibiotika und Diabetes mellitus schwächen den Intimbereich

Die Einnahme von Antibiotika zählt ebenfalls zu den Risikofaktoren, die eine Scheidenpilz-Infektion begünstigen. Denn Antibiotika bekämpfen neben den krankmachenden Bakterien auch solche, die wichtig für eine gesunde Scheidenflora sind. Diabetes mellitus-Patientinnen leiden ebenfalls häufig unter der Infektion, da der Pilz auf den erhöhten Blutzuckerspiegel reagiert. Zudem schwächt die Erkrankung das Immunsystem.

Scheidenpilz: Was Sie tun können

Um das natürliche Milieu im Intimbereich zu stärken, sollten Seifen und Waschgele tabu sein. Frauenärzte betonen immer wieder, dass die Reinigung mit Wasser völlig ausreichend ist. Luftdurchlässige Unterwäsche aus Baumwolle beugt der Bildung von Feuchtigkeit durch Schwitzen vor und unterstützt ein ausgeglichenes Scheidenmilieu. Es gibt Frauen, denen eine zuckerarme Ernährung geholfen hat. Ein Versuch ist es daher wert – auch wenn Studien einen direkten Zusammenhang bisher nicht belegen konnten.

Frauen, die unter einer trockenen Scheide leiden, können sich von ihrem Gynäkologen beraten und ein spezielles Präparat, beispielsweise mit Milchsäurebakterien, zur Pflege verschreiben lassen. Kommt der Scheidenpilz immer wieder, ist es zudem ratsam, die Anwendung der Pille als möglichen Auslöser in Betracht zu ziehen und auch den Partner untersuchen zu lassen. Und:

"Gehen Sie mit den Beschwerden immer zu einem Facharzt und therapieren Sie nicht mit frei verkäuflichen Produkten selbst an sich herum. Sonst laufen Sie Gefahr, alles nur noch schlimmer zu machen", rät Mendling.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview
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