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Corona-Pandemie: Warum so viel Impfstoff aus Belgien kommt


Das ist der Grund
Corona-Pandemie: Warum so viel Impfstoff aus Belgien kommt

Von dpa
Aktualisiert am 14.02.2021Lesedauer: 3 Min.
LKW von Pharma-Liner im belgischen Puurs: Hier wird der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer produziert.Vergrößern des Bildes
LKW von Pharma-Liner im belgischen Puurs: Hier wird der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer produziert. (Quelle: Jasper Jacobs/BELGA/dpa)

Im Rennen um möglichst viel Corona-Impfstoff steht immer wieder das kleine Belgien im Fokus – auch wenn es mal hakt. In dem Königreich wird ein großer Teil der Vakzine für die EU produziert. Warum?

Der Ort, der maßgeblich zum Sieg über das Coronavirus beitragen soll, wirkt ziemlich trist. Graue Container reihen sich aneinander, in der Nähe raucht ein Schornstein. Doch am Rande des Industriegebiets der belgischen Stadt Seneffe, im Werk des US-Laborausrüsters Thermo Fisher, wird ein entscheidender Bestandteil des Astrazeneca-Impfstoffs gegen Covid-19 hergestellt.

Belgien steht im Rennen um möglichst viel Impfstoff besonders im Fokus. Obwohl das Land nur rund 11,5 Millionen Einwohner hat, spielt es bei der Herstellung und Verteilung der Vakzine eine herausragende Rolle – und gerät besonders ins Blickfeld, wenn es bei der Produktion hakt.

Zwei der drei in der EU zugelassenen Impfstoffe werden hier in großen Teilen hergestellt. Neben Astrazeneca setzt auch der US-Konzern Pfizer auf das Königreich. Und das britische Unternehmen GSK will einen seiner größten Standorte im belgischen Wavre nutzen, um Curevac bei der Impfstoff-Produktion zu unterstützen. Weshalb gerade Belgien?

Über zehn Prozent der Exporte sind Pharmazeutika

Die Pharmaindustrie investiert in Belgien nach offiziellen Angaben jedes Jahr mehr als 1,5 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Das entspricht 40 Prozent aller privaten Forschungsinvestitionen in dem Land – belgischen Behörden zufolge ist das etwa doppelt so viel wie der europäische Durchschnitt. Die Zahl der Forschenden und Beschäftigten in der Branche ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, wie Zahlen des belgischen Pharmaverbandes zeigen. Mehr als zehn Prozent aller belgischen Exporte sind Pharmazeutika.

Knapp eine Autostunde nördlich von Seneffe, im Herzen Flanderns, liegt die Gemeinde Puurs-Sint-Amands. Hier produziert Pfizer nach eigenen Angaben 400 Millionen Impfdosen und injizierbare Medikamente pro Jahr. In dem Werk verarbeitet und veredelt der Biontech-Partner auch den mRNA-Wirkstoff, etikettiert, verpackt und lagert Ampullen und Fläschchen mit dem Covid-19-Impfstoff in besonderen Gefrierschränken. Jüngst war das Werk wegen umbaubedingter Lieferverzögerungen in den Schlagzeilen.

Zentrale Lage in Europa spielt eine Rolle

Die Geschichte von Pfizer in dem kleinen Örtchen reicht zurück bis ins Jahr 1963, als sich das Pharmaunternehmen Upjohn, das später von Pfizer übernommen wurde, in Puurs niederließ. Heute ist das Werk in der 26.000-Einwohner-Gemeinde eines der größten Produktions- und Verpackungsstandorte von Pfizer weltweit. Wie Pfizer auf Anfrage mitteilt, investiert das Unternehmen vor allem aufgrund des technologischen Know-hows der Mitarbeiter und des hohen Niveaus der Forschung in die Region. Auch die zentrale Lage innerhalb Europas spiele eine Rolle.

"In einer halben Stunde sind Sie sowohl am Brüsseler Flughafen als auch im Hafen von Antwerpen", sagt der Bürgermeister der Gemeinde Puurs-Sint-Amands, Koen Van den Heuvel, der dpa. Für den Christdemokraten und Umweltminister Flanderns ist die florierende Pharmaindustrie ein Segen. 5.000 Arbeitsplätze bringen die ansässigen Pharmaunternehmen seiner Gemeinde, allein 3.000 sind es bei Pfizer, 200 weitere Mitarbeiter sollen dem Unternehmen zufolge in Kürze eingestellt werden. "Die Arbeitslosenquote in Puurs ist eine der niedrigsten in der Provinz Antwerpen", sagt Van den Heuvel.

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Stadtpolitiker erfüllen viele Wünsche von Pfizer

Der Politiker macht keinen Hehl aus seinen Beziehungen zur Pharmaindustrie. "Wenn Pfizer um etwas bittet, tut die Stadt ihr Bestes, um es zu erfüllen", sagt er. Dem Unternehmen sei etwa eine Straße verkauft worden, damit es zwei seiner Standorte verbinden konnte. Als es 2013 zwei Windkraftanlagen aufstellen wollte, wurden diese problemlos genehmigt, ebenso wie kürzlich ein klobiger Parkturm. "Gelegentlich werde ich kritisiert, dass wir den Bedürfnissen von Pfizer zu bereitwillig nachgeben. Aber für eine solche Ikone, die so vielen unserer Familien Arbeitsplätze bietet, ist etwas Wohlwollen erlaubt", sagt Van den Heuvel.

Belgien ist seit Jahrzehnten beliebter Standort auch für andere Pharmakonzerne. Mit der Niederlassung von Unternehmen wie Janssen Pharmaceutica, das Teil des amerikanischen Konzerns Johnson und Johnson ist, habe sich seit den 50er Jahren die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Politik und Forschungseinrichtungen intensiviert, erklärt David Gering vom belgischer Pharmaverband. Auch Johnson und Johnson gehört zu den sechs Firmen, die einen Liefervertrag über Corona-Impfstoffe mit der EU haben.

Steuervergünstigungen und sehr gute Infrastruktur

Gering zählt viele Vorteile auf, die Pharmaunternehmen auf belgischem Boden haben: So profitierten Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung investieren, von Steuervergünstigungen. Bei klinischen Studien seien die Wartezeiten bei der Genehmigung von Anträgen deutlich kürzer als andernorts. Mit mehr als 70 Krankenhäusern mit hoch qualifiziertem Personal sei eine sehr gute Infrastruktur gegeben. Und beim Export profitierten die Unternehmen von der zentralen Lage des Landes in Europa und modernen Flughäfen.

Doch geht auch im Pharmaland Belgien bisweilen einiges schief. Sowohl Biontech/Pfizer als auch Astrazeneca kündigten zuletzt überraschend Verzögerungen bei den Lieferungen in die EU-Staaten an, und in beiden Fällen hieß es: Produktionsprobleme in Belgien. Die große Hoffnung, die auf den belgischen Werken ruht, wird mitunter also auch enttäuscht.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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