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Menschen mit Diabetes Typ-1 profitieren von neuen Therapien


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Diabetes Typ 1
Aktiv und lange leben trotz Zuckerkrankheit


Aktualisiert am 09.02.2023Lesedauer: 4 Min.
Spezielle Apps helfen Diabetikern, ihre Blutzuckerwerte zu dokumentieren. Gemessen wird über einen kleinen Sensor, der in der Regel am Bauch oder Oberarm unter der Haut sitzt.Vergrößern des Bildes
Spezielle Apps helfen Diabetikern, ihre Blutzuckerwerte zu dokumentieren. Gemessen wird über einen kleinen Sensor, der in der Regel am Bauch oder Oberarm unter der Haut sitzt. (Quelle: martin-dm / Getty Images)
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Vor über 100 Jahren wurde der erste Patient mit Diabetes Typ-1 mit Insulin behandelt. Zuvor lag die durchschnittliche Überlebenszeit bei nur neun Monaten.

Heute haben Typ-1-Diabetiker bei optimaler medizinischer Versorgung etwa die gleiche Lebenserwartung wie Menschen mit einem gesunden Stoffwechsel. Allein in Deutschland sind etwa 341.000 Erwachsene sowie 32.000 Kinder und Jugendliche an Diabetes Typ-1 erkrankt. Die meisten von ihnen werden täglich, häufig auch lebenslang, mit Insulin behandelt.

Diabetes ist zwar noch nicht heilbar. Doch moderne Technologien im Bereich Insulingabe und Glukosemessung haben dazu beigetragen, dass ein Großteil der Patienten ein weitgehend normales Leben führen kann. Gewisse Einschränkungen im Alltag bleiben dennoch bestehen.

Was ist Typ-1-Diabetes? Bei Diabetes Typ-1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Bestimmte Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die sogenannten Betazellen, bilden das Hormon Insulin. Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes werden diese Zellen vom eigenen Immunsystem angegriffen und mit den Jahren so stark geschädigt, dass sie nur noch sehr wenig oder gar kein Insulin mehr freisetzen. Daher müssen Typ-1-Diabetiker täglich Insulin spritzen. Das schützt sie vor zu starken Schwankungen des Blutzuckerspiegels und Beschwerden durch Unter- und Überzuckerungen.

Von der ersten Insulinspritze zur Insulinpumpe

Die erste Insulinbehandlung eines Diabetes-Typ-1-Patienten in Kanada im Jahr 1922 war ein medizinischer Meilenstein. "Wenn wir bedenken, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Diagnose eines Typ-1-Diabetes gleichbedeutend mit dem sicheren Tod war, kann man ermessen, welche Zäsur die Entdeckung und Etablierung der Insulintherapie in der Medizingeschichte darstellt", sagt Professor Andreas Neu, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DGG).

Weitere Fortschritte in der Therapie folgten kurze Zeit später. 1924 kam die erste Insulinspritze auf den Markt, 1934 das erste Verzögerungsinsulin. Die in den 1950er Jahren übliche Harnzuckerteststreifen wurden in den 1960er Jahren durch Blutzuckermessstreifen ergänzt. 1983 wurden erstmals tierische Insuline durch Humaninsuline ersetzt und im selben Jahr wurde die erste Insulinpumpe vorgestellt.

Die Mehrzahl der Kinder mit Diabetes Typ-1 nutzt Insulinpumpen

"Heute nutzen mehr als 60 Prozent aller Kinder und Jugendlichen eine Insulinpumpe, im Kleinkindalter sind es mehr als 90 Prozent", sagt Neu. Auch der Einsatz moderner Technologien zur Glukosebestimmung nehme rasant zu. Die Kombination von Pumpen und Glukosesensoren zu sogenannten "Hybrid-Closed-Loop"-Systemen seien schon nahe an dem, was die Glukoseregulation bei Gesunden ausmache.

Die Diabetestherapie verlange den jungen Patienten und deren Familien jedoch auch heute viel ab, betont Neu. "Daher ist neben Medikamenten und Technologien eine lebenslange Begleitung durch professionelle Teams für den Behandlungserfolg und eine hohe Lebensqualität notwendig."

Vorteile der kontinuierlichen Glukosemessung

Der Einsatz moderner Technologien zur Blutglukosebestimmung nimmt derzeit rasant zu. "Immer mehr Kinder und Jugendliche verwenden einen Sensor, also eine Form der kontinuierlichen Glukosebestimmung", sagt Neu.

Diese Systeme haben einen großen Vorteil: Sie lassen sich koppeln mit den Insulinpumpen und sorgen für eine automatische Abschaltung der Insulinzufuhr bei zu niedrigen Glukosewerten oder für eine zusätzliche Insulingabe, wenn sie steigen.

Neue Technologien erleichtern das Leben, lösen aber nicht alle Probleme

Mediziner sprechen von sogenannten "Closed-Loop"-Systemen. Neben einer verbesserten Stoffwechselqualität und damit verbesserten Langzeitprognosen tragen diese Systeme vor allem dazu bei, dass die Patienten in ihrem Alltag sehr viel weniger eingeschränkt sind als früher.

Dennoch bleiben den Betroffenen regelmäßige Messungen des Glukosespiegels, Insulingaben zu jeder Mahlzeit und das Abschätzen der Kohlenhydratmengen beim Essen nicht erspart. Auch das Problem einer möglichen Unterzuckerung, vor der sich alle Diabetiker fürchten, kann nicht komplett gelöst werden. Sorgfalt und Disziplin sind daher wichtig, damit es zu keinen Entgleisungen kommt.

Experten kritisieren Lücken in der Patientenversorgung

Neu kritisiert, dass es bei der Versorgung der jungen Typ-1-Diabetiker auf regionaler Ebene noch Lücken gebe. Auch sei die Inklusion in Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen noch unzureichend. Besonders große Schwierigkeiten sieht der Kinderdiabetologe bei Familien mit geringer Gesundheitskompetenz oder Sprachproblemen. Neu fordert daher mehr fachkompetente und zugewandte Betreuung der Patienten im Kindes- und Jugendalter.

Spezialisierte Teams sollten flächendeckend an jeder Kinderklinik etabliert sein und sowohl eine gute Erstversorgung sichern als auch eine kompetente Langzeitbegleitung gewährleisten. Nur so könne es gelingen, aus der Vielzahl verschiedener Therapieformen individuelle Behandlungsstrategien umzusetzen und den Alltag der jungen Patienten so zu gestalten, dass er altersgerecht ist und ein Leben erlaubt, wie es Gleichaltrige ohne Diabetes führen.

Worauf es bei der Ernährung ankommt

Doch nicht nur eine gute medizinische Versorgung ist wichtig. Auch der Lebensstil, den Menschen mit Typ-1-Diabetes praktizieren, ist entscheidend für die Lebensqualität. Dabei spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. Allerdings hat sich auch hier viel verändert. Früher war der Tagesablauf der Patienten sehr viel strenger reglementiert als heute. Zwischen Insulinspritzen, Nahrungsaufnahme und körperlichen Aktivitäten mussten bestimmte Abstände eingehalten werden.

Heute ist die Behandlung sehr viel flexibler geworden. Das gilt auch für die Ernährung. Typ-1-Diabetiker benötigen keine spezielle Diätkost und auch keine Diabetiker-Produkte.

Eine ausgewogene, vollwertige Mischkost mit viel Gemüse, pflanzlichen Fetten, Fisch und maßvollem Fleischkonsum ist in der Regel ausreichend. Obst darf ebenfalls verzehrt werden, aufgrund seines Zuckergehaltes allerdings nur in kleinen Portionen. Bei Lebensmitteln mit hohem Zuckergehalt wie Süßspeisen, Kuchen, Schokolade, Limonaden und Fruchtsäften sollte man ebenfalls vorsichtig sein, da sie die Zuckerwerte schnell in die Höhe treiben.

Bei Brot und Nudeln sollten Typ-1-Diabetiker besser zu Vollkornprodukten greifen. Denn diese enthalten mehr Ballaststoffe als Weißmehlprodukte, lassen den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen und halten länger satt. Wichtig ist außerdem, dass die Betroffenen wissen, wie viele Kohlenhydrate ihre Mahlzeiten enthalten. Denn das hat Auswirkungen auf die Insulingabe.

Sport und Bewegung bei Diabetes Typ 1

Für Menschen mit Diabetes Typ 1 hat Sport viele Vorteile: Einerseits beugt er Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht vor, andererseits hilft regelmäßige Bewegung, den Blutdruck und den Blutzucker zu senken. Egal, für welche Sportart man sich entscheidet, eines ist wichtig:

Die Betroffenen sollten lernen, wie sich die Aktivität auf ihre Zuckerwerte auswirkt. Blutzuckerkontrollen und ein Sporttagebuch, das regelmäßig geführt wird, können dabei hilfreich sein. So lässt sich die Gefahr einer Unterzuckerung beim oder nach dem Training vermeiden.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Leben von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 – Insulintherapie gestern, heute, morgen. Professor Dr. med. Andreas Neu, Präsident der DDG, kommissarischer ärztlicher Direktor an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Tübingen: Vortrag auf der Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetes.de – Deutsche Diabetes-Hilfe, 20.1.2022
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