Kinder besonders gefährdet Die Mandeln als Infektionsherd
Der Hals schmerzt und ist gerötet, das Schlucken fällt schwer - das kann eine Mandelentzündung sein. Normalerweise heilt sie gut aus - aber auf die leichte Schulter nehmen sollten Eltern sie keinesfalls.
Die Zunge weit herausstrecken und dann langgedehnt "A" sagen. Wenn ein Kind über Halsschmerzen klagt, können Eltern auf diese Art einen Blick in seinen Rachen werfen. Sehen sie dabei einen geröteten Rachen und geschwollene Mandeln, womöglich sogar kleine Eiterflecken, sollten sie ihr Kind zum Arzt bringen. Kommen zu diesen Symptomen auch noch Fieber und Abgeschlagenheit hinzu, dann verdichten sich die Anzeichen für eine akute Mandelentzündung.
Oft sind Streptokokken die Erreger
"Am Anfang steht oft eine Virusinfektion, der in vielen Fällen ein Bakterien-Befall folgt", sagt Jochen Windfuhr, Chefarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde am Krankenhaus Maria Hilf in Mönchengladbach. Aber auch unabhängig davon können sich bakterielle Entzündungen entwickeln.
Typische Auslöser sind Streptokokken. Vor allem die chronisch wiederkehrende Tonsillitis wird oft von Bakterien ausgelöst. "Am häufigsten sind Kinder im Alter bis zu fünf Jahren von Mandelentzündungen betroffen", sagt Windfuhr.
Ein Halswickel kann helfen
Eine Mandelentzündung bekommt ein Arzt meist problemlos in den Griff. "Verschrieben werden je nach Beschwerden und Verlauf entweder fieber- und schmerzsenkende Mittel oder auch Antibiotika", sagt Apothekerin Ursula Sellerberg von der Bundesapothekerkammer. Ein Antibiotikum hilft allerdings nur bei einer bakteriellen Erkrankung.
Der Heilpraktiker Rene Gräber aus dem schleswig-holsteinischen Preetz rät, zusätzlich einen kalten Wickel um den Hals zu legen, um die Hitze abzuleiten und Schmerzen zu lindern. Bei einem frösteligen Kind ist ein warmer Wickel eventuell angenehmer.
Um die Halsregion nicht unnötig zu reizen, sollte der kleine Patient nur weiche Nahrung zu sich nehmen. Kinder mögen dann oft kalte und glatte Speisen wie Pudding oder Joghurt. Aber auch warme Suppe kann wohltuend sein.
Wichtig ist, viel zu trinken, damit die Krankheitserreger ausgespült werden. "Am besten nur Wasser oder Kräutertees, da Obstsäfte wegen des Säuregehalts schmerzhaft sein können", erklärt Gräber. Hilfreich kann es auch sein, mit Salbeitee zu gurgeln. Wer nicht gurgeln kann, mag vielleicht einen kleinen Eiswürfel aus Salbeitee lutschen.
Mandelentzündung bloß nicht verschleppen
Eine akute Mandelentzündung heilt in aller Regel ohne Komplikationen in etwa einer Woche aus. Wird die Krankheit jedoch verschleppt, droht eine chronische Mandelentzündung. Da ständig entzündete Mandeln ein Infektionsherd sind, kann dies schwerwiegende Folgeerkrankungen wie etwa Herz- oder Nierenentzündungen nach sich ziehen. Ein vom Arzt verschriebenes Antibiotikum sollten Eltern daher auch genau nach Vorschrift zu Ende geben.
Eine akute Tonsillitis kann sich außerdem auf die Ohren oder Nebenhöhlen ausbreiten oder im schlimmsten Fall zu einer Meningitis führen - eine Bagatelle ist sie also keinesfalls. Ein erkranktes Kind braucht Ruhe und sollte gut beobachtet werden. Da Mandelentzündungen ansteckend sind, sollte Kinder keinesfalls in die Kita oder Schule gehen.
Wann operieren?
Leidet ein Kind immer wieder unter Mandelentzündungen, kann ein operativer Eingriff in Erwägung gezogen werden. "Bei einer Häufigkeit von sechs Mal in einem Jahr ist der Eingriff sicher effektiver als eine alleinige Antibiotikumtherapie", sagt Windfuhr.
Doch die Mandeln müssen nicht unbedingt komplett entfernt werden. Bei Kindern und Jugendlichen sind häufig "riesige Mandeln zu finden, die sich für eine Verkleinerung ideal eignen", erklärt der Facharzt. "Ein eingeschränktes Schlucken und Atmen lässt sich bei derartigen Befunden sofort durch die Operation beseitigen."
Studien haben laut Windfuhr auch einen positiven Effekt der Teilentfernung von Mandeln bei akuten Mandelentzündungen nachweisen können.
Dadurch lassen sich im Vergleich zur Komplettentfernung Schmerzen nach der OP reduzieren. Außerdem kommt es seltener zu Blutungskomplikationen. Diese sind nach einer Komplettentfernung gefürchtet - denn sie können mitunter lebensgefährlich sein, sagt Windfuhr. "Wegen dieses Risikos sind Mandelentfernungen keine Bagatelloperationen, was vielen Menschen so nicht klar ist."
Da Mandelentzündungen ansteckend sind, sollten Familienmitglieder aufs Händewaschen achten und mit dem kleinen Patienten nicht gemeinsam Gläser und Besteck benutzen. Ist der Infekt überstanden, sollte man die Zahnbürste austauschen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.