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Vorhautverengung: Symptome und Behandlung von Phimose


Phimose
Ärzte warnen vor voreiliger Behandlung von Vorhautverengung

t-online, Simone Blaß

Aktualisiert am 25.11.2016Lesedauer: 5 Min.
Phimose: Bei Säuglingen und Kleinkindern ist eine Vorhautverengung völlig normal.Vergrößern des Bildes
Bei Säuglingen und Kleinkindern ist eine Vorhautverengung völlig normal. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Ein Kapitel, das in vielen Babyratgebern zu kurz kommt, ist, wie man den Penis eines kleinen Jungen richtig reinigt. Eltern sind oft unsicher, ziehen die Vorhaut mit Druck zurück und verletzen das Kind. Dabei hat sich die Natur bei der natürlichen Vorhautverengung etwas gedacht. Um Vorhautverengung (Phimose) ranken sich viele Irrtümer.

"Alle Jungs kommen mit einer Vorhaut auf die Welt, die ihre Eichel schützt." Wolfgang Bühmann, Facharzt für Urologie und Pressesprecher des Berufsverbandes der Deutschen Urologen, wehrt sich gegen der Begriff der Vorhautverengung beziehungsweise Phimose, der in diesem Zusammenhang immer wieder verwendet wird.

Denn die allgemein so bezeichnete Vorhautverengung ist, zumindest in den ersten fünf, sechs Lebensjahren, gar keine Vorhautenge. Sie ist ein Schutz vor Viren, Bakterien, Austrocknung, Reibung und Umwelteinflüssen, vor allem vor dem Urin. "Denn der würde, solange das Kind nicht trocken ist, unkontrolliert auf die Eichel laufen und so zu Schmerzen führen."

Auf keinen Fall an der Vorhaut ziehen

Früher war es durchaus üblich, dass Hebammen und Eltern versucht haben, die Vorhaut gewaltsam zurückzuschieben. Doch damit haben sie viel Schaden angerichtet. "Man sollte die Vorhaut völlig in Ruhe lassen und bloß nicht daran herumzerren.

Lediglich zur Reinigung kann man die Vorhaut bis zur Eichel - ohne Widerstand - bewegen. Mehr aber tut dem Kind nur weh. Das Gewebe reißt ein, vernarbt und wird dann in der Folge noch enger", warnt Bühmann. Dadurch kann eine sogenannte sekundäre Phimose entstehen, die dem Jungen Probleme bereitet und möglicherweise operiert werden muss.

Behandlung der Vorhaut frühestens mit sechs Jahren

Dass sich die Vorhaut nicht zurückstreifen lässt, kann bei Jungen bis zum Schulalter als normal angesehen werden. "Zwischen sechs und acht Jahren sollte jedoch eindeutig zu erkennen sein, dass die Vorhaut zunehmend weiter wird", sagt der Berliner Kinderchirurg Bernd Tillig. Er ist Chefarzt und Direktor der Klinik für Kinderchirurgie am Vivantes Klinikum Neukölln.

Der Junge sollte in der Lage sein, die Vorhaut schmerzfrei zurückzuschieben. Erst dann kann man ihn anhalten, sich unter der Dusche entsprechend zu pflegen und die Eichel zu waschen, damit sich keine Absonderungen festsetzen.

Verklebungen lösen sich meistens von selbst

Auch Vorhautverklebungen sind kein Grund zur Sorge, solange das Kind keine Schmerzen hat. "Der größte Teil der Verklebungen löst sich spontan", weiß der Arzt Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. "Meist bewegt sich etwas, wenn die ersten Hormonspitzen festzustellen sind, also so etwa mit neun Jahren." Erst wenn sich bis in die Pubertät hinein nichts verändert hat, müsse eine Behandlung erwogen werden, um dem jungen Mann eine erfüllte Sexualität zu gewährleisten.

Eltern haben das Recht auf eine zweite Meinung

Bei den engmaschigen U-Untersuchungen wirft der Kinderarzt immer auch einen Blick auf Hoden und Penis. Ein medizinischer Rat außer der Reihe ist nur dann notwendig, wenn das Kind Schmerzen hat oder sich Flüssigkeiten oder übelriechende Verklumpungen bilden. Sollte der Arzt sofort zu einer Beschneidung tendieren, rät Wolfgang Bühman, eine zweite Meinung einzuholen.

Bevor man eine Operation, die Beschneidung, in Erwägung zieht, kann unter Umständen eine kortisonhaltige Salbe helfen: Diese Creme wird dann zweimal täglich für vier bis acht Wochen aufgetragen. Etwa ab der dritten Woche können Eltern versuchen, die Vorhaut behutsam zurückzuschieben, um sie zu dehnen. Oft muss die Behandlung nach einer Weile wiederholt werden.

Auch der Chirurg Tillig ist kein Freund von zu schnellem Handeln. "Heute greift man nicht mehr so schnell zum Messer." Die Behandlung mit Salbe zeige bei 70 Prozent der Fälle bereits in den ersten Wochen Erfolg. Wenn doch eine Operation nötig ist, gelte heutzutage: "Es wird nur so viel Haut wie nötig entfernt und so viel wie möglich erhalten. Die komplette Entfernung der Vorhaut sollte die Ausnahme sein."

Entzündungen und Schmerzen als Folge der Phimose

Bei einer Phimose lässt sich die Vorhaut nicht oder nur unter Schmerzen über die Eichel zurückziehen. Die Ursache ist entweder eine zu enge Öffnung der Vorhaut oder eine Verklebung zwischen Eichel und Vorhaut. Bleibt das Problem auch in späteren Jahren bestehen, kann das Schmerzen bei einer Erektion oder beim Geschlechtsverkehr zur Folge haben. Außerdem lässt sich die betroffene Stelle nur schwer waschen, so dass sich leichter Bakterien oder Pilze ansiedeln können. Entzündungen können die Folge sein.

Beschneidung ist nur in wenigen Fällen nötig

Bei weniger als einem Prozent der Kinder ist aber eine Operation nötig. Wenn der Lichen sclerosus, eine chronische Entzündung der Vorhaut, vorliegt, sollte die Beschneidung erfolgen. Auch eine Fehlbildung des Harntraktes mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen oder eine sogenannte Balanitis, bei der die Vorhaut wegen wiederkehrender Entzündungen vernarbt ist, können eine Beschneidung erfordern. "Wenn man aber früh genug eingreift, kann man mit Spülungen und lokaler Behandlung noch viel erreichen", sagt Fegeler.

Beschneidung ist per Gesetz erlaubt

Immer häufiger besteht der Verdacht, dass Beschneidungen in Deutschland ohne medizinische Indikation durchgeführt werden. Dass hinter einer vermeintlichen Phimose, deren Behandlung die Kasse zahlt, in Wirklichkeit also religiöse Gründe stecken. Laut Gesetz sind Beschneidungen aus medizinisch nicht erforderlichen Gründen bei "nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindern" seit 2012 erlaubt.

Bei Jungen unter sechs Monaten darf das auch ein nichtärztlicher Beschneider übernehmen, später aber nur ein Arzt. Die Beschneidung muss als sogenannte Igel-Leistung selbst bezahlt und nach den Regeln ärztlicher Kunst durchgeführt werden.

Das Gesetz ist eine Reaktion auf ein Urteil des Landgerichts Köln, das Beschneidungen aus religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung ansah. Das Gesetz soll einerseits die Religionsfreiheit gewährleisten, andererseits Kinder vor Beschneidung unter unhygienischen Bedingungen schützen.

Kritiker halten Beschneidung von Babys für Körperverletzung

Kinder- und Jugendarzt Fegeler hält die Beschneidung bei Säuglingen oder Kleinkindern aus nichtmedizinischen, also weltanschaulichen oder religiösen Gründen, für Körperverletzung. "Die stark durchblutete Vorhaut erfüllt eine wichtige Funktion. Sie ist ein Schutz, hält die Eichel feucht und ist auch ein Mediator für Empfindungen. Es gibt zunehmend mehr Forschung zu den negativen Folgen einer Beschneidung. Eine einmal erfolgte Beschneidung ist eine lebenslange Last und nicht mehr rückgängig zu machen."

Trotzdem lässt er keinen Zweifel daran, dass er Respekt hat vor religiösen Riten. Er gibt aber im Gespräch mit t-online.de zu bedenken, dass es auch noch andere Wege gibt: "Es gibt inzwischen zum Beispiel jüdische Eltern, die ihre Kinder nur noch symbolisch und nicht in ihrer körperlichen Integrität beschneiden lassen."

Beschneidung ist kein Schutz vor Krankheiten

Für die Sinnhaftigkeit einer prophylaktischen Beschneidung zur Gesundheitsvorsorge gibt es derzeit keinen Rückhalt. "Medizinische Vorteile wurden zwar behauptet, konnten aber nie wissenschaftlich überzeugend bewiesen werden", heißt es in dem Buch "Die Beschneidung von Jungen - ein trauriges Vermächtnis", herausgegeben von Matthias Franz, einem Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Neurologie und Psychiatrie.

Das Kinderkrankheiten-Lexikon bietet einen Überblick über die häufigsten Kinderkrankheiten. In den Artikeln werden Symptome, Behandlung und mögliche Folgen der Kinderkrankheiten erklärt. Eltern erfahren, bei welchen Anzeichen das Kind schnell zum Arzt muss und bei welchen Krankheiten auch Hausmittel helfen können. Sie finden auch die Information, ob und wie lange Kinderkrankheiten ansteckend sind. Manchen Kinderkrankheiten kann man durch Impfung vorbeugen. Einen Überblick über die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen bietet ergänzend unser Impfkalender.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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