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HomeGesundheitKolumne - Ulrike Scheuermann

Einfluss auf Verhalten: Warum der Satz "Das sind die Hormone" so oft stimmt


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Einfluss auf unser Verhalten
Warum der Satz "Das sind die Hormone" so oft stimmt


Aktualisiert am 26.07.2020Lesedauer: 4 Min.
Hormone: Wie groß ist ihr Einfluss auf unsere Gefühle, unsere Gedanken und unser Verhalten?Vergrößern des Bildes
Hormone: Wie groß ist ihr Einfluss auf unsere Gefühle, unsere Gedanken und unser Verhalten? (Quelle: seb_ra/getty-images-bilder)

Manchmal reißen Hormone die Herrschaft über Gefühle, Stimmung und Körper an sich. Wie die kleinen Botenstoffe uns beeinflussen und was das für uns bedeutet.

Neben unseren Genen und den Einflüssen der Umwelt gibt es noch eine Macht, die unser Verhalten und unsere Gefühle wesentlich prägt und sogar unsere Persönlichkeit formt: die Hormone.

Ein Hormon ist ein biochemischer Botenstoff. Spezielle Zellen unseres Körpers schütten diesen Stoff aus, der dann über den Körperkreislauf zu den Organen gelangt, in denen er wirkt. Diese Tatsache und ihre Bedeutung ist uns allerdings im Alltag oft wenig bewusst. Aber je mehr wir darüber wissen, desto leichter ist es, ein hormonelles Unwohlsein zu erkennen und einzuordnen – und nicht nach einer anderen Ursache suchen zu müssen.

Bei Schwangeren heißt es oft: Das sind die Hormone

Aber Hormone haben nicht nur während der Schwangerschaft Einfluss auf die weibliche Psyche. Das Zusammenspiel der Hormone ist komplex. Das sehen wir zum Beispiel bei den Monatsbeschwerden von Frauen in der zweiten Zyklushälfte: Das Prämenstruelle Syndrom (PMS) gehört zu den häufigsten Gesundheitsstörungen von Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter. Rund 75 Prozent bemerken Stimmungsschwankungen. Es kommt unter anderem zu Reizbarkeit und depressiven Symptomen wie Niedergeschlagenheit und Traurigkeit, Minderwertigkeitsgefühlen und Schlafproblemen.

Die Ursachen dafür liegen bei den Geschlechtshormonen wie Gestagen und Östrogen, die die Produktion und Aktivität anderer Hormone und Nervenbotenstoffe beeinflussen. So nimmt zum Beispiel nach dem Eisprung die Serotoninkonzentration im Körper stetig ab und fällt kurz vor der Menstruation rapide in den Keller. Die genauen Auslöser dafür sind noch nicht geklärt, aber sicher ist, dass es nicht nur eine einzige Ursache gibt.

Hormone bei Verliebten

Man braucht die eine Person nur zu sehen und schon hat man Herzklopfen, scheinbar unendliche Kräfte, manche essen kaum noch und leben "von Luft und Liebe". Es klingt unromantisch, doch diese starken Gefühle werden zum großen Teil durch eine hohe Konzentration eines weiteren Hormons, dem Noradrenalin, ausgelöst.

Auch Serotonin und Dopamin sind bei Verliebten hochkonzentriert vorhanden und aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn. Und dabei spielt noch ein Hormon eine Rolle: Oxytocin. Dieses "Bindungshormon" sorgt dafür, dass die Verliebtheit an diese eine Person gebunden ist. Es ist übrigens ebenso am Werk, wenn aus einer Affäre eine festere Liebesbeziehung wird.

Hormone in Beziehungen

Oxytocin beeinflusst zudem, wie gut wir insgesamt in Beziehungen interagieren und wie viel Vertrauen und Empathiefähigkeit wir haben. Oxytocin kann aber auch im Gegenteil dazu führen, dass wir bei Fremden, die nicht zur eigenen sozialen Gruppe gehören, antisozial wirken, es kann uns schadenfroh, neidisch und misstrauisch machen.

Hormone wirken auf unsere Stimmung

Die Hormone, die unsere Stimmung steigen lassen, sind inzwischen bekannt, das sind die sogenannten "Glückshormone" Serotonin und Dopamin. Sie können positive Emotionen bis hin zur Euphorie bewirken und werden durch Sport aktiviert, unter anderem beim Joggen und anderen Ausdauersportarten. Bei einer Depression ist der Serotoninspiegel besonders niedrig. Deshalb ist Sport insgesamt eine bedeutsame Therapie bei depressiven- und Angsterkrankungen. Auch beim Singen werden die Glückshormone ausgeschüttet.

Schlaf wird hormonell beeinflusst

Das Hormon Melatonin reguliert den Tag- und Nacht-Rhythmus des Menschen. Bei dunkleren Lichtverhältnissen lässt es uns müde werden. Wenn es heller wird und Tageslicht einwirkt, geht die Ausschüttung des Hormons zurück und wir sind wach. Man vermutete eine Zeit lang, künstlich hergestelltes Melatonin könne als Schlafmittel funktionieren. Das hilft jedoch nur wenigen Menschen.

Aber wir können mit einfachen Maßnahmen die Melatoninproduktion und damit unsere Schlafqualität positiv beeinflussen: Das gelingt mit tiefer Dunkelheit, am Tag zwei Stunden Tageslicht unter freiem Himmel oder ersatzweise Tageslichttherapielampen, und wenig Licht am Abend, ohne Blauanteil im Farbspektrum. Bei der Benutzung von Handy- und Computerbildschimen, sollte man abends einen "Night-Shift"-Filter aktivieren.

Eine ganzheitliche Sicht

Da weder nur die Hormone noch ausschließlich die Gene noch lediglich die Umwelt unser Verhalten und unsere Beziehungen beeinflussen, sondern sich vielmehr alles gegenseitig beeinflusst und aufeinander wirkt, ist es interessant für Sie, und für meine Arbeit als Psychologin, wie man biologische, psychische und soziale Faktoren zusammenbringt. Dabei geht es um die Wissenschaften der Endokrinologie, die Wissenschaft von den Hormonen, der Psychologie, die Wissenschaft menschlichen Erlebens und Verhalten und der Soziologie, die Wissenschaft des Zusammenlebens von Menschen.

Ein Beispiel für eine ganzheitliche Wirkung: Sport steigert die Serotonin- und Dopaminproduktion und hellt so die Stimmung nachweislich auf. Doch um Sport zu treiben, brauchen wir eine gute Motivation und einen inneren Antrieb. Dieser wiederum könnte gestärkt werden durch eine Verabredung mit einem Freund zum täglichen Joggen, also durch die Vertiefung von Beziehungen.

Ebenso spielt fürs Sport machen auch das Bedürfnis, es sich gut gehen zu lassen, eine große Rolle. Das ist für viele nicht so leicht. Ein verbreiteter Glaubenssatz ist: "Nur, wenn ich mich sehr anstrenge, bin ich etwas wert". Solche einschränkenden Denkmuster können wir uns aber bewusst machen und nach und nach verändern. Ob wir Sport grundsätzlich gerne machen und deshalb langfristig durchhalten, hängt zudem davon ab, wie unsere veranlagte Körperkonstitution ist.

Bei einer positiven Beeinflussung unserer Stimmung durch Sport wirken also biologische, psychologische und soziale Faktoren untrennbar zusammen.

Akzeptieren statt verändern

Inzwischen ist es weit verbreitet, psychologische Ursachen für alles Mögliche als Grund zu nennen und unsere Stimmungslagen zu interpretieren: "Ich bin ständig ängstlich wegen der Corona-Situation – ich müsste mehr Meditationsübungen machen". Viele Menschen neigen dann dazu, allein ihrem eigenen Verhalten die Schuld an ihren Gefühlsreaktionen zuzuschreiben. Dann ist psychische Selbstoptimierung angesagt. Hier kann das Wissen um den Einfluss anderer Faktoren, wie der Hormone uns bei der Erkenntnis helfen, dass wir eben nicht alles selbst in der Hand haben und kontrollieren und beeinflussen können.

Das hormonelle Geschehen ist ein komplexes Zusammenspiel körperlicher und psychischer Vorgänge, das sich daher eher selten durch eine einzelne Selbstoptimierungsmaßnahme ins Gleichgewicht bringen lässt. Das heißt auch, dass wir ein Stück weit mit bestimmten, hormongeprägten Stimmungslagen leben müssen.

Wenn wir verliebt und dabei Euphorie überflutet sind, dann ist das so und das zu akzeptieren fällt uns natürlich leicht. Wenn Frauen in ihrem Zyklus durch eine veränderte Hormonkonzentration schwierige Gefühle und Stimmungen erleben, fällt die Akzeptanz schon schwerer, denn das ist unangenehm für die Frauen selbst und auch für ihre Umgebung. Aber auch hier hilft das Akzeptieren, denn so muss man nicht nach anderen Ursachen suchen und sich womöglich dadurch noch unwohler fühlen.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
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