Kein Risiko eingehen Impfungen bieten sicheren Schutz vor Kinderkrankheiten
Köln (dpa/tmn) - Ist das eine Allergie oder doch Mumps? Viele junge Eltern haben typische Kinderkrankheiten nicht mehr selbst durchgemacht - auch dank wirksamer Impfungen.
Vorbei sind hierzulande die Zeiten, in denen sich Geschwister und Nachbarskinder so lange gegenseitig ansteckten, bis ganze Straßenzüge gegen Windpocken und Co. immun waren.
Kinderkrankheiten im Erwachsenenalter
Viele Eltern informieren sich deshalb vorab im Netz. Das sieht der Kinderarzt Prof. Michael Weiß vom Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße in Köln positiv. Bilder und genaue Beschreibungen helfen, den Krankheitsverdacht einzugrenzen. Den Arztbesuch würde das aber nicht ersetzen. Den Eltern sei es wichtig, "jemanden zu fragen, der das schon einmal gesehen hat", so der Mediziner.
Denn Kinderkrankheiten sind handfeste Infektionen, meist von Viren oder Bakterien ausgelöst. Bevor es wirksame Impfstoffe gab, war die Ansteckungsgefahr im Alltag so hoch, dass dies schon im frühen Kindesalter geschah. War die Infektion überstanden, blieb meist ein lebenslanger Immunschutz bestehen.
Doch mittlerweile zeigen Daten, die an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermittelt werden, dass anteilig mehr Masernfälle bei Teenagern und Erwachsenen gemeldet werden. In Deutschland gibt es jedoch derzeit kein einheitliches System zur Erhebung von Impfdaten . Diese werden laut RKI überwiegend dezentral und regional gesammelt.
Impfmüdigkeit
Die Gründe für die steigende Zahl von Betroffenen sind vielfältig: Manchmal steckt dahinter einfach Nachlässigkeit, die Prof. Philippe Stock vom Altonaer Kinderkrankenhaus in Hamburg als zunehmende Impfmüdigkeit bei Erwachsenen und Senioren bezeichnet. Deshalb verlaufen die Infektionskrankheiten in dieser Patientengruppe stärker als bei Kindern, oft mit zusätzlichen Komplikationen. "Wir haben nur zum Teil verstanden, warum das so ist", sagt der Mediziner.
Nicht immer ist die Diagnose sofort klar. Erkrankte Erwachsene können so die Infektion weitertragen und ungeimpfte Säuglinge sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährden. Eine Impfpflicht, wie sie das Bundeskabinett im Juli 2019 gegen Masern beschlossen hat, gilt dennoch als umstritten, zumal sie das Vertrauen der Eltern nicht stärkt.
Aufklärung und nachträglicher Schutz
Kinderarzt Weiß setzt beim Impfen grundsätzlich auf stärkere Aufklärung und Erinnerung statt Bußgelder und Ausschluss. Ebenso rät er unbedingt von sogenannten Masern- und Windpockenpartys ab, bei denen bislang gesunde Kinder mit Kinderkrankheiten angesteckt werden. "Bei der unkontrollierten Masernvirus-Verbreitung weiß man dann gar nicht, wer wen ansteckt", sagt der Kölner Kinderarzt. "Es wird quasi ein Giftstoff freigesetzt und verbreitet."
Sei das Kind dennoch erkrankt, könne das für einige Eltern stressig werden, sagt Stock. Schnell muss geklärt werden, welche Familienmitglieder ausreichend geimpft sind. Auch eine sogenannte postexpositionelle Prophylaxe (PEP) kann nach ärztlicher Absprache beispielsweise beim Verdacht auf Masern gegeben werden. Dieser nachträgliche Schutz soll verhindern, dass die Infektion ausbricht und sich weiter ausbreitet. Hinzu kommt strenge Hygiene im Haushalt, inniges Kuscheln mit dem erkrankten Kind ist tabu.
Den eigenen Impfstatus kennen Kinderkrankheiten können rund zwei, manchmal bis zu drei Wochen andauern, die Ausfallzeiten belasten manche berufstätigen Eltern: "Das Thema Arbeitgeber ist ein ganz zentrales Thema", sagt Stock über seine Beobachtungen in der Klinikpraxis. "Ich weiß, dass Kinder für meine Begriffe häufig ein paar Tage zu früh wieder in Schule oder Kita gegeben werden, als das eigentlich wünschenswert wäre."
Nachhaltig geschützt sind Kinder, aber auch Eltern, Geschwister, Großeltern und Betreuer durch Impfungen. Wer seinen Impfstatus nicht kennt oder den Impfpass verloren hat, kann sich beim Arzt beraten lassen: "Jede Impfung zählt, aber man kann nicht überimpfen", so Kinderarzt Weiß. "Im schlimmsten Fall wirkt die Impfung dann nicht mehr, weil der Impfschutz schon da ist."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.