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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein rätselhafter Patient Was ging da ins Auge?
Ein gerötetes Auge und das Gefühl, einen Fremdkörper darin zu haben, treibt eine 53-Jährige zum Augenarzt. Was der sieht, kann er kaum glauben und schickt die Patientin in die TU München. Selbst die Spezialisten staunen über den seltenen Fund.
Drei Wochen lang hat die Frau eine Menge ausgehalten. Das linke Auge ist gerötet, es tränt, die Schleimhaut ist angeschwollen und ständig hat sie das Gefühl eines störenden Fremdkörpers im Auge. Immer wieder tritt sie vor den Spiegel und sucht nach etwas Sichtbarem, aber sie kann nichts entdecken. Es hilft ihr weder, das Auge zu schließen, zu reiben, noch es in Ruhe zu lassen.
Die 53-Jährige geht zunächst davon aus, dass sie sich eine Bindehautentzündung zugezogen hat. Als aber nach drei Wochen noch immer keine Besserung eintritt, macht sie einen Termin bei einem Augenarzt. Der untersucht die Frau und stellt ihr eine Frage, die zunächst nichts mit ihren Beschwerden zu tun zu haben scheint: Ob sie in letzter Zeit im Ausland gewesen sei. Ja, antwortet die Patientin, vor zehn Monaten sei sie nach Sri Lanka gereist.
Der Augenarzt stutzt. Er hatte bereits einen Verdacht, doch dafür hätte sich die Frau in Afrika aufhalten müssen. Seine Befunde und die Geschichte der Frau passen für ihn nicht zusammen. Er greift zum Telefon und ruft in der Augenklinik der Technischen Universität München an. Weil er nicht weiter weiß, möchte er die Patientin dort untersuchen lassen. "Der niedergelassene Augenarzt sagte, er habe einen Wurm im Auge der Frau gesehen", erinnert sich Ramin Khoramnia, der die Patientin im Notdienst an der Uni-Klinik als Erster untersuchte. "Wir hielten das zunächst alle für sehr unwahrscheinlich."
Zehn Zentimeter passen in ein Auge
Der Wurm Loa loa ist ein Fadenwurm, der Menschen befällt und sich auf seiner Wanderung durch den Körper auch im Auge einnistet, weswegen er auch als Augenwurm bezeichnet wird. Die Parasiten sind in West- und Zentral-Afrika verbreitet und werden dort von Bremsen übertragen. Die Frau aber berichtet weiterhin nur von ihrer Reise nach Sri Lanka.
Als die Patientin in der Klinik eintrifft, fällt dem Ophthalmologen Khoramnia sofort auf, wie stark das linke Auge gerötet ist. Einen Fremdkörper kann er nicht entdecken, wie er und sein Kollege Aharon Wegner im "New England Journal of Medicine" berichten. Er untersucht die Frau mit einer Spaltlampe. Was ihm mit bloßem Auge nicht aufgefallen ist, kann er jetzt eindeutig sehen: Im Auge der Frau bewegt sich tatsächlich ein langer, dünner, gewundener Wurm.
Die Ärzte entscheiden sich dazu, den Wurm operativ zu entfernen. "Wir setzten einen kleinen Schnitt und griffen mit der Pinzette nach dem Wurm", erinnert sich Khoramnia im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Der Parasit ist zehn Zentimeter lang. "Wir konnten ihn glücklicherweise gut greifen und zur weiteren Untersuchung in die Parasitologie schicken", so Khoramnia (für Hartgesottene gibt es hier ein kurzes Video des Parasiten im Auge).
Drei Wochen lang hat die Frau eine Menge ausgehalten. Das linke Auge ist gerötet, es tränt, die Schleimhaut ist angeschwollen und ständig hat sie das Gefühl eines störenden Fremdkörpers im Auge. Immer wieder tritt sie vor den Spiegel und sucht nach etwas Sichtbarem, aber sie kann nichts entdecken. Es hilft ihr weder, das Auge zu schließen, zu reiben, noch es in Ruhe zu lassen.
Die 53-Jährige geht zunächst davon aus, dass sie sich eine Bindehautentzündung zugezogen hat. Als aber nach drei Wochen noch immer keine Besserung eintritt, macht sie einen Termin bei einem Augenarzt. Der untersucht die Frau und stellt ihr eine Frage, die zunächst nichts mit ihren Beschwerden zu tun zu haben scheint: Ob sie in letzter Zeit im Ausland gewesen sei. Ja, antwortet die Patientin, vor zehn Monaten sei sie nach Sri Lanka gereist.
Der Augenarzt stutzt. Er hatte bereits einen Verdacht, doch dafür hätte sich die Frau in Afrika aufhalten müssen. Seine Befunde und die Geschichte der Frau passen für ihn nicht zusammen. Er greift zum Telefon und ruft in der Augenklinik der Technischen Universität München an. Weil er nicht weiter weiß, möchte er die Patientin dort untersuchen lassen. "Der niedergelassene Augenarzt sagte, er habe einen Wurm im Auge der Frau gesehen", erinnert sich Ramin Khoramnia, der die Patientin im Notdienst an der Uni-Klinik als Erster untersuchte. "Wir hielten das zunächst alle für sehr unwahrscheinlich."
Zehn Zentimeter passen in ein Auge
Der Wurm Loa loa ist ein Fadenwurm, der Menschen befällt und sich auf seiner Wanderung durch den Körper auch im Auge einnistet, weswegen er auch als Augenwurm bezeichnet wird. Die Parasiten sind in West- und Zentral-Afrika verbreitet und werden dort von Bremsen übertragen. Die Frau aber berichtet weiterhin nur von ihrer Reise nach Sri Lanka.
Als die Patientin in der Klinik eintrifft, fällt dem Ophthalmologen Khoramnia sofort auf, wie stark das linke Auge gerötet ist. Einen Fremdkörper kann er nicht entdecken, wie er und sein Kollege Aharon Wegner im "New England Journal of Medicine" berichten. Er untersucht die Frau mit einer Spaltlampe. Was ihm mit bloßem Auge nicht aufgefallen ist, kann er jetzt eindeutig sehen: Im Auge der Frau bewegt sich tatsächlich ein langer, dünner, gewundener Wurm.
Die Ärzte entscheiden sich dazu, den Wurm operativ zu entfernen. "Wir setzten einen kleinen Schnitt und griffen mit der Pinzette nach dem Wurm", erinnert sich Khoramnia im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Der Parasit ist zehn Zentimeter lang. "Wir konnten ihn glücklicherweise gut greifen und zur weiteren Untersuchung in die Parasitologie schicken", so Khoramnia (für Hartgesottene gibt es hier ein kurzes Video des Parasiten im Auge).
Eine Stechmücke als Überträger
Die Spezialisten liefern kurze Zeit später die Diagnose: Bei dem Parasiten, der sich im Auge der Frau tummelte, handelt es sich um den Fadenwurm Dirofilaria repens. Er wird in Afrika, Südeuropa, aber auch Asien von Stechmücken übertragen. Normalerweise ist der Mensch allerdings nicht sein Wirt, sondern Hunde und andere Fleischfresser - bei der Patientin machte der Wurm offenbar eine Ausnahme. Befällt der Wurm einen Hund, nistet er sich besonders häufig in der Haut ein. Dass sich der Parasit bei der Frau bis ins Auge bewegt hat, ist ebenfalls untypisch.
Nachdem die Patientin und ihre Ärzte nun wissen, was für ein Wurm es war, beraten sich die Mediziner mit dem Tropeninstitut. Die vorherrschende Meinung ist dort: Der Parasit könne sich im Menschen nicht vermehren, eine Behandlung mit Medikamenten, die überall im Körper wirken, sei deswegen nicht notwendig. Die Frau konnte nun beruhigt und geheilt wieder nach Hause gehen.
Doch nachdem ihr mit dem Wurm bereits mehrere Dinge passiert sind, die nach der Lehrbuchmeinung normalerweise nicht geschehen sollten, befürchtet die Patientin weiterhin, dass sich der Wurm vor der Entfernung habe vermehren können. "Daher hat das Tropeninstitut ihr Medikamente gegeben", sagt Khoramnia. "Seitdem ist die Patientin beschwerdefrei."
Eine Stechmücke als Überträger
Die Spezialisten liefern kurze Zeit später die Diagnose: Bei dem Parasiten, der sich im Auge der Frau tummelte, handelt es sich um den Fadenwurm Dirofilaria repens. Er wird in Afrika, Südeuropa, aber auch Asien von Stechmücken übertragen. Normalerweise ist der Mensch allerdings nicht sein Wirt, sondern Hunde und andere Fleischfresser - bei der Patientin machte der Wurm offenbar eine Ausnahme. Befällt der Wurm einen Hund, nistet er sich besonders häufig in der Haut ein. Dass sich der Parasit bei der Frau bis ins Auge bewegt hat, ist ebenfalls untypisch.
Nachdem die Patientin und ihre Ärzte nun wissen, was für ein Wurm es war, beraten sich die Mediziner mit dem Tropeninstitut. Die vorherrschende Meinung ist dort: Der Parasit könne sich im Menschen nicht vermehren, eine Behandlung mit Medikamenten, die überall im Körper wirken, sei deswegen nicht notwendig. Die Frau konnte nun beruhigt und geheilt wieder nach Hause gehen.
Doch nachdem ihr mit dem Wurm bereits mehrere Dinge passiert sind, die nach der Lehrbuchmeinung normalerweise nicht geschehen sollten, befürchtet die Patientin weiterhin, dass sich der Wurm vor der Entfernung habe vermehren können. "Daher hat das Tropeninstitut ihr Medikamente gegeben", sagt Khoramnia. "Seitdem ist die Patientin beschwerdefrei."
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.