Waffe gegen multiresistente Keime Wissenschaftler entdecken neues hochwirksames Antibiotikum
Infektionen fordern weltweit jährlich hunderttausende Todesopfer. Auch in westlichen Ländern mit guter medizinischer Versorgung sind immer mehr Antibiotika immer weniger schlagkräftig. Das liegt daran, dass die Zahl multiresistenter Keime gestiegen ist, gegen die kaum noch ein Antibiotikum wirkt. US-Wissenschaftler haben in Bodenproben eine Stoffgruppe gefunden, die hochwirksam gegen multiresistente Erreger ist.
Eine Infektion mit sogenannten Krankenhauskeimen kann tödlich enden. Es handelt sich dabei um multiresistente Bakterien, gegen die die Mehrheit der Antibiotika nicht mehr wirkt. Für gesunde Menschen stellen sie kein Problem dar, aber abwehrgeschwächte Personen, die sich etwa in Kliniken und Pflegeheimen anstecken, können einer Infektion mit resistenten Erregern erliegen.
Die Zahl der multiresistenten Keime ist mit dem zunehmenden Einsatz von Antibiotika seit den 1960er Jahren erheblich gewachsen. Ein Großteil der vorhandenen Mittel ist gegen sie unwirksam. Es werden deshalb händeringend neue Antibiotika benötigt.
Forscher haben eine natürliche Antibiotikaklasse entdeckt
Ein Forscherteam um Bradley Hover und Professor Dr. Sean Brady von der Rockefeller Universität in New York untermauert den Handlungsbedarf mit Zahlen: "Mangels neuer Therapien werden sich die Sterblichkeitsraten aufgrund nicht behandelbarer Infektionen bis 2050 voraussichtlich mehr als verzehnfachen", schreiben die Autoren im Fachmagazin "Nature Microbiology". Daher forscht das Team seit Jahren im US-amerikanischen Boden nach natürlichen Antibiotikaarten.
Und davon gibt es viele, doch die meisten bleiben "im globalen Mikrobiom verborgen", ihre mögliche Wirksamkeit bleibt unerforscht, erklären die Wissenschaftler. Aus dem simplen Grund, dass sie einfach nicht gefunden werden, um im Labor auf eine mögliche Wirksamkeit hin untersucht zu werden. Denn der Aufwand ist immens. Nach jahrelanger Suche haben die Forscher nun ein Antibiotikum entdeckt und isoliert, das hervorragend wirkt. Dieses konnten sie aus einem Bakterium gewinnen, das seinerseits andere krankmachende Bakterien bekämpft. Es handelt sich um sogenannte Malacidine.
Im Labor wirken die Malacidine sehr gut
In Laborversuchen hat sich gezeigt, dass diese neue Antibiotikafamilie multiresistente Krankheitserreger erfolgreich bekämpft. So zeigten verschiedene Gruppen von Malacidinen ein breites Wirkspektrum gegen Bakterien. Sehr vielversprechend ist die Tatsache, dass die Malacidine das multiresistente Bakterium Staphylococcus aureus im Laborversuch erfolgreich bekämpfen konnten. Staphylokokken führen häufig zu Infektionen der Haut und Schleimhäute. Auch bei Ratten konnte der Keim in einer infizierten Wunde vollständig bekämpft werden. Staphylococcus aureus wird auch als Krankenhauskeim bezeichnet, weil er vermehrt in Kliniken auftritt. Er passt sich immer wieder neuen Bedingungen an, indem er auf natürliche Weise mutiert. So löst der Keim Infektionen aus, die oft schwer in den Griff zu bekommen sind.
Kranke Menschen haben ein geschwächtes Immunsystem, ihr Organismus kann sich nicht mehr so erfolgreich gegen Keime wehren – daher sind multiresistente Erreger für abwehrschwache Klinikpatienten ein besonderes Problem.
Antibiotika schalten Mikroorganismen aus
Antibiotika hemmen das Zellwachstum von Bakterien oder greifen die Zellwände der Mikroorganismen an. Aber je häufiger Antibiotika verabreicht werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich weitere Resistenzen bilden, weil sich die Keime anpassen.
Ob und wann das neue Antibiotikum für die Behandlung von Infektionen bei Menschen eingesetzt werden kann, ist noch unklar. Es ist zudem nur gegen bestimmte Bakterienarten wirksam – die sogenannten gram-positiven. Hoffnung machen die Ergebnisse aber allemal.
Multiresistente Keime
Infektionen mit Bakterien lassen sich in der Regel erfolgreich mit Antibiotika behandeln. Einige Bakterien sind aber widerstandsfähig gegen viele verschiedene Antibiotika. Man spricht von multiresistenten Erregern (MRE), gegen die die meisten Antibiotika nicht wirken. Die gängigsten MRE sind folgende:
- MRSA steht für Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Dies ist eine resistente Bakterienart, die sich in den vergangenen Jahrzehnten stark vermehrt hat. Dieser Bakterientyp ist resistent gegen sämtliche Beta-Lactam-Antibiotika – das sind Antibiotika, die in ihrer Struktur auf Penicillin zurückgehen. Meist sind MRSA-Bakterien gegen weitere Antibiotika resistent und somit multiresistent.
- ESBL steht für Extended-Spectrum-Beta-Lactamasen. Das sind Enzyme, die Beta-Lactam-haltige Antibiotika spalten können. Daher sind sogenannte ESBL-bildende Bakterien gegen diese Antibiotika resistent. Bei gesunden Personen stellen diese Keime keine Gefahr dar. Sie gehören meist zu den natürlichen Darmbewohnern des Menschen. Wenn sie jedoch in eine Wunde gelangen, können sie zu Infektionen führen – insbesondere bei abwehrgeschwächten Personen.
- VRE steht für Vancomycin-resistente Enterokokken. Das sind Bakterien, die mit Streptokokken verwandt sind. Enterokokken sind gegen das Reserveantibiotikum Vancomycin und weitere Antibiotika resistent. Sie lassen sich daher schwer bekämpfen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- eigene Recherchen