Snus, Pouches, Nicopods Ein gefährlicher Trend breitet sich aus
Sie sind bei Jugendlichen, aber auch bei Profisportlern beliebt: sogenannte Pouches, kleine Nikotinbeutel. Was sie so attraktiv und zugleich gefährlich macht.
Immer mehr Jugendliche konsumieren Nikotin, obwohl sie niemals an einer Zigarette ziehen. Sie stecken sich kleine Nikotinbeutel zwischen Oberlippe und Zahnfleisch, oft unbemerkt von Eltern oder Lehrern. Die sogenannten Pouches, Snus und Nicopods sind hierzulande eigentlich verboten, aber sehr leicht zu beschaffen. Experten warnen davor, das von den kleinen Beutelchen ausgehende Gesundheitsrisiko zu unterschätzen.
Was steckt in den Nikotinpouches?
Die weißen Beutelchen enthalten ein Pulver, das aus Nikotinsalzen und Trägerstoffen besteht, und bewirken einen ähnlichen Kick wie Zigaretten. Das Nikotin, ein Nervengift, wird über die Mundschleimhaut aufgenommen. Gekaut oder geschluckt werden dürfen die an Mini-Teebeutel erinnernden Päckchen aus Pflanzenfasern nicht.
Nikotinbeutel auch bei Sportlern beliebt
Auch unter Profifußballern sind Pouches beliebt, weil sie je nach Dosis eine aufputschende oder entspannende Wirkung haben, aber anders als Zigaretten nicht die Lunge schädigen.
Nikotinbeutel in Deutschland verboten?
In der EU sind tabakhaltige Nikotinbeutel weitgehend verboten. Doch es gibt Ausnahmen und Graubereiche. Im Schweden etwa ist der Verkauf von Snus (Variante mit Tabak) legal.
Die tabakfreien Nikotinpouches fallen in Deutschland unter das Lebensmittelrecht. Damit gelten für sie strenge Vorschriften. Hohe Nikotinkonzentrationen sind nicht gestattet. Faktisch sind Pouches als Zigarettenersatz daher ebenfalls verboten. Eine spezielle gesetzliche Regelung gibt es aber hierzulande nicht.
Über das Internet sind die flachen Dosen mit den Beutelchen leicht zu beschaffen. Wegen fehlender Kontrollen seien sie oft sogar in Tabakläden, Kiosken oder Tankstellen erhältlich, kritisieren Suchtberater.
Gesundheitsrisiko: Experten warnen vor Suchtgefahr
"Die Zahl der Raucher ging einige Jahre lang zurück, da überlegt sich die Tabakindustrie andere Wege, ihre Produkte auf den Markt zu bringen", sagt die Suchtmedizinerin Andrea Rabenstein von der Tabakambulanz am Klinikum der Universität München. Die Pouches machten stark abhängig, viele Jugendliche konsumierten parallel weitere Nikotinprodukte wie Tabak- oder E-Zigaretten.
Hinzu kommt: Schon ein Nikotinbeutel kann den Nikotingehalt von drei bis sechs Zigaretten enthalten. Neben der Suchtgefahr besteht deshalb auch die Gefahr einer akuten Vergiftung, die sich durch Übelkeit und Erbrechen sowie Schwindel bis hin zur Ohnmacht äußern kann.
Medizinerin: Aufklärung der Eltern muss besser werden
"Die Aufklärung über neuere Produkte der Tabakindustrie muss sich dringend verbessern", betont Suchtmedizinerin Rabenstein. "Es gibt Erziehungsberechtigte, die ihren Kindern Wasserpfeifen oder Vapes schenken." Vapes sind bunte Einweg-E-Zigaretten. Auch der Konsum von Pouches bleibe oft unbemerkt von Eltern, sagt die Ärztin.
Zudem hätten die Nikotinbeutel ein positives Image, da Profisportler sie konsumierten und sie in sozialen Medien wie TikTok thematisiert würden. Nikotin hat eigentlich einen pfeffrigen, unangenehmen Geschmack. Aromastoffe wie Wassermelone oder Mango machen die Pouches attraktiv – das gleiche Prinzip wie bei den bunten Vapes.
Langzeiteffekt völlig unklar
Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) warnt vor den gesundheitlichen Risiken der Nikotinbeutel für Kinder, Jugendliche und Nichtraucher. Gefährdet sind laut BfR ebenfalls Schwangere und Stillende sowie Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Rauchern trage ein Umstieg auf Nikotinbeutel dagegen zur Schadensminimierung bei. Der Behörde zufolge wurden bereits Vergiftungsfälle registriert, etwa wenn die Beutelchen versehentlich verschluckt wurden. "Die Langzeiteffekte einer Verwendung von Nikotinbeuteln lassen sich aufgrund der wenigen vorliegenden Daten nicht beurteilen", hebt das BfR hervor.
In Pouches seien schon krebserregende Stoffe nachgewiesen worden, sagt Rabenstein. Ihr Appell an die Politik: "Das Werbeverbot für Tabakerzeugnisse und E-Zigaretten müsste auf Internetforen und Social Media ausgeweitet werden." Jede Droge, die in ein jugendliches Gehirn komme, könne sich leicht verfestigen, warnt die Psychiaterin. "Dann besteht die große Gefahr, dass eine lebenslange Sucht bleibt."
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Tabakindustrie für Legalisierung von Pouches
Der Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) setzt sich dagegen für eine Legalisierung der Nikotinbeutel ein, um den Schwarzmarkt einzudämmen. "Wir erwarten von der nächsten Bundesregierung eine gesetzliche Regelung, die den Verkauf von Nikotinpouches im Rahmen des Tabakrechts an Erwachsene erlaubt. Dabei könnten auch ein Höchstgehalt für Nikotin und Regelungen zu Inhaltsstoffen festgelegt werden", sagt der BVTE-Hauptgeschäftsführer Jan Mücke. Generell seien tabakfreie Nikotinbeutel die am wenigsten schädliche Option für den Genuss von Nikotin.
Dem Verband zufolge gab es Ende 2022 mehr als 1.300 Quellen, über die Nikotinbeutel problemlos aus dem Ausland bestellt werden konnten. Einige dieser eingeführten Beutel enthalten dem BVTE zufolge sehr hohe Nikotinkonzentrationen oberhalb eines angemessenen Grenzwertes. "Dies kann für Verbraucherinnen und Verbraucher mitunter mit ernsthaften gesundheitsgefährdenden Folgen verbunden sein", warnt der Verband.
Bundesdrogenbeauftragter hält an Verbot fest
"Rauchen birgt enorme Gesundheitsrisiken, Nikotin macht schnell süchtig und ist ebenfalls verantwortlich für viele Krankheiten", sagt der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert. Es dürfe nicht länger zugelassen werden, "dass die Tabak- und Nikotinindustrie über Werbung und neue Produkte gerade Kinder und Jugendliche zu den Abhängigen von morgen macht".
Nikotinbeutel seien in Deutschland nicht ohne Grund verboten, sagt Blienert. "Sie sind keine gesunden oder unbedenklichen Produkte. Mit ihnen kann man extrem schnell große Mengen Nikotin aufnehmen und sie können sehr schnell abhängig machen." Auf funktionierende Jugendschutzregeln zu vertrauen, wäre nach allen Erfahrungen leider völlig praxisfern. Dies zeige sich aktuell bei den Einweg-E-Zigaretten.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- rauch-frei.info: "Was sind Nikotinbeutel und wie gefährlich sind sie?"
- Nachrichtenagentur dpa