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Bundesweiter Apothekenprotest: Was tun, wenn ich dringend Medikamente brauche?


Personalnot, Mehraufwand, Lieferengpässe
Apotheken deutschlandweit geschlossen – darum geht's

Von dpa, trf

Aktualisiert am 15.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Ein Hinweisschild für den Protesttag der Apotheken am 14. Juni: Tausende Apotheken bleiben geschlossen. Sie kämpfen für mehr Geld und weniger Bürokratie.Vergrößern des Bildes
Ein Hinweisschild für den Protesttag der Apotheken: (Quelle: IMAGO/Wassilis Aswestopoulos)

Tausende Apotheken bleiben am heutigen Mittwoch im ganzen Land geschlossen. Sie kämpfen so für mehr Geld und weniger Bürokratie.

Wer heute Medikamente braucht, muss sich wohl fast überall im Land eine Notapotheke suchen. Denn wegen eines bundesweiten Protesttags bleiben viele Apotheken geschlossen.

Und noch mehr: In Berlin soll gegen 12.00 Uhr ein Protestmarsch vom Potsdamer Platz in Richtung Bundeswirtschaftsministerium starten. Zusätzlich zu den Schließungen planen auch die Landesapothekerverbände und -kammern in vielen Regionen Deutschlands Demonstrationen und andere Aktionen.

Was fordern die Apotheker?

Was die Apotheker so aufbringt ist der, aus ihrer Sicht, von Politik und Krankenkassen betriebene "Sparwahn" bei der Arzneimittelversorgung. "Anstatt die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln über die Apotheken vor Ort zu stabilisieren, wird sie geschwächt", sagte die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening. Sie wies auch auf Lieferengpässe, Personalnot und eine jahrelange Unterfinanzierung der Apotheken hin.

Weil die Bundesregierung in ihren Gesetzesvorhaben immer wieder die Probleme der öffentlichen Apotheken übergehe, destabilisiere sie die Arzneimittelversorgung in Deutschland, so Overwiening. Der Protest soll darauf aufmerksam machen.

Dr. Hans-Peter Hubmann, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), fügt hinzu: "Trotz steigender Kosten und der Inflationsentwicklung haben die Apotheken in den vergangenen zehn Jahren keine Honoraranpassung erhalten. So kann es nicht weitergehen."

Wie wird die Arzneimittelversorgung aufrecht erhalten?

Die Branche fordert unter anderem Honoraranhebungen. Die Zahl der Apotheken fiel zuletzt unter die Marke von 18.000. Ende März gab es bundesweit noch 17.939 Apotheken – das war der niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren. Erfasst werden Hauptapotheken und Filialen, von denen Apotheker bis zu drei betreiben können.

Die Arzneimittelversorgung am Protesttag soll zwar aufrechterhalten bleiben – allerdings nur über die Notdienstapotheken. Dazu kann man zum Beispiel bei Apotheken.de seine Postleitzahl eingeben und Notapotheken in der Nähe finden. Außerdem weisen Schilder an geschlossenen Apotheken auf geöffnete hin.

Wie reagiert die Politik auf den Apotheken-Protest?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Forderungen nach höheren Vergütungen bereits eine Absage erteilt. Er äußerte Verständnis dafür, dass die Apotheken auf Honorarwünsche und andere Probleme hinwiesen. Mangels zusätzlicher Haushaltsmittel und steigender Beiträge für die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) gebe es die Spielräume dafür im Moment aber leider nicht.

Der FDP-Gesundheitspolitiker Lars Lindemann sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wenn der finanzielle Spielraum nicht viel zulässt, dann müssen wir die Rahmenbedingungen ändern." Apotheken bräuchten weniger Bürokratie, maximale Flexibilität und Planungssicherheit. Darauf sollte sich der Minister konzentrieren und mit den Apotheken in den Austausch gehen. Ein pauschales Nein bringe keine Lösung. Klar sei: "Geschlossene Apothekentüren dürfen nicht zum Alltag werden."

Die Forderungen: Die Branche verlangt, eine seit zehn Jahren nicht erhöhte fixe Pauschale von 8,35 Euro pro rezeptpflichtigem Medikament für Beratung auf 12 Euro anzuheben. Sie müsse dann auch regelmäßig an die Kostenentwicklung angepasst werden. Kommen solle eine zusätzliche Pauschale für jede Apotheke, um das Versorgungsangebot in der Fläche als solches abzusichern. Für den Extra-Aufwand bei nicht lieferbaren Medikamenten solle es für jeden Austausch 21 Euro als Zuschlag geben.

Was ist die Kritik am Apothekertest?

Die Sicht der Kassen: Der GKV-Spitzenverband argumentiert, das Honorar steige unaufhörlich, weil Apotheken zusätzlich zur Pauschale für jedes Medikament drei Prozent vom Einkaufspreis erhalten. "Mit jeder Preissteigerung, mit jedem neuen, teureren Medikament steigt auch das Honorar des Apothekers", sagte Sprecher Florian Lanz. So erhielten Apotheken fürs Abgeben eines Standard-Antibiotikums rund 7 Euro pro Packung und für ein Multiple-Sklerose-Mittel 160,71 Euro. Würde der Fixbetrag wie gefordert auf 12 Euro pro Packung erhöht, wären das Mehreinnahmen von 2,2 Milliarden Euro für die Apotheken – ohne, dass für Patientinnen und Patienten irgendetwas besser würde.

Das Netz: Die Zahl der Apotheken in Deutschland schrumpft. Ende März gab es noch 17.939 – das war der niedrigste Stand seit mehr als 40 Jahren. Seit Ende vergangenen Jahres gab es damit bundesweit 129 Apotheken weniger: 17 Neueröffnungen standen 146 Schließungen im ersten Quartal 2023 gegenüber. Erfasst werden jeweils Hauptapotheken und Filialen, von denen Apotheker bis zu drei betreiben können.

Die Lage: Die Beschäftigtenzahl in Apotheken ging nach Branchendaten im vergangenen Jahr leicht auf 159.352 zurück. An Patienten abgegeben wurden 1,4 Milliarden rezeptpflichtige und rezeptfreie Arzneimittel. Der Gesamtumsatz der Apotheken stieg auf knapp 64,9 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn vor Steuern einer durchschnittlichen Apotheke sank demnach auf 162.890 Euro. Für dieses Jahr erwartet der Verband Mehrbelastungen von 10.000 Euro durch höhere Tariflöhne.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • abda.de: "Bundesweiter Apotheken-Protesttag am 14. Juni"
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