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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Intervallfasten und Abnehmen Fastenarzt: "Mit Low Carb sterben Sie früher, aber schlank!"
Die Frage nach der Fastenwirkung ist umstritten. Rheuma, Demenz, Diabetes und Bluthochdruck sollen therapiert werden. Aber auch für Gesunde eignet sich der Verzicht. Der Fastenarzt erklärt die positivsten Effekte.
Uneinigkeit in der Wissenschaft: Forscher aus aller Welt untersuchen, welche Effekte das Heilfasten auf den menschlichen Körper hat. Befürworter sind sich sicher: Die Methode hilft bei Rheuma, Diabetes und Bluthochdruck. Gegner kritisieren die Studien als unzureichend. Prof. Dr. Michalsen erklärt nun, wieso er Patienten dennoch mit dieser Methode erfolgreich therapiert und gibt Tipps, wie Sie mit Intervallfasten leichter abnehmen und Ihrem Körper mit Low Carb auf dauerhaft nichts Gutes tun.
t-online.de: Herr Prof. Dr. Michalsen, wieso wird das Heilfasten von vielen Ärzten kritisch betrachtet?
Prof. Dr. Michalsen: Es gibt zwei Arten von Ärzten: Erstere sind nicht ausreichend belesen. Und letztere wenden ein, dass es noch nicht genügend klinische Studien am Menschen dazu gibt. Ich gehe mit, dass es noch viel mehr Studien geben muss. Aber hinter der Fastenforschung steht keine Industrie, das heißt, dass es zehn bis 20 Jahre dauern kann, bis laufende Studien abgeschlossen werden. Solange kann ich natürlich warten und sagen, dass ich Rheuma mit der Fastenmethode nicht behandeln werde. Aber die Fastenkur ist ungefährlich. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass es nicht hilft. Ginge es jetzt um eine nicht ausreichend lang erforschte Chemotherapie oder eine Arznei, würde auch ich abwarten.
Was konnten Sie durch die Fastenkuren denn bei Ihren Patienten erreichen?
Ich behandle unter anderem Übergewichtige, Rheumapatienten, Bluthochdruckpatienten oder Menschen mit Diabetes. Wir erreichen durch das Fasten eine Gewichtsabnahme, gelinderte Schmerzen und Symptome oder einen gesenkten Blutdruck – und das langfristig.
Prof. Dr. Andreas Michalsen leitet als Chefarzt die Abteilung für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin Wannsee. Er ist Internist, Ernährungsmediziner und Fastenarzt und forscht seit vielen Jahren zur Wirkung des Fastens. Mit seinen Büchern "Mit Ernährung heilen" und "Heilen mit der Kraft der Natur" klärt er über eine gesunde und natürliche Lebensweise auf.
Was ist der positivste Effekt des Heilfastens?
Die langfristigen Verbesserungen halten natürlich nur an, wenn der Patient auch nach dem Fasten einen gesunden Lebensstil fortführt. Sobald alte Muster wie Currywurst, Alkohol oder Zucker wieder zum Alltag werden, verschwinden die positiven Effekte schnell. Viele schaffen das aber. Das heißt, ich sehe im Heilfasten auch einen psychologisch positiven Effekt: Die Selbstwirksamkeit ist höher, denn die Patienten merken, dass es ihnen auch ohne viel Essen gut und sogar besser geht. Es kann ein Startpunkt in ein langfristig gesünderes Leben sein – das ist mit einer der positivsten Effekte.
Wie kann es sein, dass Nahrungsentzug dem Körper guttun soll?
Ich bin ein Freund der evolutionären Sichtweise: Wir Menschen haben heutzutage zu wenig Essenspausen. Evolutionsbedingt waren Pausen aber normal. Darum sollten wir unseren Körper weiterhin artgerecht behandeln und ihm diese Pausen von der Verdauung und Energieanlieferung gönnen. Hinzu kommt, dass sich unsere Gene nur langsam verändern. Nur weil wir seit 50 Jahren viel Fleisch und Zucker essen, heißt das nicht, dass der Körper sofort darauf reagiert und diese Stoffe schnell und gut verstoffwechselt. Irgendwann vielleicht – in 10.000 Jahren – hat er sich daran gewöhnt. Dann esse ich auch jeden Tag Schokotorte.
Was ist dann die beste Ernährungsform?
Sie sollten für Ihre Gesundheit, aber auch um abzunehmen, auf eine gesunde und vor allem vollwertige Ernährung auf möglichst vegetarischer Basis setzen. Wenig gezuckerte oder stark verarbeitete Lebensmittel, wenig Alkohol und wenige Transfette sind wichtig. Am Ende kommen Sie dann bei einer mediterranen oder asiatischen pflanzlichen Kost raus.
Wieso soll man diese Lebensmittel weglassen? Gilt nicht das Prinzip: Wer weniger isst, als er verbraucht, nimmt ab, egal mit welchen Lebensmitteln?
Viele meinen, abnehmen und Gesundheit ist das gleiche. Aber wenn Sie mit einer schlechten Ernährungsweise abnehmen, ist der Gesundheit auf Dauer nicht geholfen. Mikronährstoffe wie Vitamine, Ballaststoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe unterstützen viele Körperfunktionen. Und die Low-Carb-Diät zum Beispiel ist auch nicht die beste Wahl. Ich sage immer: Damit sterben Sie früher, aber schlank. Das Prinzip eine Kalorie ist gleich eine Kalorie wurde mittlerweile überholt. Hormone und Darmbakterien steuern, wie unterschiedlich Energie aus Lebensmitteln, beispielsweise verschiedene Fette aus Chips oder Avocados, verwertet wird. Das ist alles noch in der Forschung und hoch interessant.
Eignet es sich besser, mit einer kalorienreduzierten Ernährung oder mit dem Intervallfasten abzunehmen?
Studien haben gezeigt, dass beides funktioniert. Nur fällt es Menschen schwerer, länger weniger zu essen, als eine längere Essenspause einzulegen. Und das Spannende ist auch, dass Sie beim Intervallfasten Gewicht verlieren, obwohl Sie die gleiche oder nur leicht verringerte Kalorienmenge zu sich nehmen. Außerdem tut diese Pause dem Körper allgemein gut. Ich bin aber davon abgekommen, zwingend die 16:8-Regel zu empfehlen. Auch bei 14:10 funktioniert das Prinzip gut.
Was sollte man beim Intervallfasten noch beachten?
Grundsätzlich sage ich, dass Sie auf Ihr Wohlbefinden hören sollten. Das Frühstück ist die bessere Wahl, als das Abendessen. Aber vielen fällt es schwer, auf das Dinner zu verzichten, da man dort mit der Familie oder Freunden zusammenkommt und entspannt ist. Sie sollten darauf achten, unabhängig wie sie Intervallfasten, die „3+1-Regel“ anzuwenden. Das heißt, drei Stunden vor dem Schlafengehen und in der ersten Stunde nach dem Aufstehen nicht zu essen. Morgens ist das Schlafhormon Melatonin noch sehr hoch, das stört die Verdauung. Aber ob Sie lieber 14 oder 16 Stunden fasten, bleibt Ihnen überlassen. Sie können sich auch steigern und bei 12 Stunden beginnen. Ebenfalls positive Effekte auf den Körper hat es, wenn Sie nach der Pause und noch vor dem ersten Essen zum Sport gehen.
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Der Fastentrend entwickelt sich gerade sehr stark, wenn man einige Jahre zurückblickt…
Das stimmt. Die Ernährungsmedizin hat das Fasten lange abgelehnt. Das war früher noch schlimmer als heute. Bis hierhin war es ein langer Prozess. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat damals davor gewarnt, jetzt gibt sie dem Fasten eine Chance. Ich würde immer einen strengen wissenschaftlichen Fokus setzen und klar sagen, da fehlt noch mehr Forschung. Aber von dem, was wir wissen, ist Fasten positiv und diese Methode ungefährlich. Wenn jemand noch zehn Jahre warten will, kann er das gerne – ich nicht.
Vielen Dank für das Gespräch!
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.