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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Baufinanzierung Hauskauf ohne Eigenkapital: Geht das überhaupt?

Ein Eigenheim ganz ohne Erspartes – das klingt zunächst wie ein Ding der Unmöglichkeit. Doch unter Umständen bieten Banken auch eine Vollfinanzierung an.
Experten sind sich eigentlich einig: Sie sollten beim Hauskauf mindestens so viel Eigenkapital einbringen, dass Sie die sogenannten Kaufnebenkosten damit zahlen können. Doch auch ohne Eigenkapital kann es gelingen, eine Immobilie zu finanzieren. Welche Hürden es dabei gibt und welche Risiken Sie kennen sollten.
Was bedeutet "Hauskauf ohne Eigenkapital"?
In der klassischen Baufinanzierung bringen Käufer einen Teil der Kauf- und Nebenkosten selbst auf – meist rund 20 bis 30 Prozent der Gesamtsumme. Dieses Geld wird als Eigenkapital bezeichnet. Bei einem Hauskauf ohne Eigenkapital – oft auch Vollfinanzierung genannt – verzichtet der Käufer darauf, eigenes Geld einzubringen.
Die Bank finanziert also 100 Prozent des Kaufpreises – oder in manchen Fällen sogar mehr als 100 Prozent, wenn auch Kaufnebenkosten (Maklergebühren, Kosten für Notar und Grundbuchamt sowie Grunderwerbsteuer) übernommen werden sollen. Je nach Bundesland macht dies zwischen neun und zwölf Prozent des Kaufpreises aus. Vereinfachend spricht man von 110-Prozent-Finanzierung.
- Lesen Sie auch: Das zählt alles als Eigenkapital
Wie bekommt man ohne Eigenkapital einen Kredit?
Tatsächlich sind manche Banken bereit, Vollfinanzierungen zu vergeben – allerdings nicht an jeden. Die Voraussetzungen sind hoch:
- Sehr gutes und sicheres Einkommen: Beamte, Angestellte im öffentlichen Dienst oder Personen mit unbefristetem Arbeitsvertrag haben hier die besten Chancen.
- Sehr gute Bonität: Keine negativen Schufa-Einträge, idealerweise ein hoher Schufa-Score.
- Werthaltige Immobilie: Die Bank prüft, ob das Haus im Fall einer Zwangsversteigerung möglichst den kompletten Kreditwert abdecken kann.
- Geringe zusätzliche Schulden: Wer schon hohe Kreditraten für Auto oder Konsumgüter bezahlt, hat schlechtere Karten.
- Hohe monatliche Rückzahlungsfähigkeit: Die Bank rechnet genau, ob sich die Rate langfristig tragen lässt – auch bei steigenden Zinsen.
Tipp: Viele Banken lehnen eine Vollfinanzierung pauschal ab – daher lohnt sich der Gang zu einem unabhängigen Finanzierungsvermittler wie Interhyp, Dr. Klein oder einem freien Finanzberater mit Zugang zu mehreren Kreditinstituten.
Hauskauf ohne Eigenkapital: Vor- und Nachteile
Ein Haus ganz ohne eigene Rücklagen zu kaufen, kann durchaus Vorteile bieten. Zum einen ermöglicht es Ihnen, deutlich früher Eigentümer zu werden, also ohne erst jahrelang Eigenkapital ansparen zu müssen. Wer in einem angespannten Immobilienmarkt schnell zuschlagen will oder befürchtet, dass die Kaufpreise weiter steigen, profitiert von der Möglichkeit, sofort zu handeln.
Auf der anderen Seite ist eine Vollfinanzierung mit Nachteilen verbunden. Da Banken ein höheres Risiko eingehen, verlangen sie in der Regel einen spürbaren Zinsaufschlag. Das bedeutet: Der Kredit verteuert sich enorm.
Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie kaufen ein Haus zum Preis von 300.000 Euro. Die Laufzeit für den Kredit soll 15 Jahre betragen, die Tilgung 3 Prozent. Finanzieren Sie die Immobilie zu 100 Prozent, haben also nur Eigenkapital, um die Kaufnebenkosten zu zahlen, werden dafür 4,12 Prozent Zinsen fällig. Bei einer 90-Prozent-Finanzierung (Kreditsumme 270.000 Euro) sinkt der Zinssatz auf 3,81 Prozent. Zudem fallen die monatlichen Raten des Kredits oft höher aus oder die Laufzeit verlängert sich, was die Gesamtkosten steigert. Im obigen Beispiel wäre die Finanzierung ohne Eigenkapital rund 31.000 Euro teurer.
Ein weiterer Nachteil ist die strengere Kreditprüfung – nur wer über ein sehr gutes und sicheres Einkommen sowie eine ausgezeichnete Bonität verfügt, bekommt überhaupt eine Chance auf eine solche Finanzierung. Nicht zu unterschätzen ist auch die fehlende finanzielle Reserve: Wer keine Rücklagen hat, gerät bei unerwarteten Ausgaben – etwa durch Reparaturen oder Einkommensverluste – schneller in Schwierigkeiten.
Nicht zuletzt besteht das Risiko, dass der Immobilienwert fällt. In solchen Fällen kann es passieren, dass die Kreditschuld höher ist als der aktuelle Marktwert der Immobilie – eine gefährliche Situation, insbesondere bei einem möglichen Verkauf oder einer Anschlussfinanzierung.
Tipps für die Vollfinanzierung
Auch wenn ein Hauskauf ohne Eigenkapital grundsätzlich möglich sein kann, sollten Sie die Finanzierung mit besonderer Sorgfalt planen. Zunächst lohnt es sich, das eigene Kapital realistisch zu prüfen. Denn oft lassen sich zumindest kleinere Beträge für Kaufnebenkosten oder eine Teiltilgung aufbringen. Schon ein geringer Eigenanteil kann die Kreditkonditionen verbessern und das Vertrauen der Bank stärken.
Wer sich für eine Vollfinanzierung entscheidet, sollte Wert auf eine möglichst lange Zinsbindung legen. Da die Kreditsumme hoch ist, schützt eine Laufzeit von 15 Jahren oder mehr vor steigenden Zinsen und schafft Planungssicherheit – auch wenn die längere Laufzeit selbst die Zinsen in der Regel erhöht.
Ebenso wichtig ist eine ausreichend hohe Tilgungsrate. Während bei klassischen Finanzierungen eine Anfangstilgung von einem Prozent üblich ist, empfiehlt sich bei einer Vollfinanzierung eher eine Tilgung von zwei bis drei Prozent pro Jahr, um die Schulden zügig zu reduzieren.
Gut zu wissen
Klassischerweise zahlen Sie bei der Baufinanzierung über viele Jahre hinweg stets die gleiche monatliche Rate – die sogenannte Annuität. Diese Rate setzt sich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen. Tilgung bedeutet, dass Sie Schritt für Schritt Ihre Kreditschulden zurückzahlen. Mit jeder Tilgungsrate sinkt die Restschuld – also der Betrag, den Sie der Bank noch schulden. Die Zinszahlung hingegen ändert nichts an der Höhe Ihres Darlehens. Sie wird nur als Gebühr dafür fällig, dass die Bank Ihnen Geld leiht. Da die Restschuld stetig abnimmt, sinken die Zinskosten aber mit der Zeit und der Tilgungsanteil an der monatlichen Rate steigt entsprechend.
Nicht zu vergessen sind die Kaufnebenkosten – also Grunderwerbsteuer, Kosten für den Notar und das Grundbuchamt und gegebenenfalls Maklerprovision. Diese können bis zu zwölf Prozent des Kaufpreises betragen. Zusätzlich gibt es weitere Kosten, die oft vergessen werden – etwa für Einbauküche, Badmöbel oder Gartengestaltung.
Nicht zuletzt empfiehlt sich eine unabhängige Beratung. Finanzvermittler oder Baufinanzierungsexperten mit Zugriff auf viele Bankangebote können passende Finanzierungsmodelle finden – oft zu besseren Konditionen, als sie eine Hausbank allein bietet.
- interhyp.de: "Baufinanzierung ohne Eigenkapital"
- drklein.de: "Baufinanzierung ohne Eigenkapital"
- verbraucherzentrale.de: "Immobilienfinanzierung: Diese Modelle gibt es – und das sollten Sie beachten"