Nach Rekord im Vormonat Schock für die deutsche Industrie – Auftragslage bricht ein
Entgegen der Erwartung der Experten hat Deutschlands Industrie im August ein sattes Minus bei den Aufträgen eingefahren. Ein Grund dafür ist der Materialmangel. Doch es gibt Hoffnungen.
Nach einem Rekordstand im Juli hat die deutsche Industrie im August einen unerwarteten Auftragseinbruch erlitten. Die Unternehmen sammelten 7,7 Prozent weniger Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.
Das war der größte Rückgang seit April 2020, als die Corona-Krise für eine Nachfrageflaute sorgte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 2,1 Prozent gerechnet.
"Das Ergebnis ist auf den ersten Blick ein Schock, schmerzt auf dem höheren Niveau aber weniger als in normalen Zeiten", sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger. So folgt der Einbruch auf sehr kräftige Anstiege in den Vormonaten Juli (+4,9 Prozent) und Juni (+4,6 Prozent), die auch durch Großaufträge im sonstigen Fahrzeugbau – etwa Flugzeuge, Schiffe und Züge – zustande kamen.
Ferienzeit und Materialmangel sorgen für Dämpfer
Die Betriebsferien der Autobauer, die in den August fielen, dürften ebenfalls zum Minus beigetragen haben. "Das satte Minus zeigt, der Materialmangel bremst auch die Auftragseingänge kräftig ein", nannte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, einen weiteren Grund für das schwache Abschneiden. "Wenn ohnehin klar ist, dass nicht geliefert werden kann, bestellen viele Unternehmen erst gar nicht."
Gemessen am Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie, liegen die Aufträge noch immer um 8,5 Prozent höher. Verglichen mit dem deutlich von der Pandemie beeinträchtigten Vorjahresmonat August 2020 zogen sie sogar um 11,7 Prozent an. "Insgesamt lagen die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe immer noch auf hohem Niveau", betonte das Bundeswirtschaftsministerium deshalb.
Volkswirt: Zukunft der Industrie dennoch "rosig"
Für das schwache Abschneiden sorgte die geringere Auslandsnachfrage. Sie fiel um 9,5 Prozent schwächer aus als im Vormonat. Dabei nahmen die Aufträge aus der Euro-Zone um 1,6 Prozent zu, während die aus dem restlichen Ausland um 15,2 Prozent schrumpften. Die Bestellungen aus dem Inland ließen um 5,2 Prozent nach.
ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski kann dem Einbruch auch eine positive Seite abgewinnen. "Sie bringt eine gewisse Erleichterung für die deutschen Hersteller, die zunehmend unter hohen Auftragsbeständen leiden", sagte er. "Angesichts der immer noch gut gefüllten Auftragsbücher und der niedrigen Lagerbestände dürfte die Zukunft der Industrieproduktion äußerst rosig sein."
Führende Institute haben gerade erst ihre Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr deutlich gesenkt, weil die Industrie zwar auf prallen Auftragsbüchern sitzt, wegen fehlender Vorprodukte wie Mikrochips aber mit der Produktion nicht hinterherkommt. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schraubte deshalb seine Wachstumsprognose von 3,9 auf 2,6 Prozent nach unten.
- Nachrichtenagentur Reuters