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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leserstimmen zum Bahnstreik "Die Forderungen sind zu niedrig"
Überfüllte Züge oder kompletter Stillstand auf dem Arbeitsweg: Der Streik der Lokführer verärgert viele Leserinnen und Leser von t-online. Doch die Unannehmlichkeiten im Alltag sind nicht der Hauptgrund.
Der Bahnstreik betrifft viele Menschen persönlich. Sie kommen nicht wie gewohnt zur Arbeit, können nicht wie gebucht aus dem Urlaub heimkehren oder zum Geburtstag der Oma fahren. Gerade während der aktuell in vielen Bundesländern noch andauernden Ferienzeit ist das Reiseaufkommen hoch.
Wir haben uns daher bei den Leserinnen und Lesern von t-online umgehört, wie sie über den Streik denken. Wir wollten wissen: Überwiegt bei Ihnen das Verständnis für die Streikenden oder eher der Ärger über die Einschränkungen?
Insgesamt haben die wenigsten derer, die sich bei uns gemeldet haben, Verständnis mit dem Arbeitskampf der GDL. Viele halten den Zeitpunkt für falsch, denken, dass man sich zunächst für die Arbeitnehmerbelange in anderen Branchen einsetzen sollte, oder empfinden den Streik als überzogene Machtdemonstration des Gewerkschaftschefs Weselsky.
"Der Gewerkschaftschef wird für einige Corona-Fälle verantwortlich sein"
t-online-Leserin Lis Weyrich: "Wir möchten morgen mit dem Zug nach Borkum reisen. Die Bahntickets haben wir schon vor einiger Zeit gebucht und bezahlt – Sitzplatzreservierungen ebenfalls – und billig sind diese nicht. Wir versuchen, morgen noch eine Stunde früher zu starten und hoffen, dass wir es mit dem Notfahrplan irgendwie nach Emden schaffen. Wahrscheinlich ist die Fähre dann schon weg. Für den Katamaran müssen wir wohl einen Aufpreis zahlen. Das ist ein völliges Chaos und ich denke, es wird viele überfüllte Züge geben. Der Gewerkschaftschef wird für einige Corona-Fälle verantwortlich sein."
"Mir gehen die Machtdemonstrationen des Herrn Weselsky auf den Senkel"
t-online-Leser Burckhard Schilling: "Ich bin kein Betroffener des Lokführerstreiks, trotzdem gehen mir die Machtdemonstrationen des Herrn Weselsky auf den Senkel. Man wird permanent dazu angehalten, das eigene Auto stehen zu lassen und besser ein öffentliches Verkehrsmittel zu nutzen. Solche Streikmaßnahmen stehen dem entgegen. Die Bahn hat Verluste durch Pandemie und Überschwemmungen zu kompensieren. Da braucht es nicht noch einen unsensiblen Gewerkschaftschef, der zusätzlich für massive Behinderungen sorgt. Vielleicht denken die Lokführer auch einmal weiter und machen sich Vorstellungen über ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft. Streiken kann man wirkungsvoll auch zu anderen Zeiten und nicht gerade in Ferienwochen!"
"Die Lokomotivführer sollen mal außerhalb eines Staatskonzerns arbeiten"
t-online-Leser Heinz Meemken: "Ich bin entsetzt über die Dreistigkeit, dass die Mitarbeiter eines der größten Subventionsempfängers in der Geschichte Deutschlands in einer Pandemie einen Streik hinlegen. Es sind gerade so viele Existenzen kaputtgegangen. Die Lokomotivführer sollen mal außerhalb so eines Staatskonzernes arbeiten, damit sie lernen, wie es in der freien Wirtschaft läuft. Ich fordere sofortiges Abschaffen des Bahnmonopols und konsequente Privatisierung zum Wohle des Kunden und der Umwelt! Die uneffektive und teure Arbeitsweise der Deutschen Bahn treibt sehr viele Waren und Personenströme auf die Straße und ist damit einer der größten Umweltsünder der Gesellschaft."
"In der jetzigen Situation fehlt offensichtlich das Gefühl für das Notwendige"
t-online-Leser Thomas Dernehl: "Ich finde es unverschämt, dass eine Gewerkschaft ein ganzes Land quasi in Geiselhaft nehmen kann. Gerade in der jetzigen Situation fehlt offensichtlich das Gefühl für das Notwendige: Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie müssen so gering wie möglich gehalten werden. Einem Betonkopf wie Weselsky fehlt hierfür offensichtlich das Verständnis. Über die Berechtigung der Lohnforderungen möchte ich mir kein Urteil anmaßen."
"Alle reden vom Schutz der Umwelt und dem Verzicht auf Flugreisen"
t-online-Leser Wolfgang Hartmann: "Alle reden vom Schutz der Umwelt und dem Verzicht auf Flugreisen. Es sollen, wo immer möglich, öffentliche Verkehrsmittel gewählt werden. Und was macht die Bahn? Streikt während der Urlaubszeit! So ein Saftladen. Habe dafür überhaupt kein Verständnis. Jedes Jahr dasselbe mit dieser Gewerkschaft!"
"Die Forderungen sind zu niedrig"
t-online-Leser Renner: "Der Streik ist wichtig. Es wird immer Stimmung bei den Bahnreisenden gegen die Streikenden gemacht. Aber wie soll man sonst Forderungen durchsetzen? Die Forderungen sind auch insgesamt zu niedrig. Es sollten sechs bis zwölf Prozent Lohnerhöhung gefordert werden. Dann hat man auch eine gute Basis zum Verhandeln. Wer nur drei Prozent fordert, wird nie drei Prozent bekommen. Es ist auch an der Zeit, keine langfristigen Vereinbarungen mehr zu treffen. Verhandelt werden sollte für zwölf Monate. Dann sieht man sich an, wie sich die Lage entwickelt hat."
"Niemand ersetzt die Kosten, die durch eine Schädigung der Bahnfahrer entstehen"
t-online-Leser Thilo Braun: "Ich habe nicht das geringste Verständnis für das Bestreiken des Personenverkehrs der Bahn. Der Ausfall von Güterzügen tut der Bahn als Unternehmen weh. Wegen verspäteter Lieferungen können Schadenersatzansprüche auf die Bahn zukommen. Hier wäre der Sinn eines Streiks erfüllt.
Im Personenverkehr ist das ganz anders. Kunden im Fernverkehr können ihre Fahrkarten zurückgeben. Aber wie sieht dann die Reise aus? Wer mit der Familie mit der Bahn zum Flughafen fahren wollte, muss dies nun mit dem eigenen Auto oder Mietwagen tun. Da kommen neben den Treibstoffkosten noch Parkhausgebühren und Weiteres dazu. Die Kosten trägt weder die Bahn noch die GDL. Die Pendler fahren mit Monatskarten, die im Voraus bezahlt sind. Sie müssen nun mit dem Auto zum Arbeitsplatz fahren und zusätzlich für Parkgebühren aufkommen.
Niemand ersetzt die Kosten, die durch eine in Kauf genommene Schädigung der Bahnfahrer entstehen. Das deutsche Streikrecht ist hier auf Seiten der Gewerkschaften und das hat der Kunde dann hinzunehmen. All das ist der GDL genau bekannt und sie legen es dennoch darauf an, der Bevölkerung zur Förderung ihrer eigenen Interessen so viel Schaden wie möglich zuzufügen."
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