Nach langem Streit Fernsehsender ProSieben-SAT.1 trennt sich von Vorstandschef
Umbau in der Führungsetage beim ProSieben-SAT.1-Konzern: Der bisherige CEO Max Conze verlässt das Unternehmen mit sofortiger Wirkung. Der Fernsehsender will sich künftig wieder mehr auf sein Kernsegment fokussieren.
Nach monatelangen Führungsquerelen wechselt der Fernsehkonzern ProSieben-SAT.1 seinen Vorstandschef Max Conze aus. Der Manager, der zuletzt zunehmend in die Kritik geraten war, werde das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen, teilte ProSieben-SAT.1 am späten Donnerstagabend in Unterföhring bei München mit. Das habe der Aufsichtsrat beschlossen.
Conze war erst vor knapp zwei Jahren als Nachfolger des umstrittenen Thomas Ebeling vom britischen Staubsaugerhersteller Dyson geholt worden. Nun soll Finanzchef Rainer Beaujean zusätzlich als Vorstandssprecher fungieren. Der Wechsel an der Spitze bringt auch neue Akzente in der Strategie mit sich: Künftig soll wieder das Kerngeschäft mit Fernsehen und Unterhaltung im Mittelpunkt stehen, die Start-up- Beteiligungen will ProSieben-SAT.1 nach und nach verkaufen.
Der Streit in der Führung von ProSiebenSat.1 war vor wenigen Wochen eskaliert, als der stellvertretende Vorstandschef Conrad Albert nach 15 Jahren im Unternehmen wegen kritischer Äußerungen gehen musste. Der Medienpolitik-Experte hatte in einem Interview von einer "Vorstands-Soap-Opera" gesprochen und klar gemacht, dass er seinen noch ein Jahr laufenden Vertrag unter der Ägide von Conze nicht verlängern wolle.
Unterhaltung soll stärker in den Fokus rücken
In Conzes Amtszeit war der Vorstand damit von sechs auf zwei Mitglieder geschrumpft. Der 51-jährige Beaujean war erst im Juli 2019 vom Verpackungskonzern Gerresheimer gekommen. Dort war er vom Finanzvorstand zum Vorstandssprecher aufgestiegen.
Der Vorstand von ProSieben-SAT.1 wird nun wieder aufgestockt. Wolfgang Link, der seit 2009 im Konzern arbeitet und lange das Deutschland-Geschäft leitete, übernimmt das Unterhaltungsressort. Er steht für Formate wie "The Masked Singer" und "The Voice of Germany". Zudem rückt Personalchefin Christine Scheffler ins Führungsgremium auf.
"Dieses Unternehmen hat weit mehr Potenzial als ihm derzeit extern beigemessen wird", sagte Beaujean. "Wir werden uns jetzt unter Führung des neuen Vorstandsteams wieder stärker auf unser Kernsegment Entertainment und auf nachhaltig profitables Geschäft konzentrieren."
Start-up-Beteiligungen sollen enden
Dazu zählen vor allem die Fernsehsender ProSieben, SAT.1, Kabel 1 und Sixx in Deutschland, Österreich und der Schweiz und die Internet-Plattform Joyn. Auch die Produktion von Film- und Fernsehformaten bei den Red Arrow Studios und Studio71 gehöre dazu. Den geplanten Verkauf des Auslandsgeschäfts von Red Arrow hatte Conze erst vor wenigen Wochen wieder abgeblasen.
Die Beteiligungen an Start-ups und anderen Internet-Firmen, die mit Fernsehwerbung auf den eigenen Kanälen hochgepäppelt wurden, sollen dagegen "zu gegebener Zeit veräußert werden. Conze hatte erst vor kurzem dem amerikanischen App-Entwickler Meet Group für 500 Millionen Dollar hinzugekauft und wollte zusammen mit den bestehenden Beteiligungen Parship und ElitePartner einen führenden Anbieter im Online-Dating-Markt schmieden. An der Tochter NuCom, in der die jungen Unternehmen gebündelt sind, ist auch der Finanzinvestor General Atlantic beteiligt.
Für Spekulationen bei ProSieben-SAT.1 gesorgt hatte zuletzt der Einstieg von zwei Investoren: Der italienische Medienriese Mediaset hatte sein Aktienpaket erst kürzlich auf fast 20 Prozent aufgestockt. Ihm schwebt ein europäischer Fernsehkonzern mit ProSieben-SAT.1 vor - eine Idee, gegen die sich Conze immer gesträubt hatte. Finanzchef Marco Giordani hatte ProSieben-SAT.1 zu einem raschen Kurswechsel aufgefordert. Die tschechische Czech Media Invest, hinter der der Milliardär und Metro-Großaktionär Daniel Kretinsky steckt, nutzte den Kursverfall bei ProSieben-SAT.1, um ihren Anteil auf zehn Prozent aufzustocken.
- Nachrichtenagentur Reuters