Umbau der Wirtschaft Saudi-Arabien geht mit Ölkonzern Aramco an die Börse
Saudi-Arabiens staatlicher Ölkonzern Aramco hat nach mehrfacher Verzögerung die Genehmigung für seinen seit langem erwarteten Börsengang erhalten. Aramco könnte andere große Konzerne an der Spitze ablösen.
Saudi-Arabien steuert mit dem weltgrößten Ölkonzern Aramco auf einen der größten Börsengänge aller Zeiten zu. Das Staatsunternehmen erhielt am Sonntag von der nationalen Finanzmarktbehörde CMA grünes Licht für eine Notierung am heimischen Aktienmarkt.
Aramco könnte größter Börsengang der Welt werden
Damit kann ein Teil der Aramco-Aktien künftig an der saudi-arabischen Wertpapierbörse Tadawul gehandelt werden. Saudi-Arabien plant, fünf Prozent des Unternehmens an die Börse zu bringen. Berichten zufolge soll der Deal ein Volumen von rund 100 Milliarden US-Dollar (etwa 85 Milliarden Euro) haben.
Ein konkreter Zeitplan für den bereits seit rund drei Jahren avisierten Sprung auf das Handelsparkett wurde zunächst nicht genannt. Zuletzt hatte der von Saudi-Arabien finanzierte Nachrichtenkanal Al-Arabija unter Berufung auf Insider berichtet, dass der erste Handelstag an der Tadawul-Börse der 11. Dezember sein solle. Vorerst könnten demnach ein bis zwei Prozent der Anteile platziert werden. Im Gespräch sei dabei ein Emissionsvolumen von 20 Milliarden bis 40 Milliarden Dollar. Damit könnte es der bislang größte Börsengang der Welt werden.
Seit 2014 hält der chinesische Internet-Riese Alibaba mit 25 Milliarden Dollar den Spitzenplatz. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman will mit den Einnahmen den Umbau der Wirtschaft vorantreiben und das Königreich weniger abhängig vom Öl- und Gasgeschäft machen.
Aramco könnte Facebook an der Spitze ablösen
Aramco könnte das wertvollste Börsen-Unternehmen der Welt werden. Der Kronprinz hatte ursprünglich eine Marktbewertung von zwei Billionen Dollar angestrebt. In Banken- und Unternehmenskreisen wurde dieses Ziel allerdings als zu ehrgeizig und eine Bewertung von etwa 1,5 Billionen US-Dollar als realistischer bezeichnet. Hintergrund sei, dass sich einige Investoren vor allem aus Europa und den USA im Zuge der wachsenden Klimaschutzbewegung und der erstarkenden Erneuerbaren Energien aus dem Öl- und Gas-Sektor zurückzögen.
Mit einer Börsenbewertung von 1,5 Billionen Dollar läge Aramco aber immer noch deutlich vor den US-Technologieriesen Microsoft und Apple, die auf rund eine Milliarde Dollar kommen. Bei der Ausgabe eines Aktienanteils von einem Prozent könnte Aramco bei dieser Bewertung nach Berechnungen des Datenanbieters Refinitiv mit Einnahmen von rund 15 Milliarden Dollar rechnen und Platz elf unter den weltgrößten Börsengängen einnehmen – direkt hinter Facebook, das 2012 auf 16 Milliarden Dollar kam. Bei der Ausgabe eines Anteils von zwei Prozent würde Aramco den Spitzenplatz einnehmen.
Saudiarabische Bürger bekommen Anspruch auf Bonusaktien
Die saudiarabische Marktaufsicht erklärte, die IPO-Genehmigung gelte für sechs Monate. Aramco kündigte an, dass die Aktienausgabe in zwei Tranchen aufgeteilt werden solle: eine Tranche für institutionelle Investoren - auch aus dem Ausland - und eine Tranche für Einzelinvestoren.
Saudiarabische Bürger hätten Anspruch auf Bonusaktien. Der Anteil, der an den Markt gebracht werden soll, und der Aktienpreis würden nach dem Platzierungsverfahren festgelegt. Der Börsenprospekt mit Informationen für Investoren solle am kommenden Samstag veröffentlicht werden. In den nächsten Tagen solle es aber bereits Vorgespräche mit Investoren geben.
Einzelheiten zum Geschäftsverlauf in diesem Jahr legte der Konzern, der als das profitabelste Unternehmen der Welt gilt, bereits vor. In den ersten neun Monaten lag der Nettogewinn bei 68 Milliarden US-Dollar, der Umsatz bei 244 Milliarden US-Dollar. Zu den Banken, die den Börsengang begleiten, gehören die US-Großbanken Citigroup, Goldman Sachs, JPMorgan, Bank of America, Morgan Stanley, sowie das britische Institut HSBC und Credit Suisse.
Mohammed bin Salman plant Umbau der Wirtschaft
Der Börsengang des Ölgiganten ist zentraler Teil von Bin Salmans großangelegtem Umbau der saudischen Wirtschaft. Der "Vision 2030" genannte Plan verfolgt das Ziel, das islamisch-konservative Land unabhängiger vom Öl zu machen.
So plant bin Salman etwa ein gigantisches Infrastruktur-Projekt zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Akaba, wo sich Unternehmen aus allen möglichen Branchen wie der Energie- und Wasserwirtschaft, der Biotechnologie und der Unterhaltungsbranche ansiedeln sollen.
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Doch der Schritt verzögerte sich immer wieder. Zuletzt gab es zudem noch Sorgen wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Jemen auf saudiarabische Ölanlagen Mitte September, die einen großen Teil der Produktion des Landes zeitweise lahmlegten. Der Konzern versuchte nun erneut Investoren zu beruhigen. Die Angriffe dürften keine wesentlichen Folgen für das Geschäft und die Finanzen des Unternehmens haben, erklärte er.
Ursprünglich sollte der Börsengang schon 2017 erfolgen und war zuletzt für 2020 oder Anfang 2021 in Aussicht gestellt worden.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters