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NRW sucht Erben: Milliarden Euro auf "herrenlosen" Konten auffindbar


Milliardensummen bei Banken
NRW will Erben bei "herrenlosen" Konten unterstützen

dpa, Von Yuriko Wahl-Immel

Aktualisiert am 30.08.2016Lesedauer: 3 Min.
Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), will den Zugriff auf "herrenlose" Konten erleichtern.Vergrößern des Bildes
Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), will den Zugriff auf "herrenlose" Konten erleichtern. (Quelle: dpa-bilder)

Es sind oft beträchtliche Summen, die unbemerkt auf "herrenlosen" Konten liegen. In der Regel handelt es sich um Guthaben eines inzwischen gestorbenen Kontoinhabers, dessen Angehörige oder Erben nichts von dem Geld wissen. Nordrhein-Westfalen bringt das Thema jetzt erneut auf den Tisch.

Bundesweit geht es nach einer aktuellen Hochrechnung aus NRW um rund zwei Milliarden Euro, schätzt Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans. Diesen Schatz will der SPD-Politiker heben - und damit zugleich einen Missstand beheben, wie er sagt. Er kritisiert die Geldinstitute: "Es kann nicht sein, dass Banken Geld bunkern, das ihnen nicht zusteht."

Viele Bundesländer strebten eine Verbesserung an, sagt der Minister. Bislang sei es so: Wenn die Banken keinen Erben "finden oder finden wollen", bleibt das Vermögen dort. "Das Geld gehört aber jemandem. Und der soll es auch kriegen."

Zweifel an der Ehrlichkeit der Banken

Es gebe sogar Konten, bei denen der Eigentümer theoretisch 120 Jahre alt sein müsste. Walter-Borjans meint: "Herrenlose Konten stärken die Kapitalbasis der Banken." Es stelle sich auch die Frage, wie "ehrlich" die Banken mit ihren Kunden umgingen. Sie sollten rechtsfest verpflichtet werden, "alle Mühe darauf zu verwenden, den Anspruchsberechtigten zu ihrem Geld zu verhelfen". Eine zentrale Datenbank könnte helfen.

Bei Banken und Sparkassen stoßen die Änderungswünsche auf Unverständnis: "Die deutsche Kreditwirtschaft sieht keinen Anlass, an der bestehenden und bewährten Praxis hinsichtlich nachrichtenloser Konten etwas zu ändern." Gehe der Kontakt zum Kunden verloren, werde etwa Post als unzustellbar zurückgesandt, stelle jedes Kreditinstitut Nachforschungen an, schildert der Bundesverband deutscher Banken.

Wenn dauerhaft kein Kundenkontakt herstellbar ist, "wird das Vermögen in jedem Fall für den Kunden erhalten". Die Bank sei nicht Eigentümer eines nachrichtenlosen Kontos. Die Politik solle nicht den Eindruck erwecken, der Schutz von Vermögenswerten stehe "in ihrem Belieben".

Erbenermittler tappen teils im Dunkeln

Der Verband Deutscher Erbenermittler hält Verbesserungen dagegen für nötig. Die meisten europäischen Länder hätten längst ein Meldesystem für nachrichtenlose Konten aufgebaut, sagt VDEE-Sprecher Albrecht Basse. Mit einem öffentlich zugänglichen Register könnten potenzielle Erben auch selbst nachforschen. Derzeit sei es Erbenermittlern oder Nachlasspflegern nicht möglich, gesicherte Informationen über den vollen Umfang von Vermögenswerten bei Banken zu erhalten.

Und das Problem werde noch wachsen, glaubt Basse. "Früher ist man beim Haus-Ausräumen der verstorbenen Großeltern noch auf das alte Sparbuch gestoßen. Aber in Zeiten der zunehmenden Online-Konten fällt Kindern und Enkeln bald nicht mehr viel in die Hände." Und: "Mehr Transparenz im Bankenwesen" werde auch zu hohen Mehreinnahmen für den Staat durch die Erbschaftssteuer führen. Das sei positiv.

Erbschaftsteuer oder "Fiskalerbschaft"

Werden Erben ermittelt, können die Bundesländer über die Erbschaftsteuer mitprofitieren. Sind am Ende keine Erben aufspürbar, müsste das Geld laut Gesetz als "Fiskalerbschaft" an die Länder gehen.

Beim NRW-Vorstoß stehe ein Plus für die Staatskasse aber nicht im Mittelpunkt, unterstreicht Walter-Borjans. Seinem Ministerium zufolge ist es allerdings "Tatsache", dass es dort der Allgemeinheit besser dienen könne als bei einer Bank. Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hatte jüngst gefordert, dass der Staat auf Konten und Guthaben Zugriffsmöglichkeiten bekommen solle, wenn es keine Besitzer mehr gebe.

Die Problematik der unbewegten Konten sei seit längerem bekannt und müsse nun forciert angegangen werden, fordert der NRW-Minister. Ein erster Anlauf einer Länder-Arbeitsgruppe ab 2013 hatte nicht zum Erfolg geführt.

"Es wäre eigentlich recht einfach und nicht überbürokratisch zu machen. Einige Lösungsvorschläge liegen bereits auf dem Tisch." Allerdings gebe es auch unter den Bundesländern noch Diskussionen. So sei etwa Hessen mit seinem Finanzplatz Frankfurt "zurückhaltender". Und ohne den Bund gehe es auch nicht. Aber: "Das Bundesfinanzministerium hat entgegen seiner Zusage offenbar bis heute nichts unternommen (...). Das ist banken-, aber nicht bürgerfreundlich", so Walter-Borjans.

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