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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Transrapid Transrapid-Strecke in Deutschland vor dem Aus
Nach der Katastrophe im emsländischen Lathen 2006 stand der Transrapid in Deutschland unter keinem guten Stern mehr. Jetzt ist das Aus der Teststrecke besiegelt. Das deutsche Hightech-Produkt fand nur einmal mit China ein Abnehmerland.
Der fast 32 Kilometer lange Rundkurs im Emsland wird stillgelegt, die Abbauarbeiten sollen in Kürze beginnen. "Die Versuchsanlage wird planmäßig ab Anfang 2012 zurückgebaut", sagt der Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, Matthias Schmoll, auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Die Kosten von voraussichtlich 40 Millionen Euro trägt der Bund. Die Dauer der Arbeiten stehe noch nicht fest.
Verkauf nur in China möglich
Fast 30 Jahre lang drehte das einstige Vorzeigeobjekt deutscher Ingenieurskunst in Lathen seine Runden. Die verschiedenen Modelle legten dabei etwa 800.000 Kilometer zurück. Die Fahrt mit einer spanischen Delegation am 28. November wird als letzte in die Geschichte eingehen. Kommerziell vermarktet werden konnte die Technik nur einmal: Seit 2003 fährt der Transrapid in der chinesischen Metropole Shanghai.
Ein schwerer Unfall mit 23 Toten im September 2006 war der Anfang vom Ende der Versuchsanlage. Damals raste ein Transrapid mit 170 Stundenkilometern in einen auf der Strecke stehenden Werkstattwagen. Seitdem ist es still geworden in Lathen. Wo einst mehr als eine halbe Million Besucher den Temporausch mit Geschwindigkeiten bis zu 450 Stundenkilometer erlebten, waren Touristenfahrten fortan verboten. Das neue Modell "TR 09" fuhr nur noch selten, weil die Kaufinteressenten rar gesät waren.
Pläne für Strecke in München gescheitert
Weitere Hiobsbotschaften folgten: Im März 2008 scheiterte das letzte kommerzielle Projekt in Deutschland. Die geplante Trasse zwischen Hauptbahnhof und Flughafen in München wurde wegen ausufernder Baukosten zu den Akten gelegt. 2011 erklärten die Transrapid-Entwickler Siemens und ThyssenKrupp, dass die Versuchsanlage verzichtbar sei, weil die Technik "Marktreife" erlangt habe.
Kurz darauf stoppte der Bund, der bislang 1,5 Milliarden Euro in den Transrapid investiert hat, seine Zuschüsse für den Testbetrieb. Ende 2011 lief die Betriebsgenehmigung aus. Eine Verlängerung wurde nicht beantragt, wie die Sprecherin des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums, Silke Schaar, auf dapd-Anfrage in Hannover sagt. "Damit ist ein schienengeführter Verkehr nicht mehr erlaubt", fügt Schaar an.
"Ein Armutszeugnis für ganz Deutschland"
Vor Ort wirkt die Transrapid-Strecke mit ihren haushohen Betonpfeilern schon heute wie ein Mahnmal. Viel wird nach dem Abriss nicht davon übrig bleiben. "Das ist ein Armutszeugnis für ganz Deutschland und nicht nachvollziehbar", sagt Lathens Bürgermeister Karl-Heinz Weber (CDU).
Teile der Anlage sollen jedoch erhalten bleiben. Parallel zum Rückbau wird auf dem Gelände ein Kompetenzzentrum für Elektromobilität entstehen. Die Betreibergesellschaft IABG will die berührungsfreie Aufladung von Batterien (Induktion) während der Fahrt weiterentwickeln. Der Bund trägt nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte der Gesamtkosten von vier Millionen Euro. "Damit wird es hoffentlich gelingen, einen Teil der Arbeitsplätze zu sichern", sagt der Landrat des Landkreises Emsland, Reinhard Winter (CDU).
Arbeitsplätze gehen verloren
Wie viele Arbeitsplätze erhalten blieben, bleibt aber unklar. Fast 60 Mitarbeiter hatten Ende November ihre Kündigung erhalten. "Ich befürchte, dass das Nachfolgeprojekt den Arbeitsplatzabbau nur teilweise auffangen kann", sagt Bürgermeister Weber.
Wahrhaben will Weber, der sich selbst als "Transrapid-Gläubigen" bezeichnet, das Ende des Testbetriebs in Lathen trotz allem noch nicht. "Das magnetische Schweben ist die Technologie der Zukunft. Das Thema ist noch nicht durch", sagt der Bürgermeister.