Geld-vorsorge Jeder zweite Rentner lebt von weniger als Hartz IV
Die Gefahr, im Alter zu verarmen, wird in Deutschland offenbar immer größer. Von der gesetzlichen Rente allein können viele Ruheständler hierzulande ihr Leben kaum noch finanzieren. Die jüngste Jahresstatistik der Deutschen Rentenversicherung zeigt: Fast jede zweite Rente betrug im vergangenen Jahr weniger als 700 Euro und lag damit unter Hartz-IV-Niveau, wie die "Bild"-Zeitung berichtet. Hunderttausende Rentner arbeiten als Minijobber auch im Ruhestand weiter.
Drastische Situation bei Neurentnern 2012
48,21 Prozent der Alters- und Erwerbsunfähigkeitsrentner erhielten demnach im Jahr 2012 weniger als die Summe, die Senioren im Schnitt als Grundsicherung im Alter inklusive Miete und Heizung zusteht. Bei den Neurentnern 2012 hätten sogar 54,85 Prozent weniger als 700 Euro bekommen, heißt es in dem Bericht.
Großteil der West-Rentnerinnen betroffen
Besonders hoch sei der Anteil der Renten unter 700 Euro bei Altersrentnerinnen im Westen, hieß es. Dort betrug er rund 73 Prozent. Bei Erwerbsunfähigen, die 2012 in Frührente gegangen sind, lag er zwischen 57,25 Prozent (Männer West) und 69,2 Prozent (Männer Ost).
Experte: Monatsverdienst von etwa 1700 Euro nötig
Schuld an der erschreckenden Situation sind der Zeitung zufolge Niedriglöhne, Zeitverträge sowie Arbeitslosigkeit. Bei den Frauen drücken demnach familienbedingte Unterbrechungen des Jobs die Altersbezüge. Wer 45 Jahre arbeite und im Ruhestand eine Rente über Hartz-IV-Niveau erreichen wolle, müsse monatlich mindestens 1697 Euro verdienen, zitiert das Blatt den Sozialpolitik-Experten Johannes Steffen.
Und das Problem wird sich noch verschärfen: Aufgrund des Altersvermögensergänzungsgesetzes und des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes ist geplant, die Leistungen der Gesetzlichen Rentenversicherung bis 2030 um rund 20 Prozent auf 43 Prozent abzusenken.
Rücknahme der Kürzungen gefordert
Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, forderte indes eine Rücknahme von Rentenkürzungen der vergangenen Jahre. "Die Gefahr, im Alter zu verarmen, steigt immer weiter", sagte Mascher der Zeitung. Um einen weiteren Sinkflug zu verhindern, "muss die Absenkung des Rentenniveaus von derzeit 51 Prozent auf 43 Prozent bis zum Jahr 2030 gestoppt werden", verlangte Mascher weiter.
Senioren jobben weiter
Um finanziell trotzdem über die Runden zu kommen, arbeiten viele Senioren offenbar erst einmal weiter: Im Herbst 2012 zählte die Bundesagentur für Arbeit mehr als 812.000 Minijobber, die älter als 65 Jahre waren, meldet die Chemnitzer "Freie Presse". Mehr als 128.000 von ihnen waren sogar älter als 74. Ende 2003 hatten laut Statistik lediglich 595.433 Senioren einen Minijob, davon 77.081 älter als 74. Dies bedeutet eine Zunahme um 36,4 Prozent.
Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann, die die Statistik angefordert hatte, sieht in den Zahlen einen Beleg für steigende Altersarmut: "Der weitaus überwiegende Teil der älteren Menschen dürfte nicht zum Spaß und Zeitvertreib nach Erreichen des Rentenalters weiter arbeiten, sondern aus purer finanzieller Not", sagte sie der Zeitung.