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Faktor-Zertifikate – Hohe Gewinne dank Hebelwirkung?


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Geldanlage in Derivate
Faktor-Zertifikate locken mit hohen Gewinne – bei großem Risiko


Aktualisiert am 12.03.2021Lesedauer: 6 Min.
Geschäftsleute unterhalten sich (Symbolbild): Mit Faktor-Zertifikaten können Anleger überproportional an der Wertentwicklung von Aktien oder Indizes teilhaben.Vergrößern des Bildes
Geschäftsleute unterhalten sich (Symbolbild): Mit Faktor-Zertifikaten können Anleger überproportional an der Wertentwicklung von Aktien oder Indizes teilhaben. (Quelle: filadendron/getty-images-bilder)

Mit Faktor-Zertifikaten können Sie überdurchschnittlich stark von bestimmten Kursentwicklungen profitieren. Allerdings ist auch das Risiko entsprechend hoch. Wir erklären, wie die Produkte funktionieren.

Anders als viele Sparer denken, kann man an der Börse mit den richtigen Produkten relativ entspannt investieren und sich so langfristig ein Vermögen aufbauen. Doch es gibt auch genau jene Produkte, denen die Finanzmärkte ihren Ruf vom Zocker-Paradies verdanken. Faktor-Zertifikate gehören zu dieser Kategorie.

Doch was genau sind eigentlich Zertifikate? Und was bedeutet der Faktor? Wir zeigen Ihnen, was es mit diesem Produkt für Fortgeschrittene auf sich hat und für wen es sich eignet.

Was sind Faktor-Zertifikate?

Ein Faktor-Zertifikat ist ein Finanzprodukt aus der Gruppe der Derivate. Das bedeutet, dass Sie mit ihm nicht direkt in Aktien, Fonds, Indizes, Rohstoffe und Co. investieren, sondern in ein Produkt, das von diesen sogenannten Basiswerten nur abgeleitet ist.

Ändert sich der Kurs oder der Preis des zugrunde liegenden Basiswerts – also zum Beispiel einer Aktie –, ändert sich auch der Wert des Zertifikats – nach oben wie nach unten. Sie können mit Faktor-Zertifikaten sowohl auf steigende wie auf fallende Kurse setzen. Der Unterschied zu anderen Zertifikaten ist aber: Hier gilt jeden Tag aufs Neue ein bestimmter Faktor, mit dem die Kursentwicklung multipliziert wird.

Sie können mit dieser Geldanlage also überproportional an einem Kursanstieg oder -abstieg verdienen. Das nennt sich auch Hebelwirkung. Doch Vorsicht: Auch Verluste werden mit demselben Faktor multipliziert.

Zusätzliches Risiko besteht darin, dass Zertifikate rechtlich gesehen Schuldverschreibungen sind. Sie gehen also ein Abkommen mit dem Emittenten ein. Das können zum Beispiel Banken wie die Société Générale, Goldman Sachs oder JP Morgan sein. Geht der Emittent des Zertifikats pleite, erleiden Sie sehr wahrscheinlich Totalverlust, weil Zertifikate nicht als Sondervermögen gelten.

Wie funktionieren Faktor-Zertifikate?

Faktor-Zertifikate gehören zu den sogenannten Hebelprodukten oder auch Hebelpapieren. Das heißt, sie ermöglichen überproportionale Gewinne im Vergleich zu den Gewinnen, die möglich wären, wenn Sie beispielsweise direkt in Aktien investieren. Grund dafür ist der namensgebende Faktor, der von 2 bis etwa 15 reichen kann.

  • Nehmen wir an, Sie kaufen ein Faktor-Zertifikat mit dem Faktor 4 auf den deutschen Leitindex Dax. Weil Sie davon ausgehen, dass der Dax noch zulegen wird, entscheiden Sie sich für eine Long-Variante, was nichts anderes bedeutet, als dass Sie mit dem Faktor-Zertifikat auf einen steigenden Kurs setzen.
  • Tritt das ein und der Dax steigt beispielsweise um 1 Prozent, würde Ihr Zertifikat wegen des Faktors 4 um 4 Prozent steigen. Fällt der Dax hingegen um 1 Prozent, fällt auch der Wert Ihres Zertifikats um 4 Prozent.
  • Genau andersherum würde es mit einer Short-Variante des Faktor-Zertifikats laufen. Denn damit setzen Sie auf sinkende Kurse. Fällt also der Dax wieder beispielhaft um 1 Prozent, können Sie sich freuen, denn genau das hatten Sie ja erwartet – Ihr Zertifikat steigt um 4 Prozent im Wert. Steigt der Dax hingegen, würde der Wert Ihres Zertifikats um 4 Prozent fallen.

Für die Long-Variante eines Faktor-Zertifikats wäre das ideale Szenario also, dass der Basiswert (in unserem Beispiel der Dax) kontinuierlich von Tag zu Tag steigt. Ähnlich wie beim Zinseszinseffekt steigt der Wert des Zertifikats exponentiell. Das nennt sich Basiseffekt.

Steht der Dax also bei 12.000 Punkten und steigt in den folgenden fünf Tagen um je 1 Prozent, notiert er bei 12.612 Punkten. Ein Faktor-Zertifikat mit Faktor 4 steigt dagegen auf 14.599,8 Punkte – ein Gewinn von 21,67 Prozent. Vier mal 5,1 Prozent – also vier mal die Steigerung von 12.000 auf 12.612 Punkte – hätten dagegen nur 20,4 Prozent entsprochen.

Ebenso profitieren Sie mit einer Short-Variante des Faktor-Zertifikats bei konstant fallenden Kursen vom Basiseffekt. Allerdings hat dieser noch einen weiteren Vorteil, wenn der Kurs entgegen der Erwartung steigt: Die gehebelten Verluste beziehen sich dann nämlich auf ein niedrigeres Kursniveau und fallen dadurch geringer aus.

Vorsicht bei Seitwärts-Kursen

Aber Achtung: Faktisch ist ein Totalverlust trotzdem möglich – selbst wenn sich der Kurs des Basiswerts nur "seitwärts" entwickelt, sich also über einen längeren Zeitraum kleine Ausschläge nach oben und unten abwechseln.

In der Fachsprache ist dann von einer sogenannten "negativen Seitwärtsrendite" die Rede – nicht gut für Sie als Anleger. Warum das so ist, verdeutlicht folgendes Beispiel:

  • Nehmen wir an, Sie besitzen ein Long-Zertifikat mit Faktor 8, dessen Basiswert von 100 auf 110 Euro steigt. Der Wert des Faktor-Zertifikats erhöht sich dann von 100 auf 180 Euro – ein Plus von 80 Prozent, während der Basiswert nur um 10 Prozent wächst.
  • Fällt der Basiswert am nächsten Tag dann von 110 zurück auf 100 Euro, ist das für ihn ein Minus von 9,1 Prozent. Das achtfache Minus des Faktor-Zertifikats beträgt 72,8 Prozent. Fällt der Kurs von 180 Euro um 72,8 Prozent, ergibt sich ein Wert von 49 Euro – und damit weit weniger als den Ausgangswert von 100 Euro am Vortag.
  • Halten Sie das Faktor-Zertifikat nun 15 Tage bei dieser Seitwärtsentwicklung, büßt es rund 99 Prozent seines Werts ein. Um die Verluste wieder auszugleichen, müsste sich der Kurs täglich stärker steigern. So müsste beispielsweise mit Blick auf die Tage drei und vier der Kurs des Basiswerts nicht um 80 Prozent, sondern um rund 268 Prozent erhöhen, um das Niveau von Tag zwei wieder zu erreichen.

Es ist daher gerade bei hohen Hebeln mathematisch fast unmöglich, Verluste auszusitzen. Als Faustregel kann man sagen, je höher der Hebel, desto wahrscheinlicher geht das Geld langfristig verloren. Sie sollten Faktor-Zertifikate daher nie länger als einen Tag halten.

Gut zu wissen: Faktor-Zertifikate besitzen eine sogenannte Anpassungsschwelle – auch Reset-Barriere genannt. Sie soll den Totalverlust verhindern, indem der Wert des Zertifikats bei heftigen Kurseinbrüchen nicht unter eine festgelegte Grenze sinken kann. Diese liegt aber meist nur kurz vor dem Totalverlust – in der Praxis helfen die Barrieren also oft nur bedingt.

Was sind die Vor- und Nachteile?

Die Chance auf schnelle und hohe Gewinne lässt so manchen Anleger zu Faktor-Zertifikaten greifen. Doch es lauern auch viele Risiken. Eine Übersicht über die Vor- und Nachteile.

Vorteile von Faktor-Zertifikaten:

  • Überproportionale Gewinne, wenn Sie richtig spekuliert haben
  • Basiseffekt lässt Ihre Gewinne exponentiell steigen und begrenzt gleichzeitig Ihre Verluste
  • Anders als bei Knock-out-Zertifikaten bleibt der Hebel von Faktor-Zertifikaten konstant
  • Es gibt keine Knock-out-Schwelle, die beim Unter- oder Überschreiten zum Totalverlust führen kann

Nachteile von Faktor-Zertifikaten:

Für wen eignen sich Faktor-Zertifikate?

Wegen ihrer hohen Risiken sollten Sie nur dann in Faktor-Zertifikate investieren, wenn Sie ihre Funktionsweise komplett verstanden haben, Sie also schon fortgeschrittener Anleger oder Profi sind. Zudem sollten Sie sich bewusst sein, dass Sie damit vor allem kurzfristig zocken statt langfristig Geld anzulegen. Deshalb sollten Sie das Geld dafür auch unbedingt übrig haben – denn es kann schnell weg sein.

Wer hingegen das Ziel hat, langfristig ein Vermögen aufzubauen, sollte zu anderen Finanzprodukten greifen. Gut geeignet dafür sind sogenannte Indexfonds, oder kurz: ETFs ("Exchange Traded Funds"). Dabei handelt es sich um spezielle Fonds, bei denen ein Computeralgorithmus einen Index wie zum Beispiel den Dax nachbildet.

Ein ETF ist also sozusagen eine Art Korb vieler verschiedener Aktien. Dadurch verringern Sie Ihr Risiko und können mit vergleichsweise wenig Geld in die gesamte Weltwirtschaft investieren.

Wie finde ich die besten Faktor-Zertifikate?

Da niemand genau vorhersagen kann, wie sich Kurse entwickeln, ist der Handel mit Faktor-Zertifikaten immer auch eine Wette und mit Glück verbunden. Da das Risiko mit der Höhe des Hebels steigt, sollten Sie daher gut überlegen, wie viel Hebelwirkung zu Ihrer persönlichen Risikobereitschaft passt. Auch die Kosten steigen mit höheren Hebeln.

Faktor-Zertifikate gibt es mit verschiedenen Laufzeiten. Experten empfehlen aber, sie nicht länger als einen Tag zu halten, um Verlusten vorzubeugen. Notiert ein Basiswert in einer ausländischen Währung, übernehmen Sie als Anleger mit dem Faktor-Zertifikat zudem ein Wechselkursrisiko. Das sollte Ihnen bewusst sein.

Das Währungsrisiko können Sie mit einem sogenannten Quanto ausgleichen, einer Währungssicherung. Dafür fallen dann aber wiederum Kosten an, die je nach Währung zwischen 1,5 und 2 Prozent pro Jahr betragen können.

Verwendete Quellen
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