Debatte um Sondervermögen Deutsche Rüstungsaktien gehen durch die Decke

Nach dem Eklat im Weißen Haus prüfen Union und SPD zwei Sondervermögen von bis zu 900 Milliarden Euro. Dem Rüstungssektor gibt das Auftrieb.
Die Summen sind exorbitant: Fast eine Billion Euro könnte Deutschland bald für Verteidigung und Infrastruktur ausgeben. Zumindest wenn es nach dem Vorschlag von vier Spitzenökonomen geht, auf dessen Grundlage Union und SPD derzeit über zwei neue Sondervermögen beraten. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag aus Verhandlungskreisen.
An der Börse zündete die Nachricht ein Kursfeuerwerk bei Rüstungswerten. Die Aussicht auf neue Aufträge trieb die Aktien von Rheinmetall, Hensoldt und Renk zeitweise um jeweils rund 20 Prozent nach oben. Rund 10 Prozent gewannen Thyssenkrupp, die mit ihrer Tochter Marine Systems im Rüstungssektor tätig sind. Airbus und MTU Aero Engines rückten um rund 1,5 Prozent vor.
Aktien von europäischen Rivalen wie BAE Systems, Thales und Leonardo stiegen unterdessen um 10 bis 13,5 Prozent. Der europäische Branchenindex legte um knapp 6 Prozent zu. "Es gibt 30 europäische Länder in der Nato, und wir erwarten, dass viele von ihnen sich bald zu wesentlich höheren Verteidigungsausgaben verpflichten werden", schrieben die Experten der US-Investmentbank JP Morgan.
Die Überlegungen dürften eine direkte Folge des Eklats im Weißen Haus sein. US-Präsident Donald Trump und sein Vize J. D. Vance hatten den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor der Weltöffentlichkeit mit schweren Vorwürfen überzogen. Die Gespräche wurden abgebrochen, ein geplantes Wirtschaftsabkommen auf Eis gelegt.
Rüstungsaktien bei Anlegern beliebt
Laut dem Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets ist ein Rückzug der USA aus der Unterstützung der Ukraine nun noch wahrscheinlicher geworden, weshalb Europa einen größeren Teil der Last tragen müsse. "Die Rüstungsunternehmen werden sich in den nächsten Jahren nicht über Aufträge sorgen müssen und so zählen diese Aktien zu den absoluten Favoriten der Anleger", kommentierte Stanzl.
Die Berechnungen der Ökonomen sehen ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 400 Milliarden Euro vor sowie ein weiteres für die Infrastruktur in Höhe von 400 bis 500 Milliarden Euro. Die Beträge liegen nach der Einschätzung der Analysten der Deutschen Bank deutlich höher als das, was bisher kolportiert worden war. "Selbst wenn die Mittel über zehn Jahre ausgegeben würden, wäre dies in etwa so viel Geld, wie das Land seit der Wiedervereinigung in Ostdeutschland investiert hat. Mit anderen Worten: Es wäre ein fiskalischer Systemwechsel von historischem Ausmaß."
"Die Welt ist eine andere"
Auch deutlich höhere Ausgaben für die eigene Sicherheit der Bundesrepublik stehen im Raum. CSU-Chef Markus Söder zufolge benötigt die Bundeswehr allein für Deutschland 100.000 Drohnen, 800 neue Panzer, 2.000 Patriot-Raketen und 1.000 Taurus-Marschflugkörper.
"Die Welt ist eine andere nach dem Eklat am Freitag im Weißen Haus zwischen den Präsidenten der USA und der Ukraine", sagte Jürgen Molnar, Stratege beim Broker RoboMarkets. "Spätestens jetzt ist klar, dass Europa sich um sich selbst kümmern muss und dabei nicht mehr auf die USA als zuverlässigen Partner in allen Fragen verlassen kann und darf."
Dem Dax gaben die starken Kursgewinne bei den Rüstungsaktien zum Wochenstart Auftrieb. Der deutsche Leitindex notierte zur Eröffnung am Montag 0,6 Prozent höher bei 22.683 Punkten. Sein jüngstes Rekordhoch bei 22.935 Zählern kommt damit langsam in Sichtweite. Auch der EuroStoxx50 rückte leicht vor und lag bei 5.470 Zählern.
- deraktionaer.de: "Rüstungsaktien gehen durch die Decke: Davon profitieren Rheinmetall, Hensoldt & Co"
- Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa