Javier Milei auf Staatsbesuch Umstrittene Aktion: Präsident bekommt Medaille in Deutschland
Argentiniens Präsident ist zu Besuch in Deutschland. Bevor er sich mit Kanzler Scholz trifft, haben deutsche Ökonomen dem umstrittenen Javier Milei noch eine Medaille verliehen.
Der argentinische Präsident Javier Milei hat seinem Land eine wahre Rosskur verordnet. In den vergangenen Monaten strich er Tausende Stellen im öffentlichen Dienst, stoppte Infrastrukturprojekte, kürzte Subventionen und wickelte Sozialprogramme ab. Für sein ultraliberales Experiment wurde er nun in Hamburg von der Friedrich August v. Hayek-Gesellschaft geehrt. Der liberale Ökonomenverband hat Milei am Samstagnachmittag eine Medaille verliehen, die nach dem österreichischen Vordenker des Neoliberalismus benannt ist.
Der für spontane und polemische Äußerungen bekannte Milei verzichtete in seiner Rede auf jeden Bezug zu Deutschland und schilderte in erster Linie sein Verständnis von Politik. Die rund 200 Zuhörer – darunter der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch – jubelten Milei zu. Immer wieder riefen sie in Sprechchören "Libertad" (Freiheit).
Der Verbandsvorsitzende, der Kieler Wirtschaftsprofessor Stefan Kooths, würdigte Milei als ambitionierten Reformer im Sinne des österreichischen Wirtschaftswissenschaftlers Hayek (1899-1992). Mit seinem freiheitlichen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Programm adressiere er die Kernprobleme seines einst wohlhabenden Landes, dem seit Jahrzehnten Korruption, Staatswirtschaft, übermäßige Verschuldung und die Zerrüttung der Währung eine gedeihliche Entwicklung versperrten.
Vor dem Veranstaltungsort demonstrierten mehrere hundert Menschen unter dem Motto "Nein zu Milei in Hamburg". Kritiker werfen der Hayek-Gesellschaft vor, sich nicht eindeutig von rechtspopulistischen Strömungen abzugrenzen. So verlieh der Verein etwa 2023 seinen Netzwerkpreis an das Schweizer Webradio Kontrafunk und 2022 an den Blog "Achse des Guten" – beide Medien werden im Spektrum der politischen Rechten verortet.
Die Inflation sinkt, aber auch die Wirtschaft lahmt
Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas steckt in einer Rezession und leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Der ultraliberale Präsident will das Land mit einem radikalen Sparprogramm wieder auf Kurs bringen.
Es gibt erste Erfolge: Erstmals seit Langem ist der argentinische Staatshaushalt ausgeglichen und die Inflation ging deutlich zurück. Das hat allerdings seinen Preis: Das harte Sparprogramm würgt die Wirtschaftsleistung ab. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 2,8 Prozent im laufenden Jahr. Nach Angaben der Katholischen Universität Argentiniens leben knapp 56 Prozent der Menschen in Argentinien unter der Armutsgrenze und rund 18 Prozent in extremer Armut.
Am Freitag traf sich der argentinische Präsident in Spanien mit der konservativen Regionalpräsidentin von Madrid, Isabel Díaz Ayuso. "Argentinien erlebt eine kraftvolle Wiederauferstehung", sagte Ayuso. "In der ganzen Welt wird gerade über Argentinien gesprochen." Treffen mit Ministerpräsident Pedro Sánchez oder König Felipe VI. kamen allerdings nicht zustande. Milei hatte zuletzt einen diplomatischen Eklat ausgelöst, als er auf einer Kundgebung der rechtspopulistischen Vox-Partei in Spanien Sánchez Ehefrau als korrupt bezeichnete. Mehr zu den Hintergründen lesen Sie hier.
Milei: "Herr Sánchez liebt es, Steuern von den Spaniern einzutreiben"
Auch bei seinem Treffen mit Ayuso teilte Milei erneut gegen Sánchez aus. "Hayek hat einmal gesagt, wenn Sozialisten die Wirtschaft verstehen würden, wären sie keine Sozialisten. Nun, es scheint, dass Herr Sánchez eine der Ausnahmen von der Regel ist, denn obwohl er Wirtschaft studiert hat, hat er es entweder nicht verstanden, oder er liebt den Staat, um Steuern von den Spaniern einzutreiben."
Am Sonntag will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den streitbaren argentinischen Staatschef zu einem Gespräch in Berlin treffen. Milei beendet seine Europareise am Montag mit einem Besuch in Tschechien.
- Nachrichtenagentur dpa