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China: Immobilienkonzern wird aufgelöst – Folgen für die Weltwirtschaft?


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Aus für Immobiliengigant Evergrande
"China fällt als Lokomotive der Weltwirtschaft aus"


Aktualisiert am 30.01.2024Lesedauer: 4 Min.
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Keine Lösung: Der Konzern hat einen riesigen Schuldenberg. (Quelle: reuters)

Ein Gericht in Hongkong hat das Aus des chinesischen Immobilienriesen Evergrande besiegelt. Hat die Pleite Folgen für die Weltwirtschaft?

Schlechte Nachrichten für Chinas Wirtschaft: Am Montag hat ein Hongkonger Gericht die Auflösung des chinesischen Immobilienkonzerns Evergrande angeordnet. Es ist ein schwerer Schlag für den ohnehin schon kriselnden Immobiliensektor des Landes.

An der Hongkonger Börse rauschte das Papier der Evergrande Group am Montag in die Tiefe. Der Handel mit der Aktie wurde gestoppt. Die Abwicklung Evergrandes könnte auf den Märkten, denen Peking jüngst versuchte, wieder auf die Beine zu helfen, Wellen schlagen und das Vertrauen in den chinesischen Immobilienmarkt weiter schwächen.

Doch könnte das Aus von Evergrande auch Folgen für die Weltwirtschaft haben? Und gibt es gar Parallelen zum Platzen der Immobilienblase in den USA 2008 und der darauf folgenden Weltwirtschaftskrise? t-online hat dazu mit Ökonomen gesprochen.

"Die größte Last liegt auf Chinas Finanzsystem"

Jürgen Matthes, Leiter des Bereichs internationale Wirtschaftspolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), sagt: "Die Rückwirkungen des Evergrande-Aus für die Weltwirtschaft dürften sich in Grenzen halten." Zum einen komme die Pleite nicht überraschend, erklärt Matthes. Internationale Anleger hätten sich darauf vorbereiten können. Evergrande befindet sich bereits seit Jahren in der Krise. Allein die Anhörung in Hongkong hatte gut anderthalb Jahre gedauert.

Jürgen Matthes ist Leiter des Kompetenzfelds Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur am Institut der deutschen Wirtschaft.
(Quelle: IW Köln)

Zur Person

Jürgen Matthes leitet den Bereich Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte am Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. Sein Fokus liegt dabei auf den Finanzmärkten sowie dem globalen Handel und der Weltwirtschaft.

"Zum anderen hat Evergrande nur gut 20 Milliarden Dollar Schulden im Ausland", erklärt Matthes. "Die größte Last liegt damit auf Chinas Finanzsystem." Nun stellt sich die Frage, wie der chinesische Staat auf die Pleite reagiert. Und da sei es "sehr wahrscheinlich, dass der chinesische Staat einspringen wird, falls systemrelevante Banken oder Schattenbanken in Chinas Finanzsektor unter den Evergrande-Lasten zusammenzubrechen drohen", so Matthes.

Rolf J. Langhammer vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) macht im Gespräch mit t-online zudem auf eine weitere Unwägbarkeit des Urteils vom Montag aufmerksam: "Wie sehr trifft das Urteil aus Hongkong auch die Möglichkeiten eines Insolvenzverwalters, Zugriff auf Aktiva des Unternehmens in Festlandchina zu erhalten?" Obwohl China zuletzt immer mehr nach Einfluss in Hongkong griff, handele es sich weiter um zwei unterschiedliche Jurisdiktionen, so der Experte.

"Keine Parallelen zur globalen Finanzkrise von 2008"

Auch Langhammer erwartet keine größeren Folgen für den globalen Finanzmarkt durch die Evergrande-Pleite. "Dazu ist der chinesische Finanzsektor zu abgeschottet." Vor allem die Chinesen selbst seien betroffen. "Dabei kommt es jedoch darauf an, was die Führung in Peking nun tut", sagt Langhammer. Genug staatliches Kapital sei zumindest vorhanden, um die Krise abzuwenden. Dennoch: "China fällt als Lokomotive der Weltwirtschaft vorerst aus", so Langhammer.

"Insgesamt sehe ich keine Parallelen zur globalen Finanzkrise von 2008", sagt der Experte vom IfW Kiel. Dafür aber erinnere die aktuelle Situation an das "chinesische Börsenbeben" von August 2015. Damals hatte es bereits Bedenken gegeben, dass Chinas Konjunktur stark schwächeln und sich negativ auf die Weltwirtschaft auswirken könnte. Infolgedessen gab es massive Einbrüche auf dem chinesischen Finanzmarkt, die auch internationale Märkte trafen. China reagierte damals mit der Senkung des Leitzinses, setzte zeitweise ganze Indizes vom Handel aus und verbot Großaktionären, Aktien zu verkaufen.

Rolf J. Langhammer ist Handelsexperte des Instituts für Weltwirtschaft: Er warnt davor, Cosco einen Einstieg ohne Auflagen zu gewähren.
(Quelle: Michael Stefan/IfW Kiel)

Zur Person

Rolf J. Langhammer war bis 2012 Vizepräsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft und ist auch seit seinem Ruhestand weiter für das Institut tätig. Langhammer beschäftigt sich vor allem mit den Themen Globalisierung, Internationaler Handel sowie den Schwellen- und Entwicklungsländern.

Mögliche Folgen für die deutsche Wirtschaft sieht Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die deutsche Wirtschaft hängt stark von ihren Exporten ab. Und China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. "Die wirtschaftliche Erholung der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr hängt stark von der Entwicklung der Exporte ab und mit der Schwäche Chinas dürfte die Hoffnung durch einen positiven Impuls sich erst einmal nicht erfüllen", schreibt Fratzscher auf der Plattform X (vormals Twitter). In Gänze ließen sich die Implikationen jedoch zunächst nicht abschätzen.

Welche Folgen birgt das Evergrande-Aus für China?

Doch wie könnten jetzt die Folgen für China aussehen? IW-Experte Matthes sieht dabei mehrere Unbekannte: "Die Taschen des chinesischen Staates sind zwar sehr tief. Doch auch da stellt sich die Frage, ob die Löcher nicht irgendwann zu groß werden." Denn Chinas Wirtschaft sei bereits im vergangenen Jahr deutlich schwächer gewachsen als erhofft. Die Aussichten für dieses Jahr könnten durch Evergrande weiter gedämpft werden. Andererseits habe Peking frühere Krisen stets aufgefangen. "Was wir Stand jetzt nicht wissen: Implodiert dort vielleicht doch noch etwas?", fragt sich Matthes. Vieles hänge jetzt davon ab, wie Evergrande abgewickelt werde.

Matthes vermutet, dass in der Folge die Jugendarbeitslosigkeit in China wieder ansteigen werde, denn der Immobiliensektor sei zuletzt für die Jüngeren sehr attraktiv gewesen. "Außerdem wird vermutlich die Verunsicherung der Chinesen wachsen, denn viele Bürger haben ihr Erspartes zum großen Teil in Immobilien angelegt." Infolgedessen könnte der Konsum weiter sinken", so Matthes. Bereits die Corona-Pandemie mit mehreren harten Lockdowns hatten in China zu einem Rückgang des Konsums und somit zum schwachen Wirtschaftswachstum geführt.

IfW-Experte Langhammer sieht zudem schwere Zeiten auf die chinesische Währung Renminbi Yuan zukommen: "In China wird jetzt wohl der Druck auf den Kapitalexport steigen. Dadurch wird der Abwertungsdruck auf die chinesische Währung steigen." Insgesamt würden die Chinesen durch die Unsicherheiten eher dazu neigen, weiter zu sparen, als jetzt ihr Geld zu investieren, vermutet auch Langhammer. "Man kann sich die Frage stellen: Ist das chinesische Wirtschaftswunder endgültig vorbei? Zumindest häuften sich zuletzt die schlechten Nachrichten."

Verwendete Quellen
  • Telefoninterviews mit Jürgen Matthes (IW) und Rolf J. Langhammer (IfW Kiel)
  • twitter.com: X-Beitrag von @MFratzscher
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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