Anzeige erstattet Traf sich Kanzler Scholz auffällig oft mit LNG-Firma?
Vertreter der Firma Regas sollen sich besonders häufig mit Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen haben. Gegen den Geschäftsführer wurde Anzeige erstattet.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll sich so oft wie kein anderes Kabinettsmitglied mit einem in der Kritik stehenden LNG-Unternehmern getroffen haben. Es handelt sich dabei um die Deutsche Regas, die auf Wunsch der Bundesregierung zwei große Flüssiggas-Terminals auf der Ostseeinsel Rügen betreiben sollen.
Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" traf sich Scholz mehrmals mit Vertretern des Unternehmens: dem Steuerberater Stephan Knabe und dem Immobilienunternehmer Ingo Wagner. Am 15. September 2022 soll es dem Bericht nach ein Treffen in Potsdam gegeben haben, am 14. Januar 2023 eines in Lubmin und am 20. April 2023 eines in Mukran. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den CDU-Abgeordneten Matthias Hauer hervor, die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt.
Knabe ist Aufsichtsratschef der Deutschen Regas, Wagner der Geschäftsführer. Beide arbeiten in Potsdam, dem Wahlkreis von Scholz. Sie waren dem Bericht zufolge zuvor nicht im deutschen Gasgeschäft tätig und gründeten 2022 die Deutsche Regas – als die Gaspreise anstiegen. Die Regas-Unternehmer sollen sich außerdem drei Mal mit dem Staatssekretär im Kanzleramt, Jörg Kukies, besprochen haben. Es kam aber nur zu einem Gespräch mit dem für diese Energiefragen zuständigen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) – am 12. Mai 2023.
Angeblich Anzeige wegen Geldwäsche gegen Regas-Geschäftsführer
Eine von dem Ostseebad Binz beauftragte Anwaltskanzlei hat nach SZ-Informationen bei der Staatsanwaltschaft Stralsund Strafanzeige "wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Geldwäsche" gegen den Geschäftsführer der Regas gestellt. Hintergrund sind Berichte, dass Regas-Geschäftsführer Wagner einen Investmentfonds auf den Cayman Island betreibe und die Herkunft des eingesetzten Kapitals von rund 100 Millionen Euro bislang nicht klar sei.
Am 20. Juli sei außerdem eine Meldung bei der für Geldwäsche zuständigen Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls gemacht worden, schreibt die Zeitung. Aber es gebe hierfür bisher keinerlei Beweise. Die Deutsche Regas weist die Vorwürfe strikt zurück. Das Unternehmen wirft der Stadt Binz eine Schmutz- und Desinformationskampagne vor, so die Zeitung. Die Stadt würde auch vor "öffentlicher Diskreditierung nicht mehr zurückschrecken", wurde in einer Mitteilung des Unternehmens betont.
Ministerium will Antworten von Regas
Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Wir erwarten, dass das Unternehmen zur Aufklärung der derzeit erhobenen Vorwürfe beiträgt." Der CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer betonte: "Deutschland muss – schon wegen der Erfahrungen großer Unsicherheit bei der Gasversorgung – genau wissen, auf wen es sich im sensiblen Bereich der Energiesicherheit verlässt." Angesichts der Treffen von Bundeskanzler Scholz mit dem Unternehmen könne man erwarten, "dass die Bundesregierung genau über das Unternehmen sowie über die Finanzierung und Umsetzung des Projekts im Bilde ist".
Für die Bundesregierung sind die beiden von der Deutschen Regas geplanten LNG-Terminals auf Rügen wegen ausbleibender russischer Gaslieferungen wichtig für die Energieversorgung. Aber die Stadt Binz will – wegen Sorge um die Folgen für Tourismus und Umwelt und Zweifeln an den Betreibern – das Projekt stoppen, eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht sei in Vorbereitung.
Im Januar 2023 wurde als erstes Projekt der Regas das Terminal in Lubmin eröffnet. Scholz pries bei der Eröffnung den Einsatz von Knabe und Wagner als neues "Deutschlandtempo". Das schwimmende Terminal in Lubmin soll in den nächsten Monaten nach Mukran auf Rügen verlegt werden, wo mit einem weiteren Regasifizierungsschiff dann zwei große LNG-Terminals unweit der Strände des Ostseebads Binz betrieben werden sollen.
- Vorabbericht der "Süddeutschen Zeitung"