Urteil zur Dateneinsicht Bundesfinanzhof weist Finanzamt in die Schranken
Das Finanzamt weiß mitunter mehr über Sie als Ihr Nachbar. Doch dürfen Sie auch prüfen, was die Behörde alles notiert hat?
Wer Steuern zahlt, übermittelt im Laufe seines Lebens allerlei Daten an das Finanzamt. Nicht immer behält man da den Überblick – und fragt sich mitunter, welche Informationen sich dort inzwischen angesammelt haben. Dürfen Sie dann die Akten des Finanzamts einsehen? Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. klärt auf.
Zu dieser Auskunft ist das Finanzamt verpflichtet
Welche Daten sind über mich gespeichert, und zu welchen Zwecken werden diese verarbeitet? Unter anderem diese Fragen müssen jedem und jeder Betroffenen beispielsweise von Behörden, Unternehmen oder Verbänden beantwortet werden. Dafür genügt ein formloser Antrag ohne Begründung, am besten schriftlich. Geregelt ist dieses Auskunftsrecht in Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung.
Von diesem Recht wollte ein Steuerzahler Gebrauch machen und forderte das für ihn zuständige Finanzamt auf, ihm Kopien von Akten zur Verfügung zu stellen, die personenbezogene Daten von ihm enthielten. Da das Finanzamt dies ablehnte, zog der Mann vor das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – doch auch damit hatte er keinen Erfolg.
So landetet der Fall beim Bundesfinanzhof (BFH) – und dieser kritisierte die Entscheidungen des Finanzamts und des Finanzgerichts in mehreren Punkten. Unabhängig von der Steuerart unterliegt die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen eines Besteuerungsverfahrens den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), heißt es in der Urteilsbegründung des BFH. Somit haben Steuerpflichtige auf jeden Fall einen Auskunftsanspruch. Dieser gilt nicht nur unabhängig von der Steuerart, sondern auch unabhängig von der Art der Aktenführung, der Art der Dokumente und der Form der Datenverarbeitung.
Allerdings beschränkt sich dieser Anspruch nach Auffassung des BFH darauf, den Steuerzahler darüber zu informieren, welche personenbezogenen Daten das Finanzamt von ihm verarbeitet. Ein Anspruch darauf, Dokumente beziehungsweise Kopien zur Verfügung gestellt zu bekommen, ergebe sich daraus jedoch noch nicht, heißt es im Urteil.
In Ausnahmefällen sind auch Kopien möglich
Kann der Betroffene aber glaubhaft nachweisen, dass Kopien von Dokumenten für ihn unerlässlich sind, um die ihm durch die DSGVO verliehenen Rechte auszuüben, so müssen ihm diese nach Auffassung des BFH ausnahmsweise zur Verfügung gestellt werden.
Ob das in dem besagten Fall zutraf, hätten das Finanzamt und das Finanzgericht jedoch nicht ausreichend geprüft. Insofern hätten sie keine abschließende Beurteilung treffen dürfen, so der BFH. Aber auch der Kläger muss noch erläutern, welche durch die DSGVO verliehenen Rechte er auszuüben gedenkt und warum dafür Kopien der Akten unerlässlich sind.
Der BFH hat den Fall an das zuständige Finanzgericht zurückverwiesen. Dort muss nun geprüft werden, ob das Anliegen des Steuerpflichtigen gerechtfertigt ist oder nicht (BFH-Urteil, IX R 35/21, veröffentlicht am 20. Juni 2024).
- Pressemitteilung des Lohnsteuerhilfevereins Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V.