Kreditzusagen steigen Deutsche kaufen wieder mehr Immobilien
Hohe Zinsen und Baukosten machten das Eigenheim für viele zuletzt unerschwinglich. Nun zeichnet sich eine Wende ab. Was Experten raten.
Die Deutschen finanzieren wieder mehr in Immobilien: In den ersten beiden Monaten dieses Jahres melden Kreditvermittler, Banken und Bausparkassen wieder mehr Zusagen für private Baudarlehen.
Dazu passen Zahlen der Bundesbank: Demnach haben Finanzierer im Januar private Wohnungsbaukredite in Höhe von knapp 14,7 Milliarden Euro vergeben. Das ist der höchste Wert seit März 2023.
Finanzbranche hofft auf Trendwende
"Wir sehen eine deutliche Belebung auf dem Baufinanzierungsmarkt seit Jahresbeginn", sagt Jörg Utecht, Chef des Münchner Finanzierungsvermittlers Interhyp. Der Januar 2024 sei sogar der antragsstärkste Monat überhaupt im Privatkundengeschäft der Gruppe.
Denn seit dem Höchststand im November haben sich Immobilienkredite wieder etwas verbilligt. "Vom Zins-Peak im November 2023 bei mehr als 4,2 Prozent für zehnjährige Darlehen sind die Bauzinsen auf aktuell 3,55 Prozent gesunken", sagt Utecht. "Im Vergleich zu vergangenem November lassen sich über die gesamte Laufzeit des Darlehens hinweg aktuell mehrere Zehntausend Euro an Zinskosten sparen."
Experten raten zum Kauf
Allerdings mag es das nun erst mal gewesen sein mit der Ersparnis: Experten gehen davon aus, dass die Zinsen in den nächsten Monaten auf dem jetzigen Niveau verharren werden. Und raten daher jetzt sogar zum Kauf. "Es gibt keinen Grund zu warten", sagt Interhyp-Vorstand Stefan Hillbrand t-online.
Der Experte beobachtet einen leichten Preisanstieg bei Immobilien seit Anfang des Jahres. "Das liegt an der gestiegenen Nachfrage. Und die wiederum ergibt sich aus den gesunkenen Zinsen, den hohen Mieten und den leicht gestiegenen Einkommen." Lesen Sie hier das vollständige Interview.
Ein Drittel der Wohnhäuser gilt als energetisch unsaniert
Neben den günstigeren Zinsen könnte hinter der gestiegenen Kreditnachfrage für Immobilien ein zweiter Faktor stecken: der energetische Sanierungsbedarf bei älteren Häusern.
"Ein Drittel der 20 Millionen Wohnimmobilien in Deutschland gilt als energetisch unsaniert", sagt ein Sprecher der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Auch dafür beantragen viele Eigentümer Kredite. "Dahinter steht ein jährliches Finanzierungspotenzial von 80 Milliarden Euro."
Einbruch bei den Baudarlehen 2022: Ein Blick zurück
Zum Ende des ersten Quartals 2022 war die Immobilienkreditvergabe quasi über Nacht kollabiert. Zuvor gab es eine regelrechte Gemengelage: Corona noch im Nacken, beobachtete Europa den Angriff Russlands auf die Ukraine. Die Inflation zog an und erhöhte den Druck auf die Europäische Zentralbank, die Zinsen zu erhöhen – was sie ab Juli 2022 auch tat.
Am Immobilienmarkt kam es in Erwartung der bevorstehenden Zinserhöhungen zu einem kurzlebigen Boom, weil viele Eigenheimkäufer sich die damals noch günstigen Zinsen sichern wollten. Liehen sich Privatkunden im März 2022 noch knapp 32,3 Milliarden Euro zur Finanzierung einer Immobilie, ging es anschließend bergab.
Im April 2022 wurden noch 26 Milliarden Euro abgerufen, Anfang 2023 nur noch gut 12 Milliarden. Der durchschnittliche effektive Jahreszins kletterte von 1,69 Prozent im März 2022 auf 4,27 Prozent im vergangenen November.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa