Noch mehr als angenommen So hoch ist das Vermögen der deutschen Superreichen
Wie viel Geld haben die reichsten Deutschen wirklich? Eine neue Studie kritisiert die lückenhafte Datenlage.
500 Milliarden Euro: Diese Summe fehlt einer am Montag veröffentlichten Studie zufolge in den offiziellen Daten zu Superreichen in Deutschland. Das heißt, die Vermögen könnten weitaus größer sein als angenommen. Für die Untersuchung arbeitete das Netzwerk Steuergerechtigkeit mit der gewerkschaftsnahen Düsseldorfer Hans-Böckler-Stiftung zusammen.Demnach sind elf Milliardäre in der Liste nicht zu finden – obwohl sie teils die vordersten Plätze der "Reichen-Rankings" von "Forbes" und dem "Manager Magazin" besetzen.
Die gerade aktualisierte Liste des "Manager Magazins" schätzte die Gesamtsumme der Milliardenvermögen bislang auf etwa 900 Milliarden Euro. Allein die mehr als 200 Milliardenvermögen dürften sich aber zusammengerechnet auf rund 1,4 Billionen Euro summieren, so die Studie.
Unter anderem fehlt in der Liste des "Manager Magazins" das Vermögen der Familie hinter dem Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, das auf 50 Milliarden Euro geschätzt wird und die somit das Ranking anführt. Stattdessen sind an der Spitze der "Manager Magazin"-Liste jedoch Susanne Klatten und Stefan Quandt (40,5 Milliarden Euro) vom Automobilriesen BMW zu finden.
Unterschiedliche Angaben
Das "Manager Magazin" bestätigte gegenüber dem ZDF das Fehlen einiger reicher Familien. Sie seien vor Jahren juristisch gegen die Liste vorgegangen und man habe sich verpflichtet, diese nicht zu nennen. Das Unternehmen Boehringer Ingelheim ließ eine Anfrage des ZDF unbeantwortet.
Die Autoren der Studie gehen zudem davon aus, dass die bekannten Supervermögen in bisherigen Analysen teilweise unterbewertet waren. Tatsächlich dürfte der Wert der deutschen Milliardenvermögen deshalb mindestens etwa 1,4 Billionen Euro betragen – aber auch zwei Billionen erscheinen den Studienautoren nicht unplausibel.
Die 1,4 Milliarden Euro entsprechen demnach gut einem Drittel bis der Hälfte des jährlichen deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Diese Vermögen verteilen sich dabei auf lediglich rund 4.300 sehr reiche Haushalte.
"Sehr lückenhafte" Datenlage
Die Untersuchung zeigt auch: Die Besteuerung der Erträge aus den Milliardenvermögen ist meist weitaus niedriger als noch vor knapp 30 Jahren. Neben der Aussetzung der Vermögensteuer hat sich beispielsweise der Steuersatz auf nicht ausgeschüttete Gewinne seit 1996 in etwa halbiert – von über 57 Prozent auf unter 30 Prozent. Der Steuersatz auf durchschnittliche Arbeitseinkommen hat sich im Vergleich dazu im gleichen Zeitraum nur geringfügig von 21 auf 18 Prozent reduziert.
Wie viel die Superreichen in Deutschland wirklich besitzen, weiß niemand genau: Die beiden Studienautoren kritisieren eine "sehr lückenhafte" Datenlage. Wo Informationen fehlten, habe Lobbyismus leichtes Spiel. Sie fordern deshalb mehr unabhängige Reichtumsforschung.
Für ihre Studie nutzten die Autoren die jährlich veröffentlichten "Milliardärslisten" der Wirtschaftsmagazine "Forbes" und "Manager-Magazin" als Ausgangspunkt. Sie integrierten darüber hinaus Informationen aus weiteren öffentlich zugänglichen Quellen wie Unternehmensdatenbanken.
- boeckler.de: "Milliardenvermögen in Deutschland"
- zdf.de: "Deutschlands Superreiche noch reicher"
- manager-magazin.de: "Das sind die 500 reichsten Deutschen" (kostenpflichtig)
- forbes.com: "THE WORLD'S REAL-TIME BILLIONAIRES" (englisch)
- Nachrichtenagentur AFP