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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Halmich kämpft für gerechte Löhne "Es geht nicht um die großen Reichtümer"
Regina Halmich gehört zu den erfolgreichsten Boxerinnen Deutschlands. Inzwischen kämpft sie für faire Bezahlung – nicht nur im Sport.
Lange Zeit war sie das wohl bekannteste Gesicht des Frauenboxens: Regina Halmich errang bis zum Ende ihrer Boxkarriere im Jahr 2007 insgesamt 56 Siege, davon 16 K.-o.-Siege, – und ist bis heute die bisher erfolgreichste Boxerin. Die gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte begann ihre Karriere als Amateuerboxerin und wurde drei Mal deutsche Meisterin und Europameisterin, bevor sie für den Hamburger Profi-Boxstall Universum Box-Promotion zahlreiche Weltmeistertitel errang.
Heute hält Halmich Vorträge zu den Themen Ausdauer und Motivation. Besonders am Herzen liegen ihr die Themen Altersarmut bei Frauen, die Gender Pay Gap und unterschiedliche Verdienstmöglichkeiten zwischen Frauen und Männern im Sport und darüber hinaus. Wir konnten Regina Halmich während der Vergabe des Deutschen Publikumspreises Finanzen von t-online in Frankfurt treffen.
t-online: Frau Halmich, Sie sind gerade viel unterwegs, halten Vorträge und geben Sportkurse. Worum geht es dabei – und was interessiert Ihre Zuhörer am meisten?
Regina Halmich: In vielen meiner Vorträge fragen die Menschen danach, wie man so viel Ausdauer haben kann, um seine Ziele zu erreichen. Vor allem während meiner Zeit als Boxerin, in der ich über so viele Jahre hinweg motiviert und ungeschlagen geblieben bin. Eine wiederkehrende Frage an mich ist auch, wie ich dabei gelernt habe, mit Rückschlägen umzugehen. Und natürlich kommt oft die Frage, wie es mir gelungen ist, mich als Frau in der Männerbastion Boxen durchzusetzen.
Regina Halmich nach ihrer Boxkarriere
Seit Beendigung ihrer Karriere als Profisportlerin kommentiert Halmich Gala-Boxwettkämpfe im TV. Seit 2014 engagiert sie sich für soziale Projekte und ist Botschafterin des Deutschen Kinderhilfswerkes. Beim Deutschen Olympischen Sportbund ist sie Schirmherrin der Aktion "Gewalt gegen Frauen – nicht mit uns". Auch für das Deutsche Kinderhilfswerk e.V. zeigt sie großen Einsatz.
Sie engagieren sich auch im Kampf gegen Altersarmut bei Frauen. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Ich habe immer wieder festgestellt, dass sich Frauen auch in meinem privaten Umfeld viel zu wenig um ihre Finanzen kümmern und das Thema gerne ihren Partnern überlassen. Sie haben im stressigen Alltag, im Berufsleben und mit Kindern keine Lust, sich damit zu beschäftigen. Diesen Part geben sie gerne ab.
Und Sie finden das heikel?
Ich sage, beim Finanziellen sollte man den Überblick bewahren, sich selbst damit beschäftigen und es auch nicht als Last, sondern als etwas Positives begreifen.
Kennen Sie jemanden aus Ihrem Umfeld, der von Altersarmut betroffen ist?
Ja, sowohl Männer als auch Frauen. Ich kenne im Sportbereich Kollegen, von denen ich weiß, dass sie mit ihrem Geld einfach falsch umgegangen sind. Und das, obwohl sie viel verdient haben. Jetzt müssen sie wieder normal arbeiten gehen. Nichts gegen normales Arbeiten, das ist sehr ehrenwert. Aber wer einmal so viel Geld verdient hat, sollte sich eigentlich keine Sorgen mehr machen müssen.
Sehen Sie eine Möglichkeit, dass Frauen durch kluge Geldanlage ihre finanzielle Vorsorge vor allem fürs Alter selbst in die Hand nehmen?
Im Prinzip ja. Wichtig ist, dass sich Frauen damit beschäftigen. Dass sie sich darum kümmern und Finanzthemen verstehen wollen, statt sie als Last zu empfinden. Wer sich einmal dieses Know-how angeeignet hat, für den ist es dann auch einfach. Dieses kompliziert klingende Thema belastet einen dann auch nicht mehr wirklich. Denn eins ist doch klar: Wer genug Geld hat, hat eben auch gewisse Freiheiten. Ich möchte den Menschen klarmachen, dass man so ein selbstbestimmtes Leben leben kann. Und das wünschen wir uns doch alle.
Welche Altersvorsorge würden Sie empfehlen, damit die Rente später eben nicht durch staatliche Zuschüsse oder Minijobs aufgestockt werden muss?
Ich bin keine Finanzberaterin und will darum höchstens von meinen Erfahrungen sprechen. Ich würde sagen, dass meine private Altersvorsorge, so wie ich sie gemacht habe, richtig war. Ich habe mein Geld gestreut angelegt, in Immobilien investiert, in Aktien, Fonds und ein bisschen in Gold. Aber es kommt immer auch auf die Lebensumstände jedes einzelnen an.
Was genau meinen Sie?
Dass jeder auch mit kleinen Beträgen für das Alter sparen kann. Es ist nicht so, dass es bei der Vorsorge um die großen Reichtümer geht, denn es lohnt sich immer.
Verraten Sie unseren Lesern, welche Geldanlage Regina Halmich bevorzugt? Und vielleicht auch die, mit der Sie am erfolgreichsten sind?
Das ist eine ganz individuelle Entscheidung und es sollte an die Lebensumstände angepasst sein, sowie an das, was man erreichen möchte.
Sie kritisieren die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern im Sport. Welche Probleme sehen Sie?
Die unterschiedliche Bezahlung findet ja nicht nur im Sport statt. Das ist ein branchenübergreifendes Problem. Die Unterschiede sind zwar immer noch da. Aber zum Glück ändert sich gerade sehr viel, wir entwickeln ein anderes Bewusstsein. Der Weg zu gerechten Löhnen zwischen Frauen und Männern, nicht nur im Sport, ist trotzdem noch sehr lang.
Beim Boxsport ist es noch mal eine ganze andere Geschichte. Hier ist das Lohngefälle noch viel größer als beispielsweise beim Schwimmen oder in der Leichtathletik. Warum ist das so?
Bei Einzelkämpfern im Sport ist der Einkommensunterschied schon sehr hoch, egal ob Mann oder Frau. Und bei den Frauen besonders. Aber es hat sich inzwischen weltweit einiges getan. Man muss auf sein Recht bestehen, denn das Geld kommt nicht von allein.
Im Oktober steht Ihnen ein ganz besonderes Highlight bevor, für das Sie in die USA fliegen. Worum geht es?
Nächste Woche fliege ich nach Amerika und bekomme den Life Time Award für meine besonderen Leistungen verliehen. Als deutsche Boxerin in Amerika eine solche Anerkennung zu erfahren, ist unbeschreiblich. In Las Vegas musste ich damals meine einzige richtig große Niederlage einstecken, mit viel Blut und vernichtender Kritik. Mit der Aufnahme in die International Women's Boxing Hall schließt sich der Kreis. Das ist einfach wunderschön.
Frau Halmich, wir danken Ihnen für das Gespräch.
- Interview mit Regina Halmich am 28.09.2023