Ifo-Geschäftsklimaindex bricht ein Ökonomen warnen vor "konjunkturellem Unwetter"
Der Ifo-Geschäftsklimaindex bricht zum zweiten Mal in Folge ein. Experten rechnen mit einer Schrumpfung der deutschen Wirtschaft.
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich vor allem wegen der Schwäche der Industrie zuletzt merklich eingetrübt. Der vom Münchner Ifo-Institut ermittelte Geschäftsklimaindex sank im Juni auf 88,5 Punkte, nach 91,5 Punkten im Mai, wie das Forschungsinstitut am Montag mitteilte. Das ist der zweite Rückgang in Folge – und der tiefste Stand seit gut einem halben Jahr. Demnach fielen sowohl die Einschätzung der aktuellen Lage als auch die Erwartungen der Unternehmen pessimistischer aus.
Die derzeitige Schwäche der deutschen Industrie bringe die deutsche Konjunktur "in schwieriges Fahrwasser", erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Demnach verschlechterte sich das Geschäftsklima im verarbeitenden Gewerbe "erheblich". Die Erwartungen der Firmen fielen auf den niedrigsten Stand seit November 2022. Auch die aktuelle Lage wurde schlechter beurteilt.
"Von großem Pessimismus geprägt"
Im Dienstleistungssektor waren die Unternehmen weniger zufrieden mit der aktuellen Lage und auch die Erwartungen fielen pessimistischer aus. Im Bauhauptgewerbe gingen ebenfalls beide Faktoren zurück. Im Handel verbesserten sich die Erwartungen zwar "minimal", sie blieben aber "von großem Pessimismus geprägt".
Für den Geschäftsklimaindex antworten monatlich rund 9.000 Unternehmen auf Fragen des Ifo-Instituts. Sie werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate anzugeben.
Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank, bezeichnete vor allem den Rückgang bei den Erwartungen der Firmen als "beunruhigend". Ein schwaches außenwirtschaftliches Umfeld, rückläufige Auftragseingänge und gestiegene Zinsen dürften "die Hauptgründe für die deutlich skeptischere Einschätzung" sein, erklärte er. Hoffnungen auf eine rasche wirtschaftliche Erholung in China nach dem Ende der strikten Corona-Politik seien bislang enttäuscht worden.
Deutsche Wirtschaft wird "erneut schrumpfen"
Der ING-Analyst Carsten Brzeski erklärte, die Erholung der deutschen Wirtschaft sei "beendet, bevor sie richtig begonnen hat". Der Optimismus vom Jahresbeginn sei der Realität gewichen. Auch er machte unter anderem die Lage in China sowie die drohende Rezession in den USA und die Geldpolitik für die Lage verantwortlich. Zudem lasteten künftig weiterhin der Ukraine-Krieg, der demografische Wandel und die Energiewende auf der deutschen Konjunktur.
Auch Andreas Scheuerle von der Dekabank blickt pessimistisch in die nähere Zukunft: "Es braut sich ein konjunkturelles Unwetter zusammen", so der Leiter Industrieländerkonjunktur und Branchenanalysen der Bank zur Deutschen Presse-Agentur. "Der aktuelle Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas zählt zu den Top Ten dieses Indikators. Die Unternehmen spüren in ihren Auftragsbüchern immer deutlicher die Bremsspuren der restriktiven Geldpolitik hierzulande, aber auch bei wichtigen Handelspartnern Deutschlands."
Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, prognostiziert einen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts in den kommenden Monaten: "Das Ifo-Geschäftsklima ist zum zweiten Mal in Folge eingebrochen. Auch die anderen Frühindikatoren für die Industrie zeigen klar nach unten. Wir fühlen uns bestätigt in der Prognose, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erneut schrumpfen wird."
- Nachrichtenagentur dpa