Arbeitsnachweis So will die Ampel die Zeiterfassung regeln
Das Arbeitsministerium konkretisiert das Vorhaben, künftig die Arbeitszeit in Deutschland erfassen zu lassen – und nennt mögliche Ausnahmen.
Die tägliche Arbeitszeit von Beschäftigten in Deutschland soll künftig elektronisch aufgezeichnet werden. Das sieht ein Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium für eine Reform des Arbeitszeitgesetzes vor. Der Entwurf lag der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag vor. Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Das steht drin:
- Der Arbeitgeber soll laut dem Entwurf dazu verpflichtet werden, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufzuzeichnen.
- Die Aufzeichnung soll durch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst oder durch einen Dritten erfolgen können, zum Beispiel einen Vorgesetzten.
- Es soll Ausnahmen geben können, diese können die Tarifpartner laut dem Entwurf vereinbaren. Dann soll es möglich sein, von der elektronischen Form der täglichen Arbeitszeiterfassung abzuweichen und eine händische Aufzeichnung in Papierform abzuleisten.
- Außerdem können Unternehmen vereinbaren, dass die Stunden nicht am selben Tag, sondern erst später aufgezeichnet werden, spätestens aber eine Woche nach der geleisteten Arbeit, berichtet die "Süddeutsche" weiter.
- Firmen können demnach festlegen, dass auf die Erfassung ganz verzichtet wird. Dies gelte bei Arbeitnehmern, bei denen die Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale der Tätigkeit "nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird" oder von den Arbeitnehmern "selbst festgelegt werden kann". Dies könnte etwa auf Forschende zutreffen.
- Kleinbetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern sollen laut der "Süddeutschen" auf eine elektronische Aufzeichnung verzichten dürfen.
- Die Regelungen sollen nicht für Beamtinnen und Beamte gelten.
"Keine Rückkehr zur Stechuhr"
Das Arbeitsministerium reagiert mit den Gesetzesplänen auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG), die eine Erfassung der Arbeitszeiten verlangt hatten.
Gewerkschaften hatten den Schritt begrüßt, Wirtschaftsvertreter hingegen harsch kritisiert – als weitere bürokratische Last für Unternehmen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte nach dem Urteil eine praktikable Lösung versprochen, es werde keine Rückkehr zur Stechuhr geben, sagt er.
Unsicherheiten bezüglich des "Wie"
Nach der BAG-Entscheidung sei das Urteil des EuGH aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes bereits heute von den Arbeitgebern in Deutschland zu beachten, heißt es im Gesetzentwurf. Damit habe das BAG die Frage des "Ob" der Arbeitszeitaufzeichnung entschieden. Bezüglich des "Wie" bestünden jedoch weiterhin Unsicherheiten. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers, diese Unsicherheiten zu klären.
Erwartet wird, dass die Vertrauensarbeitszeit Diskussionen auslösen wird. Dabei verzichtet der Arbeitgeber darauf, Beginn und Ende der Arbeitszeit festzuhalten, Arbeitnehmer müssen ihre Stunden selbst notieren. Die Vertrauensarbeitszeit soll weiterhin möglich sein, allerdings müsse der Arbeitgeber auch hier sicherstellen, dass Beschäftigte die gesetzliche Höchstdauer und die Ruhezeiten einhalten, berichtet die "Süddeutsche" nun. Durch die Vertrauensarbeitszeit werde die Aufzeichnung der Arbeitszeit "nicht entbehrlich".
- Nachrichtenagentur dpa
- Vorabmeldung der "Süddeutschen Zeitung" vom 18. April 2023