Trotz Gegenstimmen EU-Staaten billigen umstrittenes Urheberrecht
Die heftig umstrittene Reform des EU-Urheberrechts hat die letzte Hürde genommen. Nachdem das Europaparlament das Vorhaben bereits gebilligt hat, haben auch die Staaten im EU-Ministerrat dafür gestimmt – darunter auch Deutschland.
Gegen das Gesetz stimmten Finnland, Schweden, Niederlande, Luxemburg, Italien und Polen. Belgien, Slowenien und Estland enthielten sich. Insgesamt gab es 19 Ja- und 6 Nein-Stimmen, twitterte die Ex-Piratin Julia Reda.
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Jetzt haben die EU-Staaten rund zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Die Länder hatten der Reform im Februar 2019 schon einmal – mit deutschem Ja – zugestimmt.
Hätte Deutschland sich am Montag enthalten oder gegen das Vorhaben gestimmt, wäre keine ausreichende Mehrheit zustande gekommen.
Deutschland: Zustimmung in letzter Minute
Die Bundesregierung hatte sich in letzter Minute auf eine Zustimmung zur EU-Urheberrechtsreform geeinigt, so die Nachrichtenagentur Reuters. Damit galt die Mehrheit unter den EU-Regierungen als sicher. Die Bundesregierung hat eine Protokollerklärung abgegeben, in der unter anderem betont wird, dass bei der nationalen Umsetzung der Richtlinie auf den Einsatz der umstrittenen Uploadfilter verzichtet werden soll.
In der Erklärung verspricht die Bundesregierung laut Julia Reda, "die Definition betroffener Plattformen so auszulegen, dass der Artikel 17 nur für marktmächtige Plattformen wie YouTube oder Facebook gilt, nicht für Diskussionsforen oder Nischenangebote". Angebote wie Wikipedia, Blogs und Foren, Softwareplattformen, Cloud-Dienste, Verkaufsportale und WhatsApp sollen laut der Erklärung nicht dazugehören. Auch für Startups sollen Ausnahmen gelten.
Das deutsche Votum war für die erforderliche Mehrheit maßgeblich. Nachdem es vor allem in Deutschland heftigen Protest gegen Teile der Reform gegeben hatte, betonten Regierungspolitiker in den vergangenen Wochen mehrfach, Uploadfilter sollten bei der Umsetzung vermieden werden. Bis zuletzt arbeiteten mehrere Ministerien an einer Zusatzerklärung, die unter anderem klarstellen soll, dass Berlin die Richtlinie ohne diese Filter umsetzen will.
Uploadfilter: Zensur von Inhalten befürchtet
Kritiker befürchten jedoch, dass Plattformen wie YouTube am Einsatz der Filter künftig nicht vorbeikommen. Artikel 13 (der im endgültigen Gesetz Artikel 17 heißt) verpflichtet die Plattformen, schon beim Hochladen zu prüfen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist nach Ansicht der Kritiker nur mit Filtern möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass auch legale Inhalte aussortiert werden. Dies käme einer Zensur gleich.
Umstritten war auch Artikel 11 (im finalen Text Artikel 15), der ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorsieht. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikelausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen. Hier sehen Kritiker insbesondere für kleine Verlage Nachteile, die gegenüber Google eine schwache Verhandlungsposition hätten. Zudem verweisen sie auf Deutschland, wo es ein Leistungsschutzrecht schon seit 2013 gibt, was aber nicht zu nennenswerten Zahlungen an die Verlage geführt hat.
Erste Reaktionen sind negativ
Die ersten Reaktion auf die Abstimmung fallen kritisch aus. So erklärte der Eco-Vorstandsvorsitzender Oliver J. Süme: "Auch der Europäische Rat hat heute mehrheitlich gegen die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer gestimmt. Um den Partikularinteressen von Rechteverwertern und Verlagen einseitig Rechnung zu tragen, wird ein Paradigmenwechsel des Rechtsrahmens der Informationsfreiheit im Internet in Kauf genommen.“
Der Branchenverband Bitkom kritisierte die Bundesregierung: "In Brüssel eine Richtlinie durchwinken und in der Umsetzung dann einen anderen rein nationalen Weg einschlagen – das kann keine Praxis im digitalen Binnenmarkt sein. Gleichzeitig verprellt die Politik damit eine ganze Generation internetaffiner Menschen, der viele kreative Ausdrucksmöglichkeiten und die freie Kommunikation im Internet genommen werden."
- Nachrichtenagentur dpa, Reuters
- Eigene Recherche