Neues Gesetz geplant Österreich will Anonymität im Netz einschränken
Anonym im Netz unterwegs, diese Zeiten sind in Österreich wohl bald vorbei. Geht es nach dem Gesetzentwurf des Medienminsters, soll jeder Nutzer bei Internetplattformen seinen Namen und seine Adresse angeben müssen. Experten kritisieren den Entwurf.
Nach dem Willen der konservativen Regierung Österreichs müssen Nutzer gegenüber Plattformbetreibern in Zukunft ihren realen Vornamen, Nachnamen und ihre Adresse angeben. Die Folge: Wer zukünftig im Internet einen Beitrag verfasst, wird dies nicht mehr anonym tun können.
Setzt sich der Vorschlag der Regierung aus ÖVP und FPÖ durch, wird das geplante "Gesetz für Sorgfalt und Verantwortung im Netz" die Anonymität im Internet zumindest zum Teil beenden.
Betreiber von großen Internetplattformen müssen danach zwingend die Daten ihrer Nutzer erheben und im Fall einer Ermittlung an die Behörden übergeben. Aber auch Privatleute können dies verlangen, wenn es zum Beispiel einen Verdacht auf Straftaten wie Beleidigung oder üble Nachrede gibt. Betroffen von der Nutzer-Registrierungspflicht sind auch die meisten Medien Österreichs.
Strafen von bis zu einer Million Euro
Halten sich die großen Internet-Plattformen nicht an die Vorgaben, sind hohe Bußgelder vorgesehen. Die vorgesehenen Strafen liegen bei bis zu 500.000 Euro, im Wiederholungsfall sogar bei bis zu einer Million Euro.
Kritiker bemängeln, dass in der realen Welt auch nicht "vorbeugend" ein Ausweis verlangt würde, um gegen Beleidigungen vorgehen zu können.
Viele befürchten auch den Aufbau einer "Zensurinfrastruktur" und sehen Probleme mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach der Europäischen Menschenrechtskonvention. Zudem stellen sie die Frage, was mit ausländischen sozialen Netzwerken passieren soll. Auch Facebook, Twitter und YouTube könnte von der Regelung in Österreich betroffen sein.
Digitales Vermummungsverbot gegen Hass im Netz
Die österreichische Regierung will mit dem geplanten Gesetz gegen Hass im Netz vorgehen. Sie spricht von einem "digitalen Vermummungsverbot". Seit 2002 gibt es ein Verbot, bei Demonstrationen das Gesicht zu verbergen. Seit Anfang 2019 regelt ein Gesetz, dass beim Kauf einer SIM-Karte Kunden sich ausweisen müssen. Ein entsprechendes Gesetz existiert auch in Deutschland.
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Die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf des ÖVP-Medienminsters läuft bis zum 23. Mai 2019. Österreichs Bürger haben bis dahin die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben und ihre Meinung zum Entwurf zu äußern, berichtet die Wiener Zeitung "Der Standard".