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Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Bundesamt bereitet erste Klage gegen soziales Netzwerk vor


Hasskommentare nicht gelöscht
Bundesamt bereitet Klage gegen soziales Netzwerk vor

Von t-online, str

06.04.2019Lesedauer: 3 Min.
Eine Person tippt im Dunkeln auf dem Smartphone: Seit Anfang 2018 müssen soziale Netzwerke konsequent gegen Hasskommentare vorgehen.Vergrößern des Bildes
Eine Person tippt im Dunkeln auf dem Smartphone: Seit Anfang 2018 müssen soziale Netzwerke konsequent gegen Hasskommentare vorgehen. (Quelle: PeopleImages/getty-images-bilder)

Seit Anfang 2018 müssen soziale Netzwerke konsequent gegen Hasskommentare vorgehen, sonst drohen Strafen. So will es ein Gesetz. Doch ein Portal kommt seinen Löschpflichten nicht nach, moniert das zuständige Bundesamt und bereitet eine Klage vor.

Im Kampf gegen Hass und Hetze im Internet könnte es erstmals zu einem Verfahren gegen ein großes soziales Netzwerk kommen, weil es die Vorgaben des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) nicht erfüllt. Das berichtet der WDR. Demnach bereite das zuständige Bundesamt für Justiz in Bonn derzeit eine entsprechende Klage vor. Der Vorwurf: Das Portal soll in mehr als 100 Fällen Hasskommentare und "Fake News" nicht entfernt haben, obwohl es Nutzerbeschwerden gab. Um welche Plattform es sich handelt, wurde nicht bekannt.

Laut dem NetzDG, das seit dem Januar 2018 umgesetzt werden muss, haben die Anbieter 24 Stunden Zeit, um strafrechtlich relevante Beiträge für deutsche Nutzer zu entfernen, zum Beispiel im Fall von Volksverhetzung. In schwierigen Fällen kann die Entscheidungsfrist auf eine Woche verlängert werden. Dazu müssen die Plattformen ihren Nutzern ein funktionierendes Meldeverfahren bereitstellen.

Gegen diese Vorgaben habe das fragliche Portal eindeutig verstoßen, sagte der Präsident des Bundesamts für Justiz Heinz-Josef Friehe dem WDR. Bei Verstößen gegen das NetzDG drohen Strafen in Millionenhöhe. Ob es in dem konkreten Fall zu einem Bußgeld kommt, ist allerdings noch unklar. Friehe rechnet jedenfalls fest mit einer juristischen Auseinandersetzung und spricht von "mächtigen Gegnern". Es sei zu befürchten, dass das Unternehmen versuchen werde, das Bußgeldverfahren zu verzögern.

Kritiker sahen die Meinungsfreiheit in Gefahr

Die Bonner Behörde ist die erste Anlaufstelle für Nutzer, die sich durch den Umgang einer Plattform mit Hasskommentaren benachteiligt sehen. Die Beschwerdestelle war unter anderem aus Angst vor einem sogenannten "Overblocking" eingerichtet worden. Kritiker des NetzDG sahen die Meinungsfreiheit in Gefahr, wenn privatwirtschaftliche Unternehmen eigenmächtig entscheiden sollen, was auf ihren Seiten gesagt werden darf und was nicht. Aus Angst vor Sanktionen könnten sie mehr löschen, als notwendig wäre. Nutzer, deren Kommentare zu Unrecht blockiert wurden, sollten eine Einspruchsmöglichkeit erhalten, ebenso wie Nutzer, deren Beschwerden unberücksichtigt blieben.

Den bisher vorliegenden Zahlen nach zu urteilen, haben sich die Sorgen der Kritiker allerdings als weitgehend unbegründet erwiesen. Seit Januar 2018 wurden nur rund 1.000 Beschwerden gezählt. Im Februar scheiterte eine Klage der beiden FDP-Politiker Manuel Höferlin und Jimmy Schulz gegen das Gesetz vor dem Verwaltungsgericht in Köln aus verfahrenstechnischen Gründen.

Auch laut den regelmäßigen Rechenschaftsberichten von Facebook, Twitter und YouTube werden deutlich weniger Beiträge aufgrund des NetzDGs entfernt als erwartet. Deutlich mehr Beiträge werden aufgrund der internen Community-Standards gelöscht, die strenger sind als die deutschen Gesetze bezüglich der Grenzen von Meinungs- und Redefreiheit. Doch auch die versteckten und teilweise recht aufwändigen Meldeverfahren könnten bei der Zahl der NetzDG-Beschwerden eine Rolle spielen.

Der Chef des Justizamts Friehe kritisiert außerdem, dass nur Portale mit mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern regelmäßige Berichte über die Zahl der gelöschten Inhalte vorlegen müssen. Er rechne mit einer Anpassung des Gesetzes.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zielt auf Plattformen im Internet ab, die "dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen (soziale Netzwerke)". Ausgenommen sind Plattformen mit redaktionellen Angeboten, die zusätzlich auch einen Kommentarbereich anbieten. Nicht-öffentliche Chat-Anwendungen wie WhatsApp oder Discord fallen ebenfalls nicht unter die Regelung.

Verwendete Quellen
  • WDR.de: "Justizamt klagt gegen soziales Netzwerk"
  • Eigene Recherche
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