Kritik an Online-Bank N26 80.000 Euro geklaut: Kundenservice reagiert erst Wochen später
Das Start-up N26 will das Online-Banking revolutionieren. Doch im Umgang mit Sicherheitsproblemen gibt es offenbar Nachholbedarf. Bestohlene Kunden fühlen sich alleingelassen.
Bei der Bank N26 werden alle Geschäfte online erledigt. Filialen gibt es nicht. Das macht vieles einfacher, birgt aber auch Risiken. Nun mehren sich Beschwerden über mangelhaften Kundenservice des Start-ups, berichtet das Magazin "Gründerszene". In einem Fall soll einem Kunden 80.000 Euro gestohlen worden sein. Das erfuhr der Betroffene aber viel zu spät von der Bank. Sämtliche Hilfegesuche wurden zuvor ignoriert.
Alles begann damit, dass sich Axel Seitz nicht mehr in sein Konto einloggen konnte. Wochenlang soll er versucht haben, den Kundenservice wegen des Problems auf verschiedenen Wegen zu erreichen. Doch die Telefon-Hotline hatte N26 kurz zuvor eingestellt. Auch über den empfohlenen Kunden-Chat und per E-Mail erhielt Seitz tagelang keine Antwort. Offenbar ist der Kunden-Support nur spärlich besetzt und mit den vielen Kundenanfragen überfordert.
Konto fast vollständig geräumt
Mehr als zwei Wochen später erfuhr Seitz im Kunden-Chat, dass er bestohlen wurde. Betrüger hatten sein Konto gehackt und fast vollständig ausgeräumt. Unklar ist, ob der Schaden hätte vermieden werden können, wenn die Bank früher reagiert hätte. Ein generelles Sicherheitsproblem in seinem Online-Banking-System scheint das Start-up jedoch auszuschließen. Möglicherweise war Seitz auf einen Phishing-Betrug hereingefallen oder seine Geräte waren mit einer Schadsoftware infiziert, die den Kriminellen den Zugriff auf das Konto ermöglichten.
Seitz solle sich jedoch "keine Sorgen" machen, wird ein Kundenservice-Mitarbeiter zitiert. Und: "Wir tun unser Bestes, dich zu unterstützen auch bei der Klärung dieses Falls." Seitz wird außerdem aufgefordert, sich sofort bei der Polizei zu melden und Anzeige zu erstatten.
Mehr solcher Fälle bekannt
In einem ähnlichen Fall soll einem Ehepaar 4.000 Euro gestohlen worden sein. Auch hier reagierte der "N26"-Support nicht rechtzeitig auf Beschwerden der Betroffenen, die ebenfalls aus ihrem Konto ausgesperrt worden waren.
Das Start-up selbst wollte sich aus "datenschutzrechtlichen Gründen" nicht zu den Fällen äußern. Das Unternehmen beteuerte jedoch, dass der Kunden-Support in den vergangenen sechs Monaten ausgebaut worden sei. Mehr als 400 Leute seien dort beschäftigt. "Wir können daher sehr gute Erreichbarkeit sicherstellen", sagte eine Sprecherin dem Magazin. Demnächst soll der Chat 24 Stunden erreichbar sein.
Sowohl Seitz als auch das beklaute Ehepaar sollen von der Bank entschädigt werden und das gestohlene Geld zurückerhalten.
"N26" wuchs zu schnell
Laut "Gründerszene" stehen die Fälle exemplarisch für "ein wachsendes Problem bei N26". Das Start-up sei zu schnell gewachsen und habe es versäumt, seinen Kundenservice in der gleichen Geschwindigkeit auszubauen. Auf Plattformen wie "Trustpilot", berichten "N26"-Kunden von ihren negativen Erfahrungen mit dem Kundenservice. Laut "Gründerszene" beschäftige sich die Verbraucherzentrale Sachsen bereits mit den Problemen. Insbesondere der fehlende Telefon-Support wird kritisiert.
"N26" gilt als Star der deutschen Start-up-Szene. Mittlerweile wird das Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet. Erst kürzlich prahlte Gründer Valentin Stalf in einem Interview, dass "N26" pro Tag rund 10.000 Neukunden gewinne.
Betrüger haben Bankkunden im Visier
Dieses Wachstum macht "N26"-Kunden aber auch zum attraktiven Ziel für Kriminelle. Der "Gründerszene"-Bericht wirft die Frage auf, ob die Bank ihre Kunden ausreichend vor Betrugsversuchen schützt, wie zum Beispiel Phishing. Immer wieder verschicken Betrüger E-Mails im Namen von bekannten Finanzinstituten und versuchen, die Kunden auf manipulierte Webseiten zu lotsen, wo Nutzer ihre Zugangsdaten eingeben und so den Kriminellen aushändigen.
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Viele Finanzinstitute melden aktuelle Phishing-Versuche und klären ihre Kunden über Gefahren auf. Möglicherweise besteht bei "N26" hier Nachholbedarf. Das Unternehmen weist den Vorwurf zurück, sich zu wenig um Sicherheitsbelange zu kümmern. Die Bearbeitung der "wenigen Betrugsfälle" könne jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen, da sie "oft relativ kompliziert" seien.