Amazon-Chef Ralf Kleber "Wir brauchen Robotik, um die steigende Nachfrage zu erfüllen"
Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Er ist der Herr der hellbraunen Pakete in Deutschland. Ralf Kleber ist seit 19 Jahren bei Amazon, seit 2015 als Country Manager für Deutschland. t-online.de beantwortete er Fragen über die Zukunft des Einzelhandels, Pop-up-Stores und den Einsatz von Robotern.
Herr Kleber, Shopping-Tage wie "Black Friday" und "Cyber Monday" haben sich in Deutschland offenbar durchgesetzt. Wie fällt ihr Fazit für 2018 aus?
Sehr gut! Ich freue mich über die positive Resonanz und dass wir Kunden beim Start in die Weihnachtszeit mit Zehntausenden Angeboten unterstützen konnten. Aktionen wie der "Cyber Monday" sind mittlerweile feste Termine im Kalender vieler Kunden, um die ersten Weihnachtsgeschenke zu attraktiven Preise einzukaufen, oder um sich selbst etwas Gutes zu tun. Unsere Teams haben viele Wochen daran gearbeitet, mit zahlreichen Partnern die besten Angebote rund ums Fest zusammenzustellen, von bekannten Marken bis hin zu kleinen lokalen Herstellern. Und auch in den Logistikzentren sind wir sehr gut vorbereitet, damit alle Abläufe reibungslos funktionieren und die Pakete pünktlich zum Kunden kommen.
Ralf Kleber startete im August 1999 als Finance Controller bei Amazon. Im Mai 2000 wurde er zum Director of Finance and Administration ernannt. Von Februar 2002 bis April 2015 war Kleber Geschäftsführer der Amazon.de GmbH und ist seit Mai 2015 Country Manager bei Amazon EU SARL Niederlassung Deutschland. Kleber ist dafür verantwortlich, auf der deutschsprachigen Website sicherzustellen, dass Kunden bei Amazon alles finden, was sie online kaufen wollen.
Amazon wird oft als "Totengräber des Einzelhandels" bezeichnet. Was ist dran an der Kritik?
Wir sehen uns als Partner für diejenigen, die die Möglichkeiten des Internets nutzen wollen. "Hermko" etwa, ein Familienunternehmen für Bekleidung aus dem baden-württembergischen Rietheim-Weilheim, konnte durch den Vertrieb auf Amazon seinen Umsatz seit 2011 versechsfachen! Zudem werden in Deutschland rund 90 Prozent aller Waren nach wie vor im stationären Handel gekauft. Der Anteil des Onlinehandels steigt zwar, liegt aber erst bei rund 10 Prozent. Sehen Sie, Kunden wünschen sich eine große Auswahl, wollen den Einkauf so bequem wie möglich erledigen und legen Wert auf maximale Flexibilität. Genau diesen veränderten Bedürfnissen trägt der Onlinehandel Rechnung. Letztlich entscheidet der Kunde, wie und wo er kauft. Und vielleicht möchte er sein Rennrad im vertrauten Geschäft um die Ecke kaufen, den Fitnesstracker aber online.
Wenn Sie heute einen Offlineladen aufmachen müssten, wie wäre Ihre Strategie?
Ich würde André Maeder, den Geschäftsführer der KaDeWe Group, fragen. Er ist der Profi für stationäre Kundenerlebnisse. In Deutschland konzentriert sich Amazon voll darauf, Kunden online einen Mehrwert zu bieten. Wobei nicht ganz: Als Teil unseres Weihnachtsangebots haben wir fünf Tage lang einen Weihnachts-Pop-up-Store in Berlin eröffnet und konnten dort mehrere Tausend Besucher begrüßen. Mit dem Store haben wir Kunden eine ganz neue Möglichkeit gegeben, sich auf die Weihnachtszeit einzustimmen und viele Geschenkideen zu erleben, anzufassen und zu testen. Außerdem gab es besondere Erlebnisse wie Wohnzimmerkonzerte, Lesungen oder Back-Workshops. Solche Aktionen sind online naturgemäß schwierig umzusetzen.
Ist es denn sinnvoll, solche Pop-up-Stores zu eröffnen, in denen man nichts sofort kaufen, sondern nur online bestellen kann?
Warum nicht? Es geht ja um das Erlebnis, und das war: Weihnachtsmodus an – Geschenkideen aufsaugen, Konzerte erleben, Plätzchen backen und ein weihnachtliches und familiäres Miteinander. Wer sich für ein Produkt interessiert hat, konnte es direkt online bestellen und nach Hause liefern lassen. Ich finde das sogar äußerst praktisch. Und die Rückmeldung der Kunden war wirklich positiv. Wir hinterfragen gerne Altbewährtes und gehen neue Wege – am Ende profitiert der Kunde doch von der Vielfalt.
Kaufen Sie eigentlich manchmal heimlich ein, um den Service zu testen?
Natürlich kaufe ich ein, ständig sogar. Aber heimlich muss ich das nicht tun – weder stationär noch online. Ich bin da wie jeder andere Kunde, auch auf amazon.de. Nur wer selbst Kunde ist, kann die Kundenbedürfnisse wirklich verstehen. Ich schaue mir jeden Morgen schon beim Frühstück die Amazon-Seite an, prüfe Funktionalitäten, Angebote und Services.
Wie zufrieden sind sie mit der Deutsche Post/DHL? Schulnote 1 bis 6?
Wir arbeiten mit allen unseren Partnern außerordentlich gut zusammen. Gleichzeitig wollen wir uns immer weiter verbessern und natürlich auch die Zusammenarbeit. In Schulnoten kann man das nicht ausdrücken. Das ist ein Prozess, mit dem wir sehr zufrieden sind.
Wie bauen Sie ihren eigenen Lieferservice in Deutschland aus?
Amazon Logistics wurde gegründet, um Kunden noch zuverlässiger und schneller zu beliefern. Dabei arbeiten wir mit Amazon Logistics wie mit einem herkömmlichen Paketdienst zusammen und ergänzen die Kapazitäten von bestehenden Partnern. Insbesondere aufgrund der stetig steigenden Nachfrage nach Amazon Prime benötigen wir mehr Kapazitäten und Flexibilität für die schnelle Lieferung am selben oder am nächsten Tag.
Die Arbeitsbedingungen in den Amazon-Auslieferungszentren gelten als hart, besonders in den USA. Ersetzten Sie die Menschen bald durch Roboter?
Zunächst einmal: Die Arbeitsbedingungen sind gut. Durch Roboter können sie aber noch besser werden, weil zum Beispiel durch Transportroboter Laufwege reduziert werden. Wer sich einmal selbst ein Bild von der Arbeit der Kollegen machen möchte, kann gerne an den Touren durch einige unserer Logistikzentren teilnehmen. Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Wir schaffen weiterhin Tausende neuer Jobs. Und das nicht trotz, sondern wegen der Roboter. Sie sorgen dafür, dass wir weniger Fläche benötigen, um Artikel zu lagern. So können wir Logistikzentren in Regionen eröffnen, in denen wir sonst keine Flächen finden würden. Seitdem Amazon 2012 mit der Einführung der Robotik begonnen hat, wurden weltweit etwa 300.000 Arbeitsplätze geschaffen. Wir wachsen weiter und brauchen die Robotik, um die steigende Kundennachfrage zu erfüllen.
Letzte Frage: Sind Sie eigentlich mit Claus Kleber verwandt?
Nein. Aber ich würde ihn gerne mal auf einen Kaffee treffen!
Hinweis der Redaktion: t-online.de kooperiert mit Amazon im Rahmen von Shopping-Angeboten. Amazon hat aber keinen Einfluss auf die journalistische Berichterstattung.