Ungeimpfter Student erhält recht Gericht kippt 2G-Regel an Hochschulen in Baden-Württemberg
Im Einzelhandel in Niedersachsen wurde die Corona-Maßnahme bereits vorläufig ausgesetzt. Nun gibt ein Verwaltungsgericht im Südwesten einem ungeimpften Pharmazie-Studenten recht.
Erneut urteilt ein Gericht in einem Bundesland gegen die 2G-Regel: Bis auf weiteres dürfen ungeimpfte Studenten mit negativem Corona-Test wieder an Präsenzveranstaltungen in Hochschulen in Baden-Württemberg teilnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim setzte nach Angaben vom Freitag die 2G-Regelung vorläufig außer Vollzug, die nur Geimpften und Genesenen Zugang erlaubt. Er gab damit einem Pharmazie-Studenten Recht.
Mit der sogenannten Alarmstufe II wurde Ende November an den Hochschulen und Universitäten im Südwesten die 2G-Regel eingeführt. Ausnahmen gelten für Praxisveranstaltungen wie Laborpraktika, Prüfungen und den Besuch von Bibliotheken. Die Hochschulen sind per Verordnung dazu verpflichtet, die Nachweise zu kontrollieren.
Gericht sieht Freiheit der Ausbildung gefährdet
Das widerspricht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs dem Grundrecht, die Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die im Rahmen der Ausbildung notwendigen Tätigkeiten seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundrechtlich geschützt. In dieses Recht greife die Corona-Verordnung "in schwerwiegender Weise ein".
Durch diese Beschränkung könne der erfolgreiche Abschluss eines Semesters gefährdet werden, argumentierten die Mannheimer Richter laut Mitteilung. Das könnte zu einer Verlängerung des Studiums führen oder gar den Studienerfolg insgesamt gefährden.
Ungeimpfter Pharmaziestudent hatte geklagt
Der Beschluss vom 15. Dezember ist den Angaben nach unanfechtbar. Einem Sprecher des Gerichtshofs zufolge gilt er ab sofort und für alle Hochschulen im Bundesland. Das Ministerium könnte nun beispielsweise seine Regeln ändern. Aus dem Haus von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) gab es zunächst keine Reaktion.
Der Pharmazie-Student, der den Eilantrag eingereicht hatte, ist den Angaben nach nicht geimpft und braucht zur erfolgreichen Durchführung seines Studiums Zugang zu Räumlichkeiten und der Infrastruktur der Uni. Er müsse an bestimmten Präsenzveranstaltungen teilnehmen, um seine Studienzeit nicht zu überschreiten und exmatrikuliert zu werden.
Vorläufig kein 2G im Einzelhandel in Niedersachsen
Zuvor hatte das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg die 2G-Regel für den Einzelhandel in Niedersachsen vorläufig außer Vollzug gesetzt. Das Gericht argumentierte, dass die Regel derzeit keine notwendige Schutzmaßnahme sei. Zudem sei sie voraussichtlich nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren, weil verschiedene Geschäfte ausgenommen würden.
Auch nach dem Gerichtsurteil in Niedersachsen hält die Bundesregierung an ihrer bisherigen Position fest. "Wir halten 2G im Einzelhandel weiterhin für sinnvoll", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Die Ampelkoalition sei zudem überzeugt, "dass das Infektionsschutzgesetz in dieser Angelegenheit klar ist und einen guten Rahmen bildet".
Lauterbach: 2G sinnvoll
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zeigte am Freitag Unverständnis über die Lüneburger Entscheidung. Am gleichen Tag, an dem das Oberverwaltungsgericht in Schleswig-Holstein eine Klage gegen die 2G-Regel verworfen habe, habe das OVG Lüneburg die Regel aufgehoben.
"Niedersachsen ist jetzt das einzige Bundesland, wo 2G nicht gelten soll. Das muss man konstatieren", sagte Weil. Seine Landesregierung werde sich intensiv mit den Folgen des Urteils befassen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte nach dem gemeinsamen Termin mit Weil in Hannover, die 2G-Regel sei sinnvoll. So sei 2G im Einzelhandel auch "sehr viel wirksamer als eine Maskenpflicht".
Urteil bald auch in Thüringen
Auch das Thüringer Oberverwaltungsgericht in Weimar beschäftigt sich derzeit mit der 2G-Regelung im Einzelhandel. Es liege ein Eilverfahren einer Kaufhauskette vor, sagte eine Sprecherin am Freitag auf Anfrage. Derzeit gäben die beteiligten Seiten noch Stellungnahmen ab.
Ob mit einer Entscheidung noch vor Weihnachten zu rechnen ist, konnte sie nicht sagen. Der Antrag werde mit der gebotenen Eile bearbeitet. Zuvor hatte der "MDR" über das Verfahren berichtet.
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP