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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Attacke bei Anti-Flüchtlings-Mission Deutsche Rechtsextreme auf Lesbos verprügelt
Sie wollen sich als "Grenzschützer" und Helfer der Einheimischen präsentieren: Eine Gruppe von Rechtsextremen aus Deutschland und Österreich ist nach der Ankunft auf Lesbos verprügelt worden.
Mehrere Mitglieder der Identitären Bewegung und aus ihrem Umfeld sind am Freitag in der Haupteinkaufsstraße der Hafenstadt Mytilini in Lesbos attackiert worden. Ein Augenzeuge berichtete t-online.de, Antifaschisten hätten die aus Deutschland und Österreich angereisten Männer attackiert. Ein Foto zeigt einen blutenden Rechtsextremen mit Kopfverband, daneben den an der Lippe verletzten Identitären-Kader Mario M. aus Halle.
Seit Tagen präsentieren sich Identitäre und Rechtsextreme aus anderen Gruppen als vermeintliche Unterstützer beim "Grenzschutz" in Griechenland und versuchen den Eindruck zu erwecken, der einheimischen Bevölkerung damit helfen zu wollen. Die Thüringer Landtagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Katharina König-Preuss hatte schon am Mittwoch gefordert, die Ausreise von Neonazis nach Griechenland zu verhindern. Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt, der seit 25. Februar auf Lesbos ist, schrieb am Freitag auf Twitter, es seien "wohl 40 internationale Nazis angekommen, darunter vorbestrafte Gewalttäter." Bei den letzten Übergriffen habe der Polizeinotruf nicht geholfen. "Es drohen folgenlose Hetzjagden."
Gruppe gab sich als Journalisten aus
Die Gruppe in Mytilini erklärte dem Portal "Stonisi.gr" zufolge, sie seien Journalisten und wollten "die griechische Seite" zeigen. Tatsächlich ist der früher bei den Autonomen Nationalisten aktive Mario M. auch für ein rechtes Querfront-Magazin als Autor tätig. M. war Gründer und Kopf der Gruppe "Kontrakultur Halle", eine der wenigen zeitweise erfolgreichen Gruppen der Identitären Bewegung in Deutschland. Auf Fotos ist auch ein österreichisches Mitglied der Identitären zu sehen und ein Mann, bei dem es sich offenbar um einen NPD-Politiker aus Baden-Württemberg handelt.
"Es waren vier Männer von den Identitären", schilderte Twitterer @Barbamou (voller Name ist der Redaktion bekannt), der kurz nach dem Vorfall ein Foto mit dem Text machte und mit anderen Augenzeugen sprach. "Antifa-Leute sind ihnen nachgelaufen, haben sie geschlagen und sind weg." Dabei habe es Rufe gegeben, Nazis seien nicht willkommen.
Aus der Gruppe der Identitären sei zuvor noch gerufen worden, sie gehörten zu keiner NGO. Möglicherweise gingen sie davon aus, sie würden ansonsten aus diesem Grund angegriffen. In den vergangenen Tagen hatte es einige Übergriffe auf Flüchtlingshelfer und Journalisten gegeben.
Unter der lokalen Bevölkerung gibt es erheblichen Unmut über die Zustände und darüber, mit den ankommenden Flüchtlingen weitgehend im Stich gelassen zu werden. Auf der Insel mit knapp 90.000 Einwohnern leben unter unwürdigen Umständen mehr als 20.000 Geflüchtete. Der Tourismus auf der Insel ist zusammengebrochen. "Ich denke aber nicht, dass die Menschen, die hier leben, Nazis beistehen würden", so K., der nach seinen Worten vor einigen Jahren aus Berlin nach Lesbos gezogen ist.
Bei dem am Kopf verletzten Mann handelt es sich offenbar um einen NPD-Politiker. Der Mann, der als Spitzenkandidat der NPD bei der Kommunalwahl in Mannheim angetreten war, hatte am Donnerstag ein Foto von sich mit dem Text "Auf dem Weg nach Lesbos" bei Telegram gepostet. Eine Antwort der örtlichen NPD dazu steht noch aus.
Dem Portal "Stonisi.gr" zufolge wurde aus der Gruppe der Neonazis nach dem Überfall auf sie gerufen, man werde tun, was in Kalavryta geschehen sei. Am 13. Dezember 1943 hatten Wehrmachtssoldaten in dem griechischen Dorf Hunderte Zivilisten ermordet.
- Eigene Recherchen
- Stonisi.gr: Die deutschen Neonazis sind angekommen
- Linke Thüringen: Menschen auf der Flucht schützen, Neonazis an Grenzen abweisen!
- bpb.de: Vor 75 Jahren: Das Massaker von Kalavrita