Harald Schmidt und die Neue Rechte Verstehen Sie keinen Spaß?
Harald Schmidt ist zuletzt immer wieder mit umstrittenen Äußerungen aufgefallen. Lässt sich daraus eine politische Haltung des Entertainers ableiten?
Provokation war schon immer das Markenzeichen von Harald Schmidt. Mit derben Sprüchen und grenzwertigen Späßen ist Schmidt in den Neunzigerjahren für viele Deutsche zur TV-Legende "Dirty Harry" geworden. In den vergangenen Jahren ist es ruhiger geworden um den Schauspieler und Entertainer. Doch ein Auftritt in der Schweiz geht jetzt selbst vielen Fans zu weit, die seine Äußerungen sonst gerne als gelungene Satire betrachten.
Beim Sommerfest des rechtskonservativen Schweizer Magazins "Die Weltwoche" am Mittwochabend posierte der 66-Jährige für ein Foto mit Hans-Georg Maaßen und Matthias Matussek – zwei der bekanntesten Stimmen der sogenannten Neuen Rechten in Deutschland. Ebenfalls auf der Feier waren AfD-Chefin Alice Weidel und Nicolas A. Rimoldi von der rechtspopulistischen Gruppe "Maß voll", die in den Schweizer Nationalrat strebt. "Die Weltwoche" gehört wiederum dem Verleger Roger Köppel, der auch für die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei im Parlament sitzt.
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
"Es imponiert mir in gewisser Weise"
Schmidt selbst hat sich bislang nicht dazu geäußert, ob die Teilnahme an der Veranstaltung als Ausdruck seiner politischen Vorlieben zu verstehen ist. Doch der Verdacht steht im Raum – auch vor dem Hintergrund früherer Äußerungen Schmidts.
So hat sich der 66-Jährige in den vergangenen Jahren immer wieder zu kontroversen Themen geäußert, ohne sich dabei aber allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. So fand Schmidt im Mai beinahe anerkennende Wort für Altkanzler Gerhard Schröder, der sich mit seiner unverbrüchlichen Treue zu Kremlchef Putin ins politische und gesellschaftliche Abseits begeben hat. "Da er das so konsequent macht, frage ich mich, vielleicht ist da etwas, von dem wir alle nichts ahnen", so Schmidt in einem Interview über Schröder. "Ich denke mir, er weiß, was er macht. Es imponiert mir in gewisser Weise."
"Nimm doch meine Dosis!"
Auch auf dem Höhepunkt der Gasknappheit vorigen Sommer schaltete Schmidt sich ein. Nach dem russischen Überfall im Februar waren die Gaspreise in die Höhe geschnellt, für den Winter drohte eine Knappheit: "Es wird behauptet, dass man sich fürchtet", sagte Schmidt damals in einem Interview und behauptete, Medien und Politik würden das Thema künstlich hochkochen. Die meisten Leute hätten eher die Haltung: "Na ja, wir warten mal ab. Ich drehe halt ein bisschen das Gas runter. Verglichen mit anderen Ländern geht's uns ja noch prima", so Schmidt.
Für Stirnrunzeln sorgte Schmidt auch Anfang 2022, als die Welt noch mitten in der Corona-Pandemie steckte. "Ich bin absolut kein Impfgegner. Ich bin nur keiner, der morgens schon vor der Tür liegt, wenn der Arzt um 8 Uhr öffnet, damit er um fünf vor acht geimpft werden kann. Wer es dringend braucht, für den lasse ich gern den Altruisten raushängen: 'Nimm doch meine Dosis!'", frotzelte Schmidt damals. In einem anderen Interview legte Schmidt noch einmal nach.
"Sonst gibt's was auf den Aluhut"
"Dass ich nicht geimpft sei, das behaupten Sie einfach so, und ich lasse das mal so stehen", so Schmidt zur "Neuen Zürcher Zeitung". "Mittlerweile habe ich mir eine Olaf-Scholz-Formulierung überlegt: 'Ich bin auf einem guten und vernünftigen Weg, 2G zu erfüllen.' Mehr möchte ich dazu nicht sagen, sonst gibt's schnell was auf den Aluhut", so Schmidt und ließ damit offen, ob er schon geimpft sei – damals eine emotional sehr aufgeladene Frage.
Zuletzt wurde Schmidts provokante Art noch einmal unfreiwillig zum Thema. So zeigt der WDR seit Kurzem im Nachtprogramm wieder die Sendung "Schmidteinander", mit der Harald Schmidt Anfang der Neunzigerjahre groß herauskam. Die Sendung gestaltete er zusammen mit dem Komiker Herbert Feuerstein, der 2020 im Alter von 83 Jahren starb.
WDR warnt vor "Schmidteinander"
Der WDR sah sich nun aber genötigt, die alten "Schmidteinander"-Folgen mit einem Warnhinweis zu versehen: "Das folgende Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt", informiert der Sender vorab die Zuschauer. "Es enthält Passagen, die heute als diskriminierend betrachtet werden", so der Warnhinweis. "Weltklasse! Ein echter 'Schmidteinander'-Gag", kommentierte Schmidt den Warnhinweis des WDR bei "Bild". "Nur schade, dass der selige Feuerstein das nicht mehr erlebt hat."
Eine eindeutige politische Haltung lässt sich aus den Äußerungen Schmidts nicht ableiten. Und wer die Maßstäbe des WDR für politische Korrektheit nicht teilt, ist noch lange kein Reaktionär. Auffallend ist aber, dass sich nun vor allem Stimmen vom rechten Rand zu Schmidts Ehrenrettung aufgerufen fühlen. "Harald Schmidt wurde heute dafür kritisiert, dass er sich gestern in Zürich mit mir zusammen fotografieren ließ", schreibt auf Twitter der Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen.
"Aus Sicht der deutschen Haltungsjournalisten bin ich eine politische Unperson, mit der man sich als anständiger Deutscher auch im Ausland nicht fotografieren lassen darf, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen", so Maaßen weiter. Auch die AfD-Gründerin Frauke Petry nahm Schmidt indirekt in Schutz. Auf Twitter teilte sie eine Fotocollage, die neben dem Bild mit Schmidt, Maaßen und Matussek auch ein Foto von Schmidt mit der Grünen-Chefin Ricarda Lange zeigt. Das Foto mit Lange soll demnach wohl belegen, dass Schmidts Auftritt in der Schweiz nicht als politisches Statement zu verstehen ist.
- twitter.com: Tweet von @HGMaassen vom 24. August
- twitter.com: Repost von @FraukePetry vom 24. August